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Von der Behandlungsplanung zur Lebensplanung: Wie eine Werteanamnese einen Herzenswunsch anstiess

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Bei der Werteanamnese stehen Wünsche zur medizinischen Behandlung am Lebensende im Fokus. Vor allem auf die Frage «Wie gerne leben Sie?» kommen von den Befragten oft klare Aussagen zu Herzenswünschen. Die Pflegefachfrau Nora De Castro erzählt, wie es ihr mit viel Engagement und der Unterstützung ihres Teams gelungen ist, einen solchen Herzenswunsch zu erfüllen.

13. März 2024

Nora De Castro (zweite von links) und ihr Team im Gesundheitszentrum für das Alter Bachwiesen.
Nora De Castro (zweite von links) und ihr Team im Gesundheitszentrum für das Alter Bachwiesen.

Eine Bewohnerin erklärte im Rahmen der Werteanamnese, dass Malen ihre Kraftquelle sei und es ihr Herzenswunsch wäre, einmal in ihrem Leben ihre Bilder auszustellen. Diese Information ging mit der Werteanamnese an die zuständige Ärztin und das Pflegeteam. Nora De Castro, die pflegerische Bezugsperson der Bewohnerin, setzte alle Hebel in Bewegung, um diesen Herzenswunsch zu erfüllen. Die Hintergründe dazu erzählt sie im Interview.

Nora, wie bist du das Projekt Kunstausstellung angegangen?
Ich muss sagen, es ist kein eigentliches Projekt, sondern eine Geschichte aus dem Alltag. Ein unerfüllter Herzenswunsch, den wir mit vereinten Kräften wahr machen konnten. Die Bewohnerin hatte immer schon gerne gemalt, ihre Bilder aber noch nie ausstellen können. Also habe ich alle nötigen Abklärungen gemacht und Mitarbeitende aus verschiedenen Bereichen mit ins Boot geholt, damit wir ihr diesen Wunsch erfüllen konnten. Dafür musste ich einige Hürden überwinden.

Was war denn zum Beispiel so eine Hürde?
Nun, die Bewohnerin hatte nur drei Bilder verfügbar. Daraus lässt sich schlecht eine ganz Ausstellung gestalten. Also habe ich mit ihr gesprochen und ihr angeboten, noch weitere zu malen. Ich habe einen Malnachmittag für die Bewohnerin organisiert, an dem sich auch noch andere Bewohnende aus der Abteilung beteiligten konnten.

Wie hast du den Malnachmittag erlebt?
So viele Emotionen! Wünsche und Erinnerungen wurden geweckt. Nicht nur bei der Hauptperson, sondern auch bei den anderen Bewohnenden. Eine Bewohnerin meinte, sie wollte unbedingt heiraten, aber das habe nicht geklappt. Darum habe sie jetzt einfach ihren Brautstrauss gemalt. Eine andere Bewohnerin hat sich an Blumen in Belgien erinnert – wieder eine andere an ihre Katze Paschali. Am Schluss gaben alle Künstlerinnen ihren Werken einen Namen. Dabei kamen spannende Kreationen heraus: «Durcheinander im Kopf», «Die Unsterblichkeit eines Schmetterlings», «Der hoffnungsvolle Elefant unter den Sternschnuppen», «Das geheimnisvolle Innehalten und die tiefe Ruhe der königlichen Opulenz», «Dem Glück und der Freude immer zuschwimmen» sind nur einige davon.

Danach hast du die Ausstellung vorbereitet?
Genau. Wir haben eine Liste mit allen aufgehängten Bildern gemacht, sie mit Titel, Namen der Künstlerin und Jahr versehen. Der technische Dienst hat sie dann professionell aufgehängt. Die Bilder, die keinen Platz mehr hatten, wurden in einer Mappe gebunden und aufgelegt. Alles war bereit für die Vernissage.

Erzähl uns bitte von der Vernissage.
Für die Vernissage haben wir Angehörige eingeladen und Pianomusik organisiert. Nach einer Ansprache durfte die Hauptperson den Anlass eröffnen und die erste Runde machen. Die Schwester der Hauptperson meinte danach gerührt, es sei eine sehr schöne Würdigung gewesen und der Malprozess habe ihrer Schwester sehr gutgetan. Aufgrund ihrer MS-Erkrankung könne sie nicht mehr gleich malen wie früher, ihr Malstil sei darum ein ganz neuer, jedoch immer noch sehr ausdrucksstark.

Was ist aus den Bildern geworden?
Die Bilder hängen vorerst weiterhin auf der Abteilung. Wir haben entschieden, dass sie unbedingt länger als ursprünglich geplant bleiben müssen. So können die Bewohnenden ihre Bilder jeden Tag neu entdecken. Manchmal kommt es so immer wieder zu einer Überraschung: Was, das habe ich gemacht? Die Freude und der Stolz sind immer wieder aufs Neue gross.

Ich möchte allen Beteiligten danken, dass sie so unkompliziert mitgemacht haben und diesen Herzenswunsch unterstützt haben. Ein besonderer Dank geht an meine Abteilungsleiterin und mein Pflegeteam.