Mit Okara und Kombucha, mit Food-Upcycling und Zero-Waste-Lösungen, mit der Förderung von Tiny Farms und mit Catering für sinnhafte Veranstaltungen: Damit und mit vielem mehr wird die alte Stadtküche ein weiteres, neues Leben bekommen. Von hier aus wurden einst Mahlzeiten an unzählige Schulen, Heime, Kantinen und auch an ein Gefängnis geliefert. Noch ein paar wenige Wochen kocht «Menu and More», die Organisation, die ihre Wurzeln in der früheren Stadtküche hat, Mittagessen für Kinder und Jugendliche. Dann zieht sie weiter in grössere Räumlichkeiten in Spreitenbach. So wird das Gebäude frei für eine Zwischennutzung.
Anfang 2026 zieht DasProvisorium ein und wird die Liegenschaft für fünf Jahre nutzen. Der Verein bietet einen Treffpunkt und aktive Netzwerkarbeit an und unterstützt damit nachhaltige und innovative Projekte in der Gastronomie und Lebensmittelbranche.
Günstigen Raum fördern
Mit Zwischennutzungen wie dieser ermöglicht die Stadt experimentelle Nutzungen in den Bereichen Kultur, Soziokultur und Wirtschaft. So wurden schon einige Projekte realisiert: In den Industriehallen und im Gewerbehaus Manegg kommen Kulturschaffende und gemeinnützige Organisationen zusammen; in der Zentralwäscherei hat der gleichnamige Verein einen inklusiven Raum für Begegnungen, Kunst, Kultur, Politik und Gastronomie geschaffen und fördert Jungunternehmen; auf dem MFO-Areal sollen künftig Dienstleistung, Kultur und Wohnen miteinander einhergehen.
Die alte Stadtküche am Sihlquai zwischen Autobahnzubringer und Limmat liegt in einer bewegten Umgebung. Hier erscheint die Stadt urban mit Brücken und geschwungenen Betonaufgängen, Verkehrsflüssen in allen Richtungen und Stärken, unweit davon führen Zuggeleise mitten durch die Stadt. Da der Fluss, er bringt Frische und Stille. Hier geht es nur in eine Richtung, zum Meer.
Wenn die Stadt selbst keinen Bedarf für freiwerdende Räume hat, kommen kurz- und mittelfristige Zwischenlösungen vor das Gremium «Günstiger Raum». Zu diesem gehören die städtischen Abteilungen Stadtentwicklung, Kultur und die Raumbörse der Sozialen Dienste. Weiter sitzen Vertreter*innen der Abteilungen Liegenschaften und Immobilien Stadt Zürich im Gremium.
Aus den Portfolios dieser Abteilungen stammen typischerweise die Gebäude für eine Zwischennutzung. Je nach Eignung und baurechtlich bewilligter Nutzung einer Liegenschaft wird diese für einen spezifischen Zweck oder öffentlich über die Raumbörse Dynamo ausgeschrieben.
Am Sihlquai 340, wo Einrichtungen und Kühlräume den strikten Hygienevorschriften der Lebensmittelproduktion gerecht werden, drängt sich eine Zwischennutzung im Bereich Nahrungsmittel geradezu auf. Deshalb waren die Wirtschaftsförderung der Stadtentwicklung und die Raumbörse federführend bei der Vergabe.
Wie Roger Müller sagt, Projektleiter der Stadtentwicklung Zürich, waren für diese Zwischennutzung kreative und innovative Mietende gesucht. Er führt das Sekretariat des Gremiums «Günstiger Raum» und unterstützt die Raumbörse bei den Ausschreibungen, bei Begehungen und beim Beschaffen von Informationen für Bewerbende. Zusammen mit dem Leiter Wirtschaftsförderung, Yves Bisang, vertritt er die Stadtentwicklung offiziell im Gremium «Günstiger Raum».
Die Stadtküche wird zum Labor für Experimente
Am Sihlquai seien Partner gefragt gewesen, führt er aus, die sich auch um das Gebäudemanagement kümmern, etwa um die Heizung und die Lüftung oder darum, dass der Ölabscheider periodisch geleert wird. DasProvisorium habe unter zehn Bewerbenden das beste Konzept eingereicht.
