Corona-Pandemie als Chance für die Digitalisierung in der Stadtverwaltung

Die Corona-Zeit hat die Sicht auf die Digitalisierung in der Stadtverwaltung verändert. OIZ-Direktor Andreas Németh blickt zurück auf die Corona-Pandemie aus IT-Sicht und nennt Handlungsfelder, um die Digitalisierung in der Stadtverwaltung zu forcieren.
Von Andreas Németh

Artikel erschienen am 30. Juni 2020

Anfang März 2020 zeichnete sich ab, dass eine vermehrte Nutzung von Homeoffice zu erwarten war. Deshalb haben wir in der OIZ bereits früh die Kapazitäten für ein- und ausgehende Telefonate, für Webkollaboration sowie für den Zugriff auf die städtische IT-Infrastruktur mittels privatem PC ausgebaut. Der Service Desk, unser stadtweiter IT-Support, wurde auf die zu erwartende Anfragewelle vorbereitet. 

In den ersten Tagen der Homeoffice-Phase war es herausfordernd, die Performance der IT-Infrastruktur sicherzustellen und dem sehr unterschiedlichen Wissenstand der städtischen Mitarbeitenden im Umgang mit der digitalen Zusammenarbeit zu begegnen. Viele Kolleginnen und Kollegen hatten noch nie von zu Hause aus gearbeitet und waren mit Tools wie Chat oder Webkollaborationen nicht vertraut. So verzeichnete der Service Desk nach der ersten Homeoffice-Woche gleich viele Anrufe wie sonst in einem ganzen Monat. 

Zahlen machen deutlich, wie stark sich die Zusammenarbeit in der Stadtverwaltung in den Folgewochen veränderte: im April wurden in den 18 Arbeitstagen rund 27'000 Web-Konferenzen über das städtische System durchgeführt, die Zahl an stadtweit gedruckten Seiten sank im Vergleich zum Vorjahr in den Monaten April und Mai um rund 35 %. Damit wurden rund 4,5 Millionen Seiten Papier eingespart: übereinander gestapelt sind das  490 Meter – 7 Mal das Werd-Hochhaus. Eine Blitzumfrage unter städtischen Kaderpersonen anfangs Juni bestätigt: die Zusammenarbeit aus dem Homeoffice hat überwiegend gut funktioniert.

Der Nutzen der Digitalisierung

Die Stadt Zürich ist seit mehreren Jahren in allen Bereichen mit Digitalisierungsvorhaben unterwegs. Dazu hat sie Ende 2018 eine Smart-City-Strategie beschlossen und drei von sechs gegenwärtigen Strategie-Schwerpunkten unterstützen die Strategie mit konkreten Projekten. Sichtbar ist das zum Beispiel mit der zunehmenden Zahl an Online-Services für die Bevölkerung oder mit Prozessdigitalisierungen beispielsweise in der Kreditorenverarbeitung oder bei der digitalen Zusammenarbeit. Der Nutzen dieser Arbeit, die Digitalisierung der Stadtverwaltung, wurde in den letzten Wochen eindrücklich unter Beweis gestellt: die Stadtverwaltung hat funktioniert, dank digitaler Instrumente und Prozesse. Meiner Einschätzung nach hat sich diese Erkenntnis in der Stadtverwaltung und in der Politik durchgesetzt. Das ist der entscheidende Faktor um die digitale Transformation jetzt zu beschleunigen.

Der Nutzen dieser Arbeit, die Digitalisierung der Stadtverwaltung, wurde in den letzten Wochen eindrücklich unter Beweis gestellt: die Stadtverwaltung hat funktioniert, dank digitaler Instrumente und Prozesse.

Handlungsfelder für die «Digitale Stadt»

Aus den Erfahrungen der letzten Wochen und Monate ergeben sich für mich mehrere Handlungsfelder mit denen wir die digitalen Instrumente und Prozesse in der Stadtverwaltung optimieren können. Einige Vorhaben haben wir bereits vor der Corona-Pandemie auf den Weg gebracht, die wir jetzt forcieren wollen. Andere werden neu dazukommen. Dabei gilt es immer das Ziel vor Augen zu halten: die Arbeit der städtischen Mitarbeitenden effizienter gestalten und die Interaktion zwischen Verwaltung und Bevölkerung zu vereinfachen. Mögliche Handlungsfelder zur Digitalisierung sind:

Toolbox zur digitalen Zusammenarbeit erweitern und modernisieren
Um die digitale Zusammenarbeit unter den Mitarbeitenden zu fördern, müssen wir die Instrumente erweitern und deren Benutzendenfreundlichkeit verbessern. Ein Aspekt ist die einfache Möglichkeit von Videochats für alle Mitarbeitenden und die unkomplizierte Zusammenarbeit mit Dritten.

Digitale Unterschrift forcieren
Stadtweit müssen wir prüfen, welche Dokumente von Gesetzes wegen nach wie vor physisch unterschrieben werden müssen und wo eine digitale Unterschrift reicht. Daraus lässt sich folgern, welche Prozesse bereits heute ganz digitalisiert werden können.

Überwindung von Medienbrüchen
Dabei geht es zum Beispiel darum, dass Dokumente nicht nur gescannt, sondern maschinenlesbar gemacht werden sollen. Dazu gehört das bereits bestehende Vorhaben «Digitaler Posteingang», welches physische Post digitalisieren und über das städtische Dokumentenmanagement-System direkt digital an die Adressatin oder den Adressaten weiterleiten wird.

Weiterer Ausbau der Online-Services für die Bevölkerung 
Das Online-Angebot der Stadt Zürich hat weiteres Ausbaupotential. Das wollen wir nutzen. Neue Services sind für kommenden Herbst geplant.

Förderung der Digitalisierungskompetenzen der städtischen Mitarbeitenden
Die Arbeit mit neuen Prozessen und digitalen Instrumenten kann nur gelingen, wenn die Mitarbeitenden und das Kader über entsprechende Kompetenzen verfügen. Dies wollen wir ab Herbst mit einer Kampagne fördern.

Zentralstes Element ist aber die Prozessdigitalisierung in den einzelnen Dienstabteilungen. Es geht darum, das Digitalisierungspotential freizulegen, Prozesse neu zu denken und vor allem diese dann zu realisieren. Voraussetzung dafür ist der Wille und die Bereitschaft für Veränderungen. Mein Eindruck ist, dass die Bereitschaft in den Departementen und Dienstabteilungen in den letzten Wochen stark gestiegen ist. Dieses Momentum wollen wir gemeinsam nutzen um die Transformation von Zürich zur «Digitalen Stadt» zu beschleunigen.

Autor

Andreas Németh ist seit Juni 2017 OIZ-Direktor. Vorher war er seit 1997 in verschiedenen Funktionen in der OIZ tätig, unter anderem als Gesamtprojektleiter IT-Strategie 2006, Hauptabteilungsleiter Kunden & Anwendungen sowie Vizedirektor. Andreas Németh ist diplomierter Wirtschaftsinformatiker und hat ein Masterstudium in Organisationsentwicklung abgeschlossen.