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Nachhaltigkeit in der Werbebranche

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Auch in der Werbebranche findet ein Umdenken statt. Neue Werbelösungen und kreative Ansätze vermindern die Umweltbelastung von Kommunikationsmitteln. Martin Zeiter von der Agentur Teil.ch hat in Kooperation mit dem Öko-Kompass eine Initiative ins Leben gerufen, um umweltschädliche Blachenabfälle in der Werbung zu mindern.

13. Mai 2024

Martin Zeiter, Teil.ch

Interview mit Martin Zeiter, Creative Director und Partner bei Teil.ch

Mit seinem Bruder gründete Martin Zeiter 2005 die Zürcher Kommunikationsagentur Teil.ch, die sich beim Idaplatz im pulsierenden Kreis 3 befindet. Zur Kundschaft zählen unter anderem die Migros, Swiss-Ski, das Sportamt der Stadt Zürich oder mediX. Martin Zeiter erzählt im Interview, wie Nachhaltigkeit in der Werbebranche funktioniert.

Herr Zeiter, wie sieht es in der Werbebranche generell bezüglich Nachhaltigkeit aus?

Das Gute ist, dass ein Umdenken stattgefunden hat und auch grössere Unternehmen auf das Thema sensibilisiert sind. Das spüren wir als Agentur, da die Nachfrage an umweltfreundlicheren Werbeprodukten steigt. Beispielsweise produziert die Migros nur noch Papiertragtaschen aus Recyclingpapier. Auch stellen wir bei unserer Kundschaft eine erhöhte Sensibilisierung fest, unter anderem in Gesprächen darüber, ob Druckprodukte aus umwelttechnischer Sicht reduziert und durch digitale Massnahmen ersetzt werden sollten.

Ist die Zukunft der Werbung digital?

Auch digitale Werbung hinterlässt ökologische Fussabdrücke und ist nicht automatisch umweltfreundlicher. Es gibt deutliche Unterschiede, die zu berücksichtigen sind: Welche Technologie wird verwendet? Handelt es sich um rechenintensive Produktionen wie Videoanzeigen, die mehr Ressourcen benötigen, oder um eine stromsparendere Anzeige, ein sogenannter «Dark Mode»? Je nachdem können auch kleinere Auflagen von nachhaltig produzierten Printprodukten besser abschneiden. Das Bewusstsein und die Diskussion darüber sind entscheidend.

Welche nachhaltigen Entwicklungen finden zurzeit in der Werbebranche statt?

FSC-Papiere liegen im Trend und auch das Umweltzeichen «Blauer Engel» wird vermehrt thematisiert. Der Wunsch nach solchen Recyclingmaterialien veränderte auch den Herstellungsprozess. Früher waren Recyclingpapiere nicht reissfest genug, um daraus Tragtaschen herzustellen. Daher mussten auch die Papierproduzenten umdenken und ihre Produkte weiterentwickeln, damit sie die neuen Anforderungen erfüllen.

Nun haben Sie in Zusammenarbeit mit dem Öko-Kompass eine intelligente Massnahme entwickelt, um Werbeblachen zu recyceln. Wie kam es dazu?

Als Werbeagentur produzieren wir auch PVC-Werbeblachen. Immer wieder überlegten wir uns, ob es nötig ist, ein Plastikprodukt herzustellen, das meist nur wenige Tage oder Wochen aufgehängt wird. Als wir von der Öko-Kompass Beraterin Nadia Lavanga eine Erstberatung erhielten, sprachen wir das Problem an, das sie sofort aufnahm und für uns weiterrecherchierte. So kamen wir zur Idee, einen Kreislauf zu entwickeln, um die Blachen wiederzuverwerten.

Wie funktioniert der Kreislauf?

Sobald die Kommunikationskampagne beendet ist, hängt die Aushangfirma Correct Connect die Blachen wieder ab und liefert sie Kleika – eine Organisation, welche erwerbslose Menschen bei der Reintegration in den Arbeitsmarkt unterstützt. Kleika hat Erfahrung in der Bearbeitung von Blachen und erklärte sich bereit, uns die Blachen abzunehmen. Daraus nähen die Mitarbeitenden Taschen, Rucksäcke und Portemonnaies und verkaufen diese anschliessend in ihrem Shop. Als Gegenleistung erhält Correct Connect ein paar Taschen, die an die Kundschaft verschenkt werden können.

Was bringt diese Massnahme?

Wir konnten mit der Massnahme nicht nur Ressourcen schonen, sondern ein sozial nachhaltiges Projekt unterstützen, das arbeitsintegrativ ist. Das Projekt läuft seit einem Jahr und Kleika und Correct Connect sind sehr zufrieden. Auch die Feedbacks der Kundschaft sind durchgängig positiv.

Ist der Kreislauf ausbaufähig?

Auch andere Organisationen können sich am Kreislauf beteiligen, um ihre Werbeblachen wiederzuverwerten. Sie könnten beispielsweise Taschen für ihre Mitarbeitenden herstellen lassen. Diese Überlegung gefällt mir sehr und inspiriert hoffentlich auch andere Unternehmen. Bei einer Ausweitung des Kreislaufs müssten allerdings weitere Betriebe Kleika bei der Verarbeitung unterstützen, damit das Atelier nicht an seine Grenzen stösst.

Welche weiteren Massnahmen setzen Sie dank der Öko-Kompass Beratung um?

Ausser dem Blachen-Upcycling setzen wir kleinere Massnahmen im Büro um. Wenn über Mittag niemand im Büro ist, löschen wir das Licht und stellen nach getaner Arbeit den Drucker und Computer aus. Wir ersetzten auch Leuchtstoffröhren durch LED-Lampen, die stromsparender sind. Die Beratung hat unser Bewusstsein auch für solche Massnahmen geschärft, die wir nun täglich umsetzen.

Welche Tipps können Sie KMU geben, die ihre Werbung nachhaltig ausrichten möchten?

Die erste Frage, die sich KMU stellen sollten, ist, welche physischen Kommunikationsmittel es effektiv braucht, oder ob eine digitale Lösung zielführend wäre. Der zweite Punkt ist die Material- und die Druckereiwahl für die Herstellung von Printprodukten. KMU können FSC-zertifiziertes Papier oder noch besser Material mit dem höchsten Umweltzeichen «Blauen Engel» wählen. Sollten Blachen zum Einsatz kommen, lohnt es sich zu prüfen, ob das Material wiederverwertet werden kann.