Verantwortungsvoll und vielfältig: Der Pflegeberuf im Bundesasylzentrum
Ein Blick hinter die Kulissen des Teams Medic-Help im BAZ Zürich zeigt, warum es sich hier um einen etwas anderen Pflegeberuf handelt.
Im Innenhof des Bundesasylzentrums Zürich tummeln sich heute mehr Menschen als üblich: Kinder rasen auf Trottinetts im Slalom zwischen den Erwachsenen hindurch, Jugendliche stehen in Grüppchen zusammen und vor dem hauseigenen Kiosk bildet sich langsam eine kleine Schlange. «Es sind Sommerferien», erklärt Jessica Isenschmid, Leitung Pflege im BAZ Zürich, das lebhafte Treiben. Mit dem Badge öffnet sie die Tür zum Bereich der Medic-Help. Hier ist es kühler und auch um einiges ruhiger. Das bleibt aber nicht mehr lange so. Denn gleich füllen sich die Warteräume für die medizinischen Sprechstunde, die täglich von 9 bis 11 Uhr und von 14 bis 16 Uhr stattfindet.
Breiter Aufgabenbereich und viel Verantwortung
Auf die Frage, mit welchen Themen die Klient*innen zu ihnen kommen, antwortet Jessica lachend: «Oh, alles Mögliche!» Die Pflegefachpersonen, das merkt man schnell, sind für beinahe alle gesundheitlichen Anliegen die erste Anlaufstelle. Von der Wundversorgung über Erkältungen und Schwangerschaften bis hin zu seltenen Krankheiten begegnet man hier fast allem. Genauso divers wie die Krankheitsbilder sind auch die Patient*innen, die täglich im Medic-Help ein- und ausgehen. Von Neugeborenen bis zu älteren Personen sind alle Altersgruppen vertreten. Das ist für viele Teammitglieder etwas Neues, da sie bisher nur mit Erwachsenen oder ausschliesslich mit Kindern gearbeitet haben. Die interdisziplinäre Arbeit im Bundesasylzentrum ermöglicht den Mitarbeitenden so den Zugang zu neuen Fachgebieten, in denen man sich zurechtfinden muss.
Genau das macht diesen Beruf aber so interessant. Das erzählen auch Milena Maksic und Fabienne Züger. Die beiden diplomierten Pflegefachfrauen haben heute Morgen die medizinische Erstinformation und Erstkonsultation, abgekürzt MEI/ MEK, durchgeführt. In diesem Rahmen informiert das Pflegefach-Team die Patient*innen über die Verwendung ihrer Gesundheitsdaten und leistet Aufklärungsarbeit zu unterschiedlichsten Gesundheitsfragen: Welche übertragbaren Krankheiten gibt es? Wie funktioniert eine Impfung? Bei welchen Symptomen ist das Pflegepersonal aufzusuchen?
Danach erfolgt die Erstkonsultation. Hier klärt das Team ab, ob jemand beispielsweise unter einer Allergie leidet oder sich in der Vergangenheit einer Operation unterziehen musste. Ob jemand spezielle Bedürfnisse hat oder Medikamente benötigt. Das MEI/MEK ist ein wichtiger Bestandteil des Asylverfahrens. «Wir sind die Ersten, die erkennen, ob jemand eine ansteckende Krankheit hat und können entsprechend handeln», sagt Berfin Kabak, die seit mehr als drei Jahren in der Medic-Help arbeitet. Klar ist, dass es sich hier um eine Stelle mit viel Verantwortung handelt.
Ein Beruf mit Horizonterweiterung
Die Arbeit im Bundesasylzentrum fällt aber nicht nur fachlich aus dem Raster klassischer Pflegeberufe. Hier treffen unterschiedlichste Sprachen und kulturelle Hintergründe aufeinander. Obwohl das Team selbst viele Sprachen abdeckt, braucht es gelegentlich den Griff zum Übersetzungsgerät – manchmal auch Hände und Füsse. Das macht diesen Pflegeberuf zu etwas Besonderem. «Meine Stelle hier ist mit meinen vorherigen Stellen fast nicht zu vergleichen. Hier trifft man auf Menschen aus unterschiedlichsten Ländern und Kulturen, jeder von ihnen bringt seine eigene Geschichte mit», erzählt Irena Tomme. Zum gleichen Schluss kommen auch ihre Teamkolleg*innen in den Büros nebenan. Man lerne den kompletten Menschen mit seiner Biografie kennen und erfahre, was die Personen auf sich nähmen, um in der Schweiz nochmals neu anzufangen. Dieser Mut verdiene den grössten Respekt.
Auch zwischenmenschlich braucht es Geduld und Fingerspitzengefühl. Speziell der Umgang mit psychischen Belastungen ist eine Herausforderung. Für dieses schwierige Thema hat Jessica Isenschmid eigens auf das Team zugeschnittene Weiterbildungen aufgegleist. Der gute Teamzusammenhalt hilft zudem, anspruchsvolle Situationen zu bewältigen. «Gerade diese belastenden Situationen sind für mich auch motivierend», erzählt Teamkollege Simon Karsamauli. Das sporne an, um weiterzumachen. Wenn er zudem sieht, dass er mit seiner Arbeit den Leuten weiterhilft und ihre Fortschritte beobachten kann, dann geht er mit einem guten Gefühl nach Hause.