Jon Fanzun, Geschäftsführer des ICT-Branchenverbandes Swico, blickt aus dem Sitzungszimmer im vierten Stock an der Lagerstrasse in Richtung Kasernenwiese. Die Verbandsbüros liegen fast genau in der Mitte zwischen dem Standort von Google und der nächsten Recycling-Werkstatt und Sammelstelle für Elektroschrott. Beide Welten sind Teil von Swico.
Der 1989 gegründete Verband vertritt die Interessen von mehr als 750 Unternehmen mit rund 56'000 Mitarbeitenden. Das Spektrum ist breit: Hardware, Software, Hosting, IT-Services, Consulting, Digitalmarketing und -kommunikation und stark digital ausgerichtete Branchen wie Heimelektronik, Foto-, Film- und Druck. Fanzun weiss, was eine erfolgreiche Interessenvertretung ausmacht: 20 Jahre lang folgte er «dem roten Faden Politik» in Bern und arbeitete unter anderem als Sondergesandter für Cybersecurity im EDA und als Generalsekretär der FDP Schweiz. Swico ist thematisch breit aufgestellt. So kann sich der Verband in viele Diskussionen glaubwürdig einbringen.
Jon Fanzun ist gebürtiger Engadiner. Er arbeitet in Zürich, wohnt aber ausserhalb: «Langnau am Albis liegt näher am Engadin», sagt er schmunzelnd. Schon in seiner Zeit in Bern verbrachte er jedes verfügbare Wochenende in den Bergen. Und wie arbeitet es sich in Zürich? «Sehr gut. Zürich hat sich stark gewandelt. Als ich die Europaallee zum ersten Mal gesehen habe, habe ich gestaunt wie ein Schulbub.» Zürich ist für die ICT-Branche ein gutes Pflaster. Das hat mit den Hochschulen zu tun – und mit Google.
Das Tech-Unternehmen kam 2004 nach Zürich und übte eine spürbare Sogwirkung auf weitere Unternehmen der ICT-Branche aus. Mittlerweile ist sie in Vollzeitäquivalente aufgerechnet auf rund 38'000 Stellen angewachsen. Nur die Branche Finanzdienstleistungen (58'000 Stellen) und Kreativwirtschaft (48'000) sind in der Stadt Zürich grösser.
Im 300 Jahre alten Elternhaus im Engadin, das Jon Fanzun hegt und pflegt, stehen viele historische Erinnerungsstücke an PTT-Zeiten. Pöstler war 107 Jahre lang Familienberuf bei den Fanzuns. Jon hingegen hat Technologie schon immer fasziniert. Dass die Stelle als Geschäftsführer bei Swico genau auf den Zeitpunkt frei wurde, als er als Generalsekretär aufhörte, bezeichnet er als glücklichen Zufall. Das war im Frühling 2024.
Die traditionell starke Rolle der Hersteller aus Heim-, Büro- und Unterhaltungselektronik bei Swico führte 1994 zum Aufbau eines schweizweiten Rücknahmesystems für Altgeräte unter dem Label Swico Recycling. Zum 30jährigen Jubiläum im letzten Jahr publizierte der Verband unter dem Titel «Von Elektroaltgeräten zur urbanen Rohstoffmine», neudeutsch «urban mining», eindrückliche Zahlen: Die Schweiz recycelt aus Altgeräten pro Jahr Eisen in der Menge von zwei Eifeltürmen, Aluminium in der Menge von fünf Airbus A380 und Gold von 14 Barren pro Jahr.
Kreislaufwirtschaft ist für die Stadt Zürich ein zentrales Thema. So will sie neben dem Recycling (Abfallverwertung) auch darauf hinwirken, dass Konsumgüter vermehrt repariert (Repair) und wiederverwendet (Re-Use) werden. «Recycling, Repair und Re-Use ergänzen sich, man sollte sie nicht gegeneinander ausspielen», sagt Jon Fanzun. Alte Laptops und Smartphones seien in der Regel acht Jahre und länger in Gebrauch, seien nicht selten schon von Familienmitglied zu Familienmitglied weitergegeben worden, bis sich die Entsorgungsfrage stelle. Oft würden die Geräte dann nicht repariert oder wiederverwendet, weil der Aufwand dafür zu gross oder die Datensicherheit nicht gewährleistet sei. Deshalb beschäftigt sich Swico neben Recycling ebenfalls intensiv mit der Wieder- oder Weiterverwendung und hat im Frühling 2024 ein Pilotprojekt mit vier Sammelpunkten für noch funktionsfähige Elektrogeräte gestartet.
Die Stadtentwicklung Zürich hat täglich mit vielen interessanten Menschen zu tun, die in Zürich etwas bewegen. In dieser Rubrik stellen wir sie unseren Leser*innen vor.