Im Interview mit Dr. Nicole Seipp-Isele für die Broschüre «senestory» von Senesuisse erklärt die Fachexpertin für Demenz Rahel Mauchle, wie sie individuelle Gartenerlebnisse in den Alltag der Bewohnenden im städtischen Gesundheitszentrum für das Alter Entlisberg in Zürich-Wollishofen integriert.
«Wir haben den Auftrag für Pflege und Betreuung. Im Rapport ist die Zeit im Freien deshalb immer ein Thema. Aufgrund der Betreuungsintensität ist es schwer möglich, jeden Tag mit allen Bewohnenden rauszugehen. Wir achten aber darauf, dass jede und jeder regelmässig an die frische Luft kommt», erklärt Rahel Mauchle. Im Gesundheitszentrum Entlisberg gibt es deshalb zwei fixe Tage in der Woche, an denen sich die Bewohnenden, sofern es die Witterung zulässt, im Garten treffen und an einem reich gedeckten Tisch Platz nehmen. Dort finden sich Bücher, eine Demenzpuppe oder andere beruhigende Gegenstände. Auch Getränke, etwas Süsses, Chips und frisches Obst dürfen im Rahmen einer interprofessionellen Betreuung nicht fehlen. Der Garten bietet eine niederschwellige Vielfalt. Beim Beobachten der Tiere, beim Sammeln von Pflanzen und dem Geniessen der frischen Luft werden alle Sinne aktiviert und Erinnerungen wachgerufen. Im zentral positionierten Tiergarten leben Hasen, Hühner, Hängebauchschweine und Papageien. Die Gärtnerin bringt regelmässig ihren Hund mit und in der Ergotherapie wird ebenfalls ein Therapiehund eingesetzt. Für Menschen mit Demenz kann es eine sehr berührende Erfahrung sein, ein Tier zu streicheln, da die Haptik für sie besonders emotional und verbindend wirkt.
Düfte aktivieren Emotionen
Rahel Mauchle erinnert sich an einen Spaziergang mit einer verstimmten Bewohnerin, die emotional nicht mehr erreichbar war. Sie hat daraufhin einen Zweig Pfefferminze gepflückt, ihn in der Hand gerieben und der Frau gereicht. «Ihr Gesichtsausdruck hat sich augenblicklich entspannt. Sie lächelte und begann, von ihrem eigenen Garten zu erzählen, in dem sie früher selbst Pfefferminze angebaut hatte. Ich werde diesen strahlenden Gesichtsausdruck nie vergessen. Gefühle werden nicht dement», so Rahel Mauchle. In diesem Moment wurde das limbische System im Gehirn aktiviert, das für die Speicherung von Gerüchen, Emotionen und Erinnerungen zuständig ist. Diese Sinnesstimulation wird auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität ermöglicht, unter anderem durch Aromapflege. Hierfür werden im Gesundheitszentrum Entlisberg hochwertige Aromaöle eingesetzt und in einen Diffusor oder direkt auf die Kleidung oder die Bettdecke gegeben – ganz nach dem Motto: «Was gut riecht, tut gut.»
Besserer Schlaf dank Tageslicht
Demenz bringt oft Veränderungen im Tag-Nacht-Rhythmus mit sich. Es ist erwiesen, dass durch Licht die Produktion wichtiger Schlafhormone wie Melatonin angeregt wird. Menschen, die tagsüber draussen aktiv sind, fühlen sich abends erschöpfter und können nachts besser durchschlafen – was wiederum zu mehr Wachheit und Orientierung am Tag führt.