Woraus schöpfst du Motivation und Inspiration für deinen Unterricht?
Aus meiner Bühnentätigkeit als Musikerin und Erzählerin. Für mich ist die Bühne ein magischer Ort, an dem das Unmögliche möglich wird – sowohl in den Köpfen des Publikums als auch bei uns als Performer*innen. Hier wachsen wir über uns selbst hinaus.
Ein Höhepunkt in deinem Alltag als Lehrperson?
Wenn ein junger Mensch an einem Schüler*innen-Konzert allein die Bühne betritt, am Flügel sitzt und spielt - und dabei genau das wagt, woran wir über Monate oder Jahre gearbeitet haben: Eine Welt aus Tönen zu erschaffen, eine Geschichte zu erzählen und den ganzen Saal in eine besondere Stimmung zu tauchen. Dann bekomme ich Gänsehaut.
Ich weiss, wie viel dahintersteckt. Je müheloser es wirkt, desto intensiver war die Arbeit. Dieses Engagement ist heute nicht mehr selbstverständlich. Viele Kinder und Jugendliche wachsen in einer Kultur auf, die ihnen vorgaukelt, man könne über Nacht zum Star werden und Freude einfach konsumieren. Doch echtes, tiefes Glück entsteht, wenn man etwas gibt. Das ist das Geheimnis der Hingabe. Ob du täglich eine Pflanze giesst, eine Beziehung pflegst oder ein Musikinstrument spielst: Wo du dich voll einlässt, da wächst etwas. Wenn es gelingt, diese Erfahrung im Musikunterricht zu vermitteln, ist das ein Gewinn fürs ganze Leben.
Was bedeuten Musik, Tanz und Theater für dich?
Die Bretter, die die Welt bedeuten! Die Kunst schenkt uns die unverschämte Freiheit, das ganze Leben mit all seinen Facetten auszudrücken und zu reflektieren – in konzentrierter, intensivster Form und ohne Konsequenzen. Als Erzählerin schlüpfe ich gleichermassen in die Rollen von Bösewichten und Held*innen, erlebe ihr archaisches Zusammenspiel und sehe, wie das Publikum dadurch auf tiefster menschlicher Ebene geweckt und verbunden wird.
Musik spielt bei diesem Prozess eine zentrale Rolle, indem sie Stimmungen schafft und uns emotional berührt. Die Verbindung von Wort und Musik ist für mich pure Magie. Ich bin sehr glücklich, dass ich diese beiden Ausdrucksformen in vielen Projekten verbinden kann – sei es, dass ich selbst erzähle und spiele oder als Erzählerin mit anderen Musiker*innen zusammenarbeite. Besonders freut mich, dass das in den letzten Jahren immer häufiger unter dem Dach von MKZ möglich ist.
Welches ist dein Lieblingsort in Bezug auf Musik, Tanz und Theater in Zürich?
Meine neueste Entdeckung ist die Limmat Hall - ein heller Raum mit hohen Fenstern und direktem Blick auf die lebendig fliessende Limmat.
Der Fluss ist für mich eine wunderbare Metapher für die Musik, die ich meinen Schüler*innen immer wieder ans Herz lege. Musik fliesst unaufhaltsam, wie der Fluss selbst. Ein Fehler gleicht einem Ast, der ins Wasser fällt – der Fluss lässt sich davon nicht stören, er fliesst fröhlich weiter.
Natürlich gelten beim Üben andere Regeln – da müssen die Hindernisse erkannt und beseitigt werden. Doch an einem Konzert zählt nur der «flow», der uns alle trägt – auf der Bühne und im Saal.
Welche Art von Musik hörst du am liebsten?
Tango. Wobei ich sagen muss: Ich kann Tango nicht nur hören, ich muss ihn tanzen. Als ich als junge Frau zum ersten Mal ein Stück von Piazzolla hörte, war ich völlig elektrisiert.
Meine Mutter stammt aus Argentinien, ich bin aber in der Schweiz aufgewachsen. Argentinische Folklore war ihre Heimwehmusik und die erste Musik, die ich hörte – sogar schon in ihrem Bauch. Dennoch fehlte mir lange die Verbindung zu diesem Teil meiner Herkunft. Durch den Tango fand ich später eine Brücke zu meinen Wurzeln. Es war, als hätte ein Stück meiner Seele dort auf mich gewartet...
Ich liebe die hemmungslose Expressivität dieses Volkes und seiner Musik. Wenn ich heute Tango höre und tanze, fühle ich, wie er mich ganz erfasst und ich selbst zu dieser Musik werde.
Dieses Erlebnis ist auch im Musikunterricht spürbar. Gerade in unserer zurückhaltenden Schweiz empfinde ich es als wunderbare und wichtige Aufgabe, Menschen zum Ausdruck zu ermutigen. Du kannst dein Klavierstück und dein Leben als zaghafte Bleistiftskizze anlegen. Oder du nimmst die volle Palette satter Ölfarben zur Hand und malst genussvoll die ganze Leinwand aus! Mach es gross und geniesse es – das Leben und die Musik!
- Seit 2011 an MKZ
- Lehrperson: Klavier
- Erzählerin und Moderatorin