Besa Tusi ist seit Anfang 2022 als Pflegeexpertin im Gesundheitszentrum für das Alter Entlisberg tätig. Zu ihren Aufgaben gehören die Stärkung der interdisziplinären Zusammenarbeit im Betrieb, das Durchführen von Fachgesprächen, die Mitarbeit in betriebsübergreifenden Projekten und Arbeitsgruppen sowie an internen und externen Forschungsprojekten, die Unterstützung bei Weiterbildungen und Schulungen sowie die Qualitätsverbesserung anhand von Prozessen und Methoden in der Pflege.
Besa, wie ist das System mit den Fachgruppen entstanden?
Die Themen in der Langzeitpflege sind vielfältig, und es gilt, immer über das neueste Wissen zu verfügen. Aber niemand kann Expert*in auf allen Gebieten gleichzeitig sein. Darum haben wir Fachgruppen gebildet, die sich je einem zentralen Thema widmen und es durch Erfahrungsaustausch und Wissensvermittlung weiterentwickeln (mehr zu den Fachgruppen im Kästchen unten). Das grundlegende Konzept dafür bestand schon, als ich ins Gesundheitszentrum Entlisberg kam, es wird jedoch laufend verfeinert, ergänzt und an die aktuellen Bedürfnisse angepasst.
Wie funktionieren die Fachgruppen?
Jede Fachgruppe besteht aus einer Fachgruppenleitung und je einem Mitglied aus jeder der 16 Abteilungen, den sogenannten Fachbeauftragten. Die Fachgruppen tagen drei- bis viermal im Jahr. Die Erkenntnisse daraus werden von den Fachbeauftragten dann in ihre jeweilige Abteilung getragen und allen Mitarbeitenden zugänglich gemacht. Zum Beispiel im Rapport oder in der Teamsitzung anhand eines Fachinputs oder Vortrags. So wird das Wissen breit gestreut und nicht nur von einzelnen Personen getragen.
Was ist deine Aufgabe dabei?
Ich bin zum einen übergeordnet für die Steuerung aller Fachgruppen zuständig und fungiere als Bindeglied zum Kader. In dieser Funktion werde ich von Daniela Gfeller, ebenfalls Pflegeexpertin, unterstützt. Wir treffen uns dreimal jährlich mit den Fachgruppenleiter*innen: einmal für die Ziele und Jahresplanung, sechs Monate später für ein Standortgespräch und ein drittes Mal Ende Jahr zur Evaluation der Fachziele. Ausserdem fördern wir den Austausch der Fachgruppen untereinander. Daneben leite ich die beiden Fachgruppen Schmerz und Wundmanagement. Als Fachgruppenleiterin kann ich nicht nur mein Wissen weitergeben, sondern auch meine Erfahrungen mit anderen teilen und eine Diskussion eröffnen. Die Traktanden für die Sitzung legen wir als Fachgruppe gemeinsam fest. Wer einen Fachbeitrag machen möchte, ist herzlich eingeladen, sich einzutragen.
Was ist für einen gelingenden Fachaustausch zentral?
Wir haben mit hochanspruchsvollen Situationen zu tun. In diesem Kontext ist es besonders wichtig, Schwierigkeiten direkt ansprechen zu können und Probleme als Chancen zu sehen. Durch den offenen Austausch auf Augenhöhe schaffen wir es, Lösungen zu finden. Als ich vor drei Jahren ins Gesundheitszentrum Entlisberg gewechselt bin, um mich weiterzuentwickeln, war ich von der Kultur und der Atmosphäre angetan, die ich als sehr warm empfinde. Mich begeistert noch immer die Bereitwilligkeit, mit der Wissen innerhalb der Organisation geteilt und vertieft wird. Es gibt keine Barrieren: Jede*r kann Ideen einbringen und wird gehört. Anders kann es nicht funktionieren. Ich möchte auch auf den Abteilungen nicht als Kontrolleurin wahrgenommen werden, sondern als Unterstützung.
Sind ausschliesslich Mitarbeitende aus der Pflege in den Fachgruppen vertreten?
Nein, viele Fachgruppen sind interprofessionell aufgestellt, was die Zusammenarbeit im gesamten Betrieb stärkt: Bei jedem Thema werden alle betroffenen Disziplinen involviert. Das hat den Vorteil, dass man alle Sichtweisen mit am Tisch hat. Im Fall der Fachgruppe Hygiene sind das zum Beispiel neben der Pflege auch der Arztdienst, die Leitung Apotheke, die Leitung Einkauf und Investition sowie die Hauswirtschaft. In den Fachgruppen Palliative Care und Ethik ist auch die Seelsorge vertreten. Die neue Fachgruppe Langzeitpflege wird von der Leiterin des Sozialdienstes, Alexandra Fürst, geführt.
Wie kam es zur zusätzlichen Fachgruppe Langzeitpflege?
Wir hatten im Auftrag der Pflegedienstleitung vor einiger Zeit einen interdisziplinären Workshop mit Arztdienst, Medizinischen Therapien, Aktivierung, Pflege und Sozialdienst organisiert. Der Hintergrund war die Entwicklung bei den Bewohnenden: Sie haben je länger je mehr meist verschiedene Diagnosen, sind multimorbid, dement und/oder delirant. Diese zunehmende Komplexität hatten wir im Workshop thematisiert und einen Umgang damit gesucht. Das Ergebnis war, dass wir die Langzeitabteilungen stärken möchten und zu diesem Zweck eine eigene Fachgruppe gegründet haben.
Wo siehst du die grösste Herausforderung in Bezug auf die Fachgruppen?
Eine wichtige Frage ist: Wie können wir sicherstellen, dass neues Wissen bei allen Mitarbeitenden ankommt? Die einzelnen Abteilungen nutzen dafür Teamsitzungen, den Rapport und Protokolle. Das Thema Fachgruppen ist ein stehendes Traktandum in den Sitzungen der Abteilungen. Damit alles transparent ist, haben zudem alle Mitarbeitenden Zugriff auf die Protokolle aus allen Fachgruppen. Eine weitere Hürde ist organisatorischer Natur: Wie gehen wir mit Abwesenheiten aufgrund von Ferien oder Krankheit um und mit Abgängen? Das sind zwei Themen, die wir laufend im Blick haben und optimieren.
Was sind für dich die grössten Vorteile der Fachgruppen?
Als Organisation profitieren wir davon, dass es ein Gefäss gibt, in dem kritische Fragen und herausfordernde Situationen mit Bewohnenden thematisiert und beantwortet werden. So lernen wir von- und miteinander. Neben dem fachlichen Aspekt tragen die Fachgruppen auch wesentlich zum Klima im Betrieb bei: Sie fördern ein Lernklima, in dem pflegerelevantes Wissen gerne weitergegeben und pflegerische Frage- und Problemstellungen offen besprochen und weiterentwickelt werden. Die Fachgruppenmitglieder bringen viel Sicherheit in die Abteilungen und sind Ansprechpersonen für ihr Fach. Nur in kritischen Situationen wird die Fachgruppenleitung einbezogen. So stärken wir Lernen, Entwicklung, interprofessionelle Zusammenarbeit und Effizienz. Das steigert erwiesenermassen nicht nur die Mitarbeitendenzufriedenheit, sondern kommt auch der Pflegequalität und somit den Bewohnenden zugute.
Würdest du das Konzept der Fachgruppen auch anderen Organisationen empfehlen?
Ich denke, jede Organisation muss die für sie passende Methode finden, um Fachwissen zu teilen und zu verankern. Für unsere Organisation mit rund 500 Mitarbeitenden sind die Fachgruppen die Best-Practice-Lösung.
Zur Förderung des Wissenstransfers in der Langzeitpflege hat das Gesundheitszentrum Entlisberg spezialisierte Fachgruppen zu elf Themen gebildet. Aus jeder Abteilung ist eine Person in der Fachgruppe vertreten und gibt das Fachwissen auf ihrer Abteilung weiter. Die Fachgruppen leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Pflegequalität, zur Lebensqualität der Bewohnenden und zur Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden.
Die Fachgruppen und Fachgruppenleitungen sind:
- Aggressionsmanagement: René Buchmann, Fachexperte Psychiatrie
- Demenz: Rahel Mauchle, Fachexpertin Demenz
- Ethik: René Buchmann und Rahel Mauchle
- Genussbotschafter*in: David Schilling, Leiter Hotellerie
- Gerontopsychiatrie: René Buchmann, Fachexperte Psychiatrie
- Hygiene: Daniela Gfeller, Pflegeexpertin
- Kinästhetik: Duska Maksimovic, Fachexpertin Kinästhetik
- Langzeitpflege: Alexandra Fürst, Leiterin Sozialdienst
- Palliative Care: Daniela Trachsler, Pflegefachfrau mit zusätzlichen Aufgaben
- Schmerz: Besa Tusi, Pflegeexpertin
- Wundmanagement: Besa Tusi, Pflegeexpertin