Der Alarm mit der Einsatzmeldung «Bahnbrand Zug im Freien, Altstetterplatz 11, Zürich, Bahnhof Altstetten» geht um 17.07 Uhr in der Wache Süd ein. Umgehend rücken zwei Tanklöschfahrzeuge (TLF), ein Pionierfahrzeug sowie der Einsatzleiter Berufsfeuerwehr (EL BF) aus. Gleichzeitig wird der Pikettoffizier (Pik Of) aufgeboten. Bereits auf der Anfahrt über die Hohlstrasse ist von Weitem eine dunkle Rauchsäule zu sehen. Sie lässt erahnen, dass es sich nicht um ein Bagatellereignis handelt. Da sich der Zug auf einer Bahnanlage befindet, weisen die Verantwortlichen der beiden TLF die Einsatzkräfte noch vor dem Eintreffen an, erst mit der Abgabe von Löschmittel zu beginnen, wenn dies ausdrücklich befohlen wird.
Beim Eintreffen der Einsatzkräfte befinden sich im und um den Bahnhof Altstetten zwischen 200 und 300 gestrandete Reisende sowie schaulustige Personen – zahlreiche davon mit gezücktem Handy. Einige Personen stehen in unmittelbarer Nähe der brennenden Lok und somit im Gefahrenbereich. Während der Zugführer (ZF) die Löschleitungen vorbereiten lässt, gilt die Aufmerksamkeit des EL BF den zahlreichen Schaulustigen im Gefahrenbereich. Die Stadtpolizei ist zu diesem Zeitpunkt erst mit einem Einsatzfahrzeug auf Platz. Gleichzeitig treffen zwei Rettungswagen sowie ein Notarzteinsatzfahrzeug ein. Da es bislang keine Verletzten gibt, unterstützen die Mitarbeitenden der Sanität kurzerhand beim Räumen und Absperren des Frontbereichs. Anschliessend nimmt der EL BF Kontakt mit dem Einsatzleiter der SBB (EL SBB) auf. Gemeinsam mit der Sanität und der Stadtpolizei wird ein erster kurzer Abspracherapport durchgeführt. Ebenfalls bereits vor Ort ist der Lösch- und Rettungszug (LRZ) der SBB. Dieses riesige «TLF auf Schienen» führt nebst verschiedenem Lösch- und Rettungsmaterial 45 000 Liter Wasser und 1500 Liter Schaumextrakt mit sich.
Die Lok brennt unterdessen in voller Ausdehnung, die Flammen erstrecken sich vom Gleisbett bis hinauf durch das Dach der Lok. Besonders die rund 3700 Liter Öl der Trafos und Stromrichter in der Lok sorgen für eine rasche und intensive Brandausbreitung. Die beträchtliche Menge an Öl veranlasst die Einsatzleitung, auch einen Chemiefachberater (CFB) sowie das für den Fall einer Bodenverschmutzung zuständige Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) aufzubieten. Gleichzeitig erfolgen Abschaltung und Erdung des betroffenen Gleises sowie des Nachbargleises. Da zu diesem Zeitpunkt verlässliche Informationen über konkrete Gefahren im Innern der Lok fehlen, wird beschlossen, das Feuer im Aussenangriff zu bekämpfen. Die starke Hitzestrahlung hat zur Folge, dass die Fahrleitung reisst und wie eine Geissel zurückschnellt – zum Glück ist sie bereits stromlos und geerdet. Da eine erhebliche Menge an Öl brennt, entscheidet der EL BF, das Feuer mit Schaum zu bekämpfen. Dabei wird die anfangs ab einem TLF betriebene Schaumleitung im Verlauf des Einsatzes durch eine Schaumleitung ab dem LRZ ersetzt. Parallel dazu wird eine Löschleitung zum Halten der angehängten Wagen eingesetzt, da diese aus technischen Gründen nicht einfach abgehängt und von der brennenden Lok entfernt werden können. Wertvoll erweist sich dabei auch der Einsatz eines Lüfters, mit dem heisse Brandgase von den Wagen weggeblasen werden können. Die Einsatzkräfte verhindern schliesslich erfolgreich, dass das Feuer auf die Wagen übergreift.
Wegen der zahlreichen Schaulustigen rechnet der EL BF mit einem erhöhten Medieninteresse. Er bietet deshalb das Medienpikett von SRZ auf und kontaktiert den diensthabenden Mediensprecher, um ihn über das Ereignis zu informieren. Der Pik Of trifft vor Ort ein und wird vom EL BF bezüglich der Situation und der befohlenen Massnahmen auf den neuesten Stand gebracht. Fortan kümmert sich der EL BF gemeinsam mit dem ZF hauptsächlich um die Arbeiten an der Front, während der Pik Of durch die Rapporte führt und die Koordination mit den Partnerorganisationen und den verschiedenen Anspruchsgruppen wie Infrastrukturbetreiberin, AWEL, Forensisches Institut, Brandermittlung und Sicherheitsuntersuchungsstelle sicherstellt.
Da die Einsatzkräfte das Feuer im Aussenangriff aus Distanz löschen, gelangt ein Teil des Schaummittels in Schächte auf dem Perron sowie in das Gleisbett. Im Verlauf des Einsatzes kontrollieren die Einsatzkräfte deshalb mehrmals die Entwässerungsleitungen, die jederzeit frei von Schaum bleiben. Vorsorglich wird zudem die Abwasserreinigungsanlage (ARA) informiert. Der konzentrierte Schaumeinsatz zeigt schliesslich Wirkung, und das Feuer erlischt.
Einsätze auf Bahnanlagen sind gefährlich. So lauern teil weise lebensbedrohliche Gefahren wie Hochspannung, Bahnverkehr, mechanische Teile wie Weichen usw. auf die Einsatzkräfte. Der Informationsaustausch zwischen dem EL BF und dem EL SBB zu Beginn des Einsatzes ist des halb absolut zentral. Nur so ist sichergestellt, dass wichtige Schlüsselinformationen − zum Beispiel über den Betriebszustand der Gleise − zur Einsatzleitung fliessen. Sie legt die Taktik und das Vorgehen je nach Situation fest. Die im Einsatz gewonnenen, wertvollen Erkenntnisse wurden intern besprochen und in allen Dienstgruppen der BF Süd präsentiert. Die Präsentation ist intern abgelegt und allen Feuerwehrleuten zugänglich. Zudem fand eine kritische Reflexion des Einsatzes mit den Verantwortlichen der Intervention SBB des Standorts Zürich statt.
Grundsatz Interventionen auf Bahnanlagen
Intervention auf Bahnanlagen (Brand, Personenunfall usw.) erst nach Absprache des Einsatzleiters Berufsfeuerwehr mit dem Einsatzleiter des Infrastrukturbetreibers (zum Beispiel Einsatzleiter SBB).
Im Brandfall: Löscheinsatz erst, wenn Fahrleitung stromlos und geerdet ist.
Wichtige Begrifflichkeiten
«Fahrbetrieb eingestellt»
Es fährt kein Zug mehr auf den Ereignisabschnitt zu. Es ist jedoch noch möglich, dass Züge den Ereignisabschnitt verlassen.
«Gleis gesperrt»
Es fährt kein Zug mehr. Gleis ist stromlos und geerdet (ausgenommen bei Personenunfällen).