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Kommunaler Solidaritätsbeitrag für Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen

Medienmitteilung

Fürsorgerische Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 sind eines der dunkelsten Kapitel der Schweizer Sozialgeschichte. Neben der historischen Aufarbeitung will die Stadt Zürich für diejenigen Opfer, die durch Stadtzürcher Sozialbehörden Unrecht erlitten haben, neu einen kommunalen Solidaritätsbeitrag in Höhe von 25 000 Franken pro Person ausrichten.

28. September 2022

Im Zusammenhang mit fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 wurde auch durch Stadtzürcher Fürsorgebehörden Unrecht getan. Kinder und Jugendliche wurden in Heimen weggesperrt, fremdplatziert und als billige Arbeitskräfte ausgebeutet. Frauen und Männer kamen zur «Nacherziehung» in Arbeitsanstalten oder wurden gegen ihren Willen in psychiatrische Kliniken eingewiesen. «Liederliche» und «arbeitsscheue» Menschen wurden entmündigt und sterilisiert.

Historische Aufarbeitung der spezifischen Rolle der Stadt Zürich

Ausgehend von der Motion (GR. Nr. 2021/350), die die «Historische Aufarbeitung der Rolle der Fürsorgebehörden und weiteren Protagonisten betreffend die angeordneten Zwangsmassnahmen, einschliesslich der Abläufe im Zusammenhang mit dem Waffenfabrikanten Emil G. Bührle und dem Marienheim» fordert, hat das Sozialdepartement ein Projekt zur historischen Aufarbeitung der Rolle der Stadtzürcher Fürsorgebehörden in der Zeit zwischen den 1930er-Jahren und 1981 gestartet. Mit dieser Forschungsarbeit soll die spezifische Rolle der Stadt Zürich eingehend beleuchtet und bestehende Lücken in der bisherigen Aufarbeitung geschlossen werden. Eine entsprechende Vorstudie ist derzeit in Erarbeitung. Dem Stadtrat ist es über diese historische Aufarbeitung hinaus wichtig, das Unrecht, das den Opfern von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen angetan wurde, anzuerkennen und die Betroffenen zu unterstützen. Darum sollen im Rahmen dieses Projekts auch Massnahmen zum Gedenken an die Opfer erarbeitet sowie die gesetzliche Grundlage für die Ausrichtung eines kommunalen Solidaritätsbeitrags geschaffen werden.

Für die Betroffenen drängt die Zeit

Die geplante umfassende historische Aufarbeitung wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Viele der Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 haben aber heute bereits ein beachtliches Alter erreicht. Damit ihnen der geplante kommunale Solidaritätsbeitrag noch zu Lebzeiten zugutekommen kann, beantragt der Stadtrat dem Gemeinderat die entsprechende gesetzliche Grundlage bereits vor Abschluss der Forschungsarbeiten zu erlassen.

Solidaritätsbeitrag in Höhe von 25 000 Franken

Allen Opfern soll auf Gesuch hin ein Solidaritätsbeitrag in der Höhe von 25 000 Franken zugesprochen werden. Der Anspruch ist persönlich und besteht auch für Personen, die heute nicht mehr in der Stadt Zürich wohnhaft sind. Um den Anspruch auf einen Solidaritätsbeitrag begründen zu können, muss die im Rahmen der Geltendmachung des Solidaritätsbeitrags auf Bundesebene durch das Bundesamt für Justiz abgeklärte Opfereigenschaft nachgewiesen werden. Zudem muss durch entsprechende Dokumente oder Akten glaubhaft gemacht werden, dass die fürsorgerische Zwangsmassnahme oder Fremdplatzierung vor 1981 von Behörden der Stadt Zürich veranlasst und von diesen oder in deren Auftrag oder unter deren Aufsicht vollzogen wurde.

Die Anzahl der Berechtigten kann nur schwer eingeschätzt werden. Die Stadt Zürich geht nach heutigem Kenntnisstand von schätzungsweise 320 Gesuchen und dementsprechenden Kosten von rund 8 Millionen Franken für die Jahre 2023 und 2024 aus.

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