Das Einsatzstichwort war nicht gerade vielsagend. «Erkundung unklare Situation» stand auf der Einsatzmeldung. Wir rückten als Kleinalarm mit Sondersignal in Richtung Binz aus. Noch auf der Anfahrt erhielten wir von der ELZ die Zusatzmeldung, dass sich vermutlich ein Kleinkind die Finger in einer Sitzbank eingeklemmt habe und sich nicht mehr selbst befreien könne.
Am Ziel angekommen, trafen wir auf ein tapferes dreijähriges Mädchen, das mit der Kita einen Ausflug machte. Während sie auf das Uetlibergbähnli gewartet hatten, steckte das Mädchen zwei ihrer Finger durch das gelochte Blech der Sitzbank. Die Löcher waren etwa fünf Millimeter gross, also gerade so gross, dass die kleinen Finger durchpassten, aber nicht mehr zurück. Die Leiterin der Kita hatte es bereits erfolglos mit Olivenöl und später mit Seife versucht.
Um bei Bedarf auch medizinische Unterstützung zu haben, forderten wir als Erstes den Rettungsdienst auf und prüften verschiedene Möglichkeiten zur Befreiung der Finger. Schliesslich entschieden wir uns für den Dremel. Das ist eine Miniatur-Trennscheibe, die im Modellbau oder Kunsthandwerk eingesetzt wird und bei uns zum Beispiel zum Auftrennen von Fingerringen oder Piercings verwendet wird. Die Scheibe des Dremels kann zwar Chromstahl durchtrennen, hinterlässt aber nur leichte Kratzer, wenn man damit auf die Haut kommt. Die Haut wird zusätzlich mit Lederlappen sowie kleinen Aluminiumplättchen geschützt und der Fräser mit Wasser gekühlt.

In einem ersten Schritt schnitten wir das Blech grosszügig rund um die Hand aus und befreiten das Mädchen von der Bank. Die Finger waren zu diesem Zeitpunkt bereits etwas aufgeschwollen, die Zirkulation des Bluts war offensichtlich beeinträchtigt. Deshalb entschieden die Rettungssanitäter*innen, das Kind mitsamt dem ungewollten Fingerring so schnell wie möglich ins Kinderspital (Kispi) zu bringen.
Wir fuhren ebenfalls ins Kispi, um beim Entfernen des restlichen Blechs zu helfen. Inzwischen war auch die Mutter der Kleinen eingetroffen und kümmerte sich beruhigend um ihr Kind. In einer fast dreiviertelstündigen «Operation» entfernten wir unter klinischen Bedingungen Stück für Stück die Teile des Lochblechs und schafften es schliesslich, die Finger des Mädchens komplett zu befreien. Die Kleine wurde durch eine Ärztin und eine Pflegerin kontinuierlich überwacht und bekam zwischendurch etwas Lachgas mit Erdbeeraroma. Aus medizinischer Sicht war der Rückstau in den Fingern unproblematisch gewesen, bleibende Schäden waren nicht zu erwarten.
Zwei Tage später besuchte uns das Mädchen mit ihrem Vater auf der Wache, um sich zu bedanken. Solche Rückmeldungen sind für mich das Schönste, was es gibt.