Im Juni 2024 waren rund 200 Honigbienenstände in der Stadt Zürich registriert – davon etwa 50 in Gebieten, auf denen Wildbienen Vorrang haben. Zwar dürfen die Imker*innen ihre Stände dort noch weiterführen, solange ihre Pachtverträge laufen. Doch sobald diese auslaufen oder gekündigt werden, ist Schluss mit der Honigbienenhaltung in diesen sensiblen Zonen.
Hintergrund: Schutz der Biodiversität
Der Hintergrund dieser Regelung sind die Biodiversitätsziele der Stadt, der nationale Aktionsplan «Strategie Biodiversität Schweiz, Phase 2», sowie die «Rote Liste der Bienen». Sie verfolgen das Ziel, die Vielfalt im Siedlungsraum zu fördern und dem Insektensterben entgegenzuwirken. In Zürich entstehen darum gezielt neue Lebensräume für Insekten – etwa mit einheimischen Blütenpflanzen, die zahlreichen Arten Nahrung bieten. Neben der Honigbiene kommen mehr als 600 Wildbienenarten in der Schweiz vor – davon etwa 215 Arten in Zürich. Über die Hälfte davon ist gefährdet, so Muriel Perron vom Team Naturschutz bei Grün Stadt Zürich. « Viele Arten kommen in der Stadt nur an wenigen Standorten und in kleinen Populationen vor. Für Wildbienen sind Blütenpflanzen und Nistplätze wichtig, die wiederum nah beieinander sein müssen.» Zudem seien viele Wildbienen auf bestimmte Pflanzen spezialisiert. Forschende der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL weisen darauf hin, dass das Angebot an Blüten nicht im gleichen Tempo wächst wie die Zahl der Honigbienen. Das führt zunehmend zu Nahrungskonkurrenz.
Unterschiedliche Bedingungen für Imkerei
Die Stadt Zürich empfiehlt deshalb, die Honigbienenhaltung nicht aktiv zu fördern, um die Bestände der kleineren und oft bedrohten Wildbienen nicht zusätzlich zu schwächen. Verbote gibt es jedoch nicht: Auf privaten Grundstücken bleibt Imkerei weiterhin möglich. Auch auf landwirtschaftlichen Pachtbetrieben der Stadt ist sie erlaubt, weil sie dort zur Tradition gehört und eine Einkommensquelle darstellt. Anders sieht es in der Stadt aus, wo Imkerei häufig ein Hobby ist und erst in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen hat.
Wildbienen sind gefährdet
Wildbienen leiden nicht nur unter Konkurrenz durch Honigbienen. Viel gravierender ist der Mangel an Nistplätzen und an Blütenpflanzen. Das zeigt auch die 2023 erneuerte Rote Liste der Bienen des Bundesamts für Umwelt. Doch wenn in einer Gegend sehr viele Honigbienen unterwegs sind, verschärft sich die Situation. Honigbienen sind schneller, flexibler und können grössere Distanzen fliegen. Gerade weil viele ihrer Arten bereits abnehmen, ist es entscheidend, sie vor zusätzlichem Druck zu schützen.
Die Stadt Zürich setzt mit seinen Empfehlungen ein Zeichen für die Biodiversität. Honigbienen haben weiterhin Platz – aber nicht dort, wo Wildbienen besonderen Schutz brauchen. Damit soll ein besseres Gleichgewicht entstehen und die Vielfalt der Insekten im Stadtgebiet gesichert werden.
