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Fragen & Antworten

Lesben und Schwule, Bisexuelle, trans und inter Menschen (LGBTI) sind im Alltag und im Erwerbsleben immer wieder mit Vorurteilen und Diskriminierungen konfrontiert. In unseren Fragen und Antworten erfahren Sie, wie sich LGBTI gegen unrechtmässige Angriffe wehren können und welche gesetzlichen Bestimmungen in den verschiedenen Lebensbereichen gelten.

Antworten auf rechtliche Fragen im Zusammenhang mit sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität oder der Variation der Geschlechtsmerkmale sind auch in der Broschüre «Was gilt? LGBTI – meine Rechte» zusammengestellt.

Hate Speech

Frage

Es macht mich wütend, wenn sich Menschen, darunter auch prominente Personen, in der Öffentlichkeit herabsetzend über Schwule und Lesben äussern. Das reicht von Aussprüchen wie «Warme Brüder» über ganz deftige Beschimpfungen. Kann ich juristisch gegen solche Äusserungen vorgehen?

Antwort

Seit dem 1. Juli 2020 ist das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung in Kraft. Die seit 1994 bestehende Antirassismus-Strafnorm, die vor Diskriminierung und Hassaufrufen wegen Rasse, Ethnie und Religion schützt, wurde um das Kriterium der sexuellen Orientierung erweitert. Die Integration von intergeschlechtlichen und trans Menschen in die Strafnorm hat das Parlament auf Vorschlag des Bundesrates abgelehnt.

Seit dem 1. Juli 2020 wird bestraft, wer Menschen aufgrund der sexuellen Orientierung diskriminiert. Für die Strafbarkeit von Aussagen braucht es mehrere Voraussetzungen:

  • Die Aussage muss öffentlich sein.
  • Es muss sich um einen Aufruf handeln, und zwar um einen solchen zu Hass oder Diskriminierung. Der Aufruf muss zudem die Gruppe der Lesben, Schwulen oder Bisexuellen betreffen.
  • Es ist nur die vorsätzliche Tatbegehung strafbar. Die Person muss also die Äusserung mit der Absicht machen, die Lesbe oder den Schwulen als minderwertig hinzustellen.

Aussagen an öffentlichen Veranstaltungen oder in den Medien, wie zum Beispiel «Homosexuelle haben einen Hirnlappen verkehrt herum», «Schwulsein kann man mit Schlägen heilen» oder «Schwulsein ist eine Krankheit» dürften damit in Zukunft strafbar sein. Grundsätzlich werden die Gerichte unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall entscheiden, ob sämtliche Voraussetzungen für eine Strafbarkeit gegeben sind. Wenn zum Beispiel eine Passantin zwei Männern, die sich an der Bushaltestelle küssen, im Vorbeigehen zuruft: «Ihr Sauhünd!» kommt es unter anderem darauf an, wie viele Personen dies mitbekommen. Für die Voraussetzung der Öffentlichkeit gibt es aber keine bestimmte Mindestanzahl an Personen.

Weiter ist zu erwähnen, dass nicht nur Worte strafbar sein können, sondern auch herabwürdigende Gesten und Bewegungen. Etwa, wenn mit der Hand signalisiert wird, das Gegenüber erschiessen zu wollen. Es geht bei der Strafnorm um Wort, Schrift, Ton, Bild und Gebärden.

Strafgesetzbuch Art. 261bis

Beitrag zu Hassreden auf der Informationsplattform humanrights.ch

Migration / Aufenthaltsbewilligung / Einbürgerung

Frage

Meine Partnerin hat die thailändische Staatsbürgerschaft, ich selbst bin Schweizerin. Wir wollen uns ein gemeinsames Leben hier in der Schweiz aufbauen. Bis jetzt waren ihre Besuche immer geprägt von Visumsbeantragung und der Einhaltung von Ausreisefristen. Bekommt sie eine Aufenthaltsgenehmigung, wenn wir heiraten? Kann sie sich erleichtert einbürgern lassen?

Antwort

 Ihre Partnerin darf zwecks Heirat einreisen (Art. 30 Abs. 1 lit. b Ausländer- und Integrationsgesetz [AIG] i. V. m. Art. 31 Verordnung über Zulassung Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE]). Sie sind allerdings angehalten, die geplante Heirat auch zu «beweisen». Dazu müssen Sie eine Bestätigung des Zivilstandsamtes vorweisen, aus der hervorgeht, dass Sie die Heirat planen und diese innert nützlicher Frist erfolgen wird (BFM Weisung I.5; Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit, Ziff. 5.6.2.2.3).

Nachdem Sie geheiratet haben, erhält Ihre Partnerin eine Aufenthaltsbewilligung und nach fünf Jahren, wenn Ihre Partnerschaft weiterhin besteht, die Niederlassungsbewilligung (Art. 42 Abs. 3 AIG). 

Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG)

Weisungen und Erläuterungen Ausländerbereich AuG

Zur erleichterten Einbürgerung

Migration / Anerkennung einer ausländischen Heiratsurkunde

Frage

Meine Partnerin und ich sind vor Kurzem aus Spanien in die Schweiz gekommen, wo wir beide eine Stelle gefunden haben. In Spanien waren wir verheiratet. Was bedeutet dies für uns in der Schweiz, wo gleichgeschlechtliche Paare nicht heiraten können? Wird unsere Ehe damit nichtig?

Antwort

Nein, nichtig wird Ihre Ehe damit nicht. Sie wird in der Schweiz allerdings nicht als Ehe, sondern als eingetragene Partnerschaft anerkannt (vgl. Art 45 Abs. 3 Ziff. 3 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht). Eine Ehe einzugehen, ist in der Schweiz bislang gegengeschlechtlichen Paaren vorbehalten. Homosexuellen Paaren steht lediglich die Eintragung der Partnerschaft offen.

Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht Art 45 Abs. 3 Ziff. 3

Fremd-Outing / Verletzung des Privatlebens

Frage

Ich war mehrere Jahre mit einer Frau verheiratet. Als ich meinen jetzigen Partner kennenlernte, liessen wir uns scheiden. Meine Ex-Frau ist bis heute sehr eifersüchtig. Nun hat sie  mich in einem Mail bei meinen Eltern als bisexuell geoutet. Ich bin verletzt und wütend. Kann ich rechtlich gegen sie vorgehen?

Antwort

Sie können rechtlich gegen dieses Fremd-Outing vorgehen. In einem solchen Fall greift der zivilrechtliche Persönlichkeitsschutz (Art. 28 Zivilgesetzbuch). Sie haben die Möglichkeit, das Gericht anzurufen, um die Widerrechtlichkeit des Versendens dieser E-Mail mit persönlichem Inhalt feststellen zu lassen (Art. 28a Zivilgesetzbuch) und ggf. Genugtuung einzufordern.

Zivilgesetzbuch Art. 28

Adoption

Frage

Meine Partnerin und ich leben in eingetragener Partnerschaft. Sie hat ein Kind, das mit uns zusammenlebt. Nun möchten wir gemeinsam ein weiteres Kind adoptieren. Mein Bruder meint, wir müssen vor der Adoption unsere Partnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen. Das Kind meiner Partnerin könnte ich aber bereits jetzt adoptieren. Hