Die Heckenschere gegen den Barren, den Rechen gegen das Reck und die Schutzbekleidung gegen den Sportdress – sechsmal die Woche wird aus dem Lernenden Lars Schlatter ein Profi-Kunstturner. Der 16-Jährige hat im letzten Herbst seine Lehre als Gärtner EFZ Garten- und Landschaftsbau bei Grün Stadt Zürich begonnen. Seine sportliche Laufbahn startete er bereits mit acht Jahren. Eher zufällig, wie er sagt: «Ich war schon immer gerne aktiv.» Heute turnt er dank seines Talents im U18-Nationalkader.
Dieser Drang nach Bewegung passt denn auch zu seinen beruflichen Ambitionen: «Die abwechslungsreiche und körperliche Arbeit als Gärtner entspricht mir viel mehr als ein Bürojob.» Das Ergebnis seines Schaffens direkt zu sehen – etwa beim Zurückschneiden von Hecken und Bäumen – das schätzt Lars besonders. Auch wenn er sich an das Draussen-Sein bei Wind und Wetter durchaus erst gewöhnen musste. Ebenso an den strengen Zeitplan: So stemmt Lars im Gegensatz zu anderen Lernenden nicht nur Berufsschule und Job, sondern auch das tägliche Training – jeden Nachmittag für rund vier Stunden.
Verbindung von Profisport und Lehre
Die Disziplin, die er als Sportler an den Tag legen muss, kommt Lars auch im Job zugute. «Das Verpasste im Betrieb oder in der Schule arbeite ich in meiner Freizeit auf. Bisher klappt das sehr gut.» Das bestätigt auch Ausbildungsbetreuerin Enya Ernst: «Der erste Winter in der Lehre ist immer der härteste. Umso schöner ist es zu sehen, wie hochmotiviert und fleissig Lars ist.» Für die Möglichkeit, seine anspruchsvolle Lehre mit dem Profisport verbinden zu können, ist Lars dankbar: «Ich bin froh, dass ich meine sportlichen Ambitionen weiterverfolgen und gleichzeitig meinen Wunschberuf erlernen kann – schliesslich weiss man nie, wie lange man im Sport erfolgreich ist.»
Gemeinsam an einem Strang ziehen
Ermöglicht haben ihm das Grün Stadt Zürich, der Gärtnermeisterverband des Kantons Zürich (GVKZ) und der Zürcher Turnverband in enger Kooperation. «Es ist nicht selbstverständlich, dass Lehrbetriebe, Berufs- und Sportverbände für ein solches Sondersetting zusammenarbeiten. Es braucht viel Flexibilität von allen Seiten», sagt Petra Hausch vom GVKZ, in dessen Bildungszentrum (BZG) Lars die überbetrieblichen Kurse absolviert. Auch das BZG hat für Lars ein individuelles Setting kreiert. Doch das gemeinsame Engagement lohne sich, ergänzt Enya Ernst: «Wenn wir einem jungen Talent ermöglichen, sowohl den sportlichen als auch den beruflichen Traum zu verfolgen, dann bekommen wir sehr viel Einsatz und Begeisterung zurück.»
Zwischen Trainings und Traktoren
Einen anderen sportlichen Traum verfolgt der 16-jährige Wayne Stuber: Er spielt seit zehn Jahren Eishockey, aktuell in der U17-Auswahl der GCK Lions, dem Farmteam der ZSC Lions. Parallel dazu absolviert er eine Lehre als Landmaschinenmechaniker EFZ bei Grün Stadt Zürich. Diesen Berufswunsch hatte Wayne schon früh, da er in seiner Freizeit gerne auf dem Bauernhof im heimischen Ottenbach mitgeholfen hat. «Mich fasziniert, wie abwechslungsreich der Arbeitsalltag mit den verschiedenen Maschinen ist. Mein bisheriges Highlight in der Ausbildung war, als wir gleich 16 Traktoren für den Service in der Werkstatt hatten. Da konnte ich viele coole neue Sachen lernen.»
Powerplay nicht nur im Sport
Wayne nächstes sportliches Ziel ist die U21-Top-Mannschaft. Dafür absolviert der «Junglöwe» pro Woche 9 bis 11 Trainingseinheiten auf und neben dem Eis. Wie schafft er es den intensiven Trainingsplan und die Lehre zu verbinden? «Momentan läuft es mit dem Sport und dem Lehrbetrieb super. Die Spiele finden meist am Wochenende statt und trainiert wird unter der Woche vor allem abends, daher kann ich mich tagsüber sehr gut auf die Lehre konzentrieren», so Wayne. Dass dieser trotz vollem Terminkalender mit Freude bei der Arbeit dabei ist, gefällt auch seinem Berufsbildungsverantwortlichen Alex Binggeli: «Wayne hat sich gut an die neuen Aufgaben und Tagesabläufe gewöhnt und arbeitet engagiert mit. Und nicht zuletzt sorgt er auch für positiven frischen Wind in unserem Team.»
Dank flexiblen und bedürfnisgerechten Lehrstellenangeboten sollen die Athlet*innen sich einerseits auf die Sportkarriere konzentrieren können, andererseits aber auch für einen erfolgreichen Berufseinstieg nach der Karriere gewappnet sein. Um solche Ausbildungsstätten auszeichnen zu können, hat Swiss Olympic die Vignette «Leistungssportfreundlicher Lehrbetrieb» lanciert.