Besinnlichkeit in der Winterzeit – das klingt immer so, als würde das Leben plötzlich in Zeitlupe laufen. Realität? Für viele ist es eher ein Staffelrennen zwischen Arbeit, Weihnachtsfeiern, Dekokisten, Eltern- und Mitarbeitendengesprächen und To-do-Listen, die sich vermehren wie Schneeflocken im Sturm.
Natürlich hat die Winterzeit auch ihre Magie. Sobald der erste Schnee fällt, verwandelt sich selbst der mürrischste Nachbar für einen Moment in einen Romantiker – bevor er am nächsten Morgen wieder über die Schneeräumung flucht. Und irgendwo zwischen Adventskalendern und der unvermeidlichen Dauerberieselung durch Weihnachtsmusik findet man sie dann tatsächlich: diese kleine Pause im Kopf, in der man sich fragt, ob das alles nicht völlig übertrieben ist… und es gleichzeitig ein bisschen liebt.
Und dann reden alle von Achtsamkeit, als wäre sie das Zauberwort, mit dem man die letzten Wochen des Jahres mühelos übersteht. Dabei meint Achtsamkeit nicht, den Alltag perfekt zu balancieren wie ein Jongleur, der versucht, gleichzeitig sieben brennende Tannzapfen in der Luft zu halten. Es geht schlicht darum, wahrzunehmen, was gerade ist: Kinderlachen auf dem Pausenplatz, den Duft von Orangen und Kerzen, das unerwartete Lächeln einer Kollegin, das Funkeln der winterlichen Beleuchtung, das Gefühl eines warmen Pullovers. Momente, die im Trubel leicht untergehen – und genau deshalb zu kleinen Alltagsgeschenken werden. Echte Mikro-Momente, winzige Augenblicke des Luxus.
Unsere Aufgaben mögen unterschiedlich sein – im Klassenzimmer, in der Betreuung, im Hausdienst oder im Büro – doch gemeinsam sorgen wir dafür, dass unsere Schulen Orte bleiben, an denen Menschen ein- und ausatmen dürfen. Vielleicht ist Achtsamkeit in der Winterzeit gar nicht das Mehr, nach dem wir so oft greifen, sondern das Weniger: weniger Hetze, weniger Perfektionsdrang, weniger «Ich muss noch…». Stattdessen mehr Bewusstsein für das, was längst da ist.
Viele Menschen werden in dieser Jahreszeit auch nachdenklich. Kein Wunder – ein weiteres Lebensjahr geht zu Ende. Man blickt zurück und gleichzeitig nach vorn, und dabei tauchen Fragen auf wie: Was hat mich dieses Jahr wirklich bewegt? Was hat gutgetan? Was möchte ich endlich loslassen? Solche Fragen können schwer wirken, doch sie bringen auch Klarheit. Sie schärfen den Blick für das, was zählt, und öffnen Raum für Neues – ohne dass man gleich sein ganzes Leben umkrempeln muss.
Besinnlichkeit muss nicht immer sanft und weich sein. Manchmal ist sie ein trotziges Durchatmen mitten im Lärm, ein bewusstes Wegschieben aller Erwartungen, ein stilles «Nein danke» zu Dingen, die eigentlich niemand braucht. Gerade darin liegt ihre Kraft: in einer Ehrlichkeit, die sich nicht in Watte packen lässt.
Also – lassen wir uns auf diese Winterbesinnlichkeit ein. Mit Wärme, mit einem Augenzwinkern, und vielleicht auch mit ein bisschen Toleranz: gegenüber uns selbst, unserem Tempo und all den kleinen Unzulänglichkeiten, die das Leben erst menschlich machen.