Für DasProvisorium, heute noch in der Binz, bietet die neue Adresse Raum, sowohl um Neues aufzubauen als auch um skizzierte Ideen, erprobte Konzepte und das gemeinschaftliche Arbeiten weiterzuentwickeln. Diese Perspektiven freuen und motivieren die Institution – aber zunächst ist ein Grossumzug zu bewältigen: Büroeinrichtungen, eine Gemeinschaftsküche, Maschinen und Geräte, die heute auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern stehen, müssen verschoben werden.

DasProvisorium bildet die Trägerschaft für mehr als dreissig Unternehmen – von Ein-Person-Betrieben bis zu Firmen mit 13 Mitarbeitenden. Die Lebensmittelproduzentinnen und –entwickler, die Gastronominnen, Journalisten, Food-App-Entwicklerinnen und Caterer bilden ein Zentrum der Food-Kultur in Zürich. Viele arbeiten auf Pflanzenbasis. Eine Firma schafft aus einer Wegwerfressource von Sojaprodukten fermentierte pflanzliche Alternativen. Eine andere beschäftigt sich mit pflanzlichen Proteinen und kreiert einen Linsenaufstrich.
DasProvisorium versteht sich auch als Labor und Sprungbrett. Es ist Coworking Space, Produktionsort, Netzwerk, Gemeinschaftsküche und Eventlokal in einem. «Aber fast wichtiger noch ist der persönliche Austausch vor Ort», sagt Co-Geschäftsleiterin Daniela Fischer. Die Kommunikationsspezialistin mit einem absolvierten Stage bei Stefan Wiesner und seiner «alchemistischen Naturküche» im Entlebuch meint damit die Qualität des konkreten Orts. Hier kommt man zusammen zum Kaffee, zu Kursen, für Projekte, Sitzungen und Produktentwicklungen. «Das macht DasProvisorium zu einer bereichernden, inspirierenden Gemeinschaft, in der man sich gegenseitig unterstützt.»
Melden Sie sich für unseren Newsletter an und erfahren Sie zuerst, wenn die nächste Ausgabe live ist
Ein wichtiger Moment, der stets Begeisterung auslöse, sei der Mittagstisch, erzählt sie. Täglich kommen Mitglieder in der Gemeinschaftsküche spontan zusammen und steuern ein Gericht bei. So ergibt sich ein ungeplantes, buntes Buffet. «Wir essen immer sehr gut», meint sie. Wer noch nicht so versiert koche, lerne schnell.
Innovation besteht für sie darin, der «bisher einzigartige Ort» zu sein, wo nachhaltige Ernährung systemisch gedacht und praktisch umgesetzt werde, von der Produktion über die Verarbeitung, vom Wissen und der Wissensvermittlung bis zum Konsum. Gerade beim Austausch ergeben sich Kooperationen und Kreationen. Die Bread Crumbs etwa, eine Art «High-End-Maltesers», seien aus einem Mittagstischgespräch entstanden. Die Ingredienzen: Schoggi von Laflor, frisches Brot von gestern von der «Äss-Bar» plus eine gemeinsame Idee. Laflor ist mittlerweile ins SBB-Areal weitergezogen, um dort eine grössere Schokoladeproduktion aufzuziehen.
Ein Ort für die Stadt
Acht Jahre nach seiner Gründung kann DasProvisorium auf viel Erfahrung bauen. Am neuen Ort sollen Maschinen weiterhin gemeinschaftlich genutzt werden, um ein Co-Roasting für Kaffee und Co-Brewing für andere Getränke möglich zu machen. Neben der Gemeinschaftsküche soll neu auch eine separate Küche für die Produktion eingerichtet werden.
Bereits heute bietet DasProvisorium öffentliche Kurse und Dinner-Veranstaltungen an. Nun ist geplant, an den Events noch mehr auf Wissenstransfer und Bildung zu setzen. Diese Ausstrahlung in den öffentlichen Raum soll weiterwachsen. Die lebhafte Lage am Sihlquai verspricht dafür viel. «Wir wollen einen Ort in der Stadt schaffen», so Daniela Fischer, «wo Zusammenarbeit selbstverständlich ist und Innovation stattfinden kann.»