Matthias Hotz ist Leiter der Gerontologischen Beratungsstelle SiL, die ein Teil des Geriatrischen Dienstes der Gesundheitszentren für das Alter ist.
Welchen Zweck erfüllt die Gerontologische Beratungsstelle SiL?
Als aufsuchendes Angebot sind wir von der Gerontologischen Beratungsstelle SiL für Einwohner*innen der Stadt Zürich zuständig, die über 65 Jahre alt sind. Wenn wir eine Gefährdungsmeldung erhalten, versuchen wir die Person immer zu Hause zu besuchen. Meist betrifft es an Demenz und/oder psychiatrisch erkrankte Menschen, die in ihrem Alltag zu Hause nicht mehr gut zurechtkommen – ein Unterstützungsnetz ist nur selten vorhanden oder Angehörige stossen an ihre Grenzen. Wie es unser Name verrät, sind wir auch eine Beratungsstelle. Wir bekommen viele Anrufe von Angehörigen, Fachpersonen oder besorgten Nachbar*innen, hören uns die Fälle an, beraten und versuchen ein geeignetes Vorgehen zu skizzieren.
Wer kann eine Meldung bei SiL machen?
Grundsätzlich jede*r. Meist kommen sie von Angehörigen, Spitex, Hausärzt*innen, Sozialdiensten oder Ärztlichen Diensten von Spitälern, Memory-Kliniken oder auch aus unseren Gesundheitszentren für das Alter. Dies zum Beispiel, wenn ein*e Patient*in nach einem Aufenthalt in unserer Akut- und Übergangspflege wieder nach Hause zurückkehrt, das Behandlungsteam aber aufgrund der Eindrücke aus dem stationären Aufenthalt an einer Rückkehr nach Hause mit Regelversorgung zweifelt. Zudem gibt's noch die Möglichkeit einer Meldung über die Anlaufstelle des Stadtärztlichen Dienstes. Dort gehen Meldungen von Aussenstehenden wie Vermieter*innen, Bankmitarbeiter*innen sowie Abklärungsaufträge der KESB ein.
Wann macht es Sinn, euch zu kontaktieren?
Im Zweifelsfall soll man uns einfach anrufen. Ein Austausch ist nie verkehrt, dafür sind wir als Beratungsstelle ja auch da. Grundsätzlich verweisen wir zuerst immer auf die Regelversorgung wie Hausärzt*innen oder Spitex. Je nach Fall klären wir die Situation bei einem Hausbesuch genauer ab.
Wie genau funktioniert das, wenn ihr Hausbesuche macht?
Wir versuchen immer, vorgängig Kontakt mit der Person aufzunehmen, dies meist telefonisch. Wenn niemand den Anruf entgegennimmt, gibt's noch die Möglichkeit, den Besuch per Brief anzukündigen. Klappt auch das nicht, weil die Person zum Beispiel ihre Post nicht mehr öffnet und sich entsprechend nicht bei uns meldet, machen unsere Mitarbeitenden einen Spontanbesuch. Sie alle sind ausgebildete Pflegefachpersonen und spezialisiert auf Geriatrie und/oder Gerontopsychiatrie mit grosser Erfahrung. Wenn uns die Menschen in die Wohnung lassen, sehen wir es als implizites Einverständnis zur Abklärung. Es ist wichtig, dass unsere Mitarbeitenden direkt vor Ort die Situation der Person einschätzen können, unter anderem anhand ihres kognitiven, psychischen und somatischen Zustands sowie anhand des Wohnungszustands. Nach Möglichkeit wird auch eine Kühlschrankkontrolle gemacht – die ist meist sehr aufschlussreich. Die Mitarbeitenden führen je nach Kooperation standardisierte Assessments durch. Dazu gehören Anamnese, Einschätzung der Alltagskompetenzen, neurokognitive Testungen sowie psychopathologische Erhebungen.
Und was folgt nach den Hausbesuchen?
Unsere Fälle besprechen wir wöchentlich mit unserer ärztlichen Direktorin und dem Gerontopsychiater. Aus der Besprechung resultieren im Normalfall eine Verdachtsdiagnose und Empfehlungen zur Stabilisierung der Situation. Die Empfehlungen versuchen wir aufzugleisen und deren Installierung zu begleiten; die Gesamtschau unserer Abklärung mitsamt Diagnose lassen wir den entsprechenden Hausärzt*innen in einem Bericht zukommen. In einzelnen, indizierten Situationen, haben wir die Möglichkeit, mit unserem Psychiater gemeinsam einen Hausbesuch zu machen.