Wenn du an deine Anfänge im Naturschutz zurückdenkst: Was hat dich all die Jahre angetrieben?
Während meines Biologiestudiums habe ich mich intensiv mit dem Naturschutzgebiet am Klingnauer Stausee beschäftigt. Später entdeckte ich die Möglichkeiten der damals neuen Geoinformationssysteme und erkannte schnell, wie wichtig es ist, Daten zu Flora, Fauna und Lebensräumen digital aufzubereiten – ein Schatz, von dem wir in der Stadt Zürich bis heute profitieren.
Der Naturschutz blieb jedoch stets mein Kernanliegen. Als ich 1992 die Verantwortung für Schutzgebiete übernahm, sah ich viele Möglichkeiten in diesen Gebieten Aufwertungsmassnahmen zu realisieren. Ich genoss viele Freiheiten und laufend kamen neue Themen hinzu: Inventare, Amphibien, Reptilien, Fledermäuse, Vögel, Tagfalter, Wildbienen... Die Vielfalt und Dynamik dieser Projekte haben mich bis zuletzt motiviert, immer wieder Neues anzupacken.
Welche Projekte sind dir besonders in Erinnerung geblieben?
Oh, da gibt es viele – das Igelprojekt von 1992 bleibt zum Beispiel unvergessen. Damals wusste man kaum etwas über Igel im Siedlungsraum. Wir verschickten Meldekarten an Vereine, ganz analog, und erhielten überwältigende Rückmeldungen: über 4000 bis 5000 Igel allein in Zürich. Das war unglaublich!
Ende der 1980er Jahre wurde international erkannt, dass Städte Hotspots der Biodiversität sind – das hat mich elektrisiert. Auch Zürich gehörte dazu: Das Bahnareal offenbarte die grösste Population von Mauereidechsen im Schweizer Mittelland. Daraus entstand eine Welle von Projekten – vom ersten Freiraumkonzept über Bach-, Landwirtschafts- und Naturschutzkonzepte bis hin zu Quartierplanungen und der Gründung von Naturschulen.
Ein weiteres Herzensprojekt war Bahn 2000. Das wertvolle Ruderalbiotop stand vor dem Umbau, und ich hatte grosse Sorge um seinen Erhalt. Doch gemeinsam mit der SBB entwickelten wir ein innovatives Ersatz- und Ausgleichsmodell. Ein Punktesystem motivierte Ingenieur*innen, gezielt Lebensräume für Eidechsen, Wildbienen und Sandschrecken zu schaffen. Heute breiten sich Mauereidechsen über ganz Zürich aus, weil es ihnen so gut geht. Das finde ich grossartig.
Naturschutzprojekte dauern lang. Wo war deine Geduld besonders gefordert?
Dass ein langer Atem wichtig ist, hat mir erst kürzlich die Schutzverordnung Wehrenbach gezeigt. Die Schutzverordnungen Katzenseen und Uetliberg haben sich zwar auch in die Länge gezogen, aber diejenigen vom Wehrenbach mit einer Dauer von über 35 Jahren alles getoppt. Letztendlich hat auch diese ein gutes Ende genommen.
Was war die schönste Rückmeldung, die du für deine Arbeit bekommen hast?
Es sind die vielen täglichen Begegnungen. Ein kleines oder grosses spontanes und ehrliches Dankschön für was auch immer. Für das Buch «Neue Stadtfauna» habe ich sehr viele positive Rückmeldungen bekommen. 30 Jahre Arbeit stecken dahinter und ganz viele Wegbegleiter*innen haben mitgewirkt. Dafür bin ich sehr dankbar.
Wie hat dich die Arbeit für den Naturschutz persönlich verändert?
Ich glaube, ich bin als Mensch aufmerksamer geworden, aber gleichzeitig auch etwas gelassener. Die Natur zeigt mir jeden Tag, zu was sie fähig ist. Wir müssen ihr aber auch den Platz dafür geben. Aber es betrübt mich auch, dass in der Schweiz und insbesondere in Landwirtschaftsgebieten der Natur immer weniger Platz gelassen wird.
Manchmal frage ich mich schon, was wir auf 92 km2 in der Stadt Zürich punkto Naturschutz erreichen können – aber immerhin können wir hier etwas bewegen. In der grossen weiten Welt sind andere am Drücker. Aber die leise Hoffnung bleibt, dass ein klein wenig auch wegen meiner Arbeit die Stadt Zürich zu den schönsten Städten der Welt zählt. (lacht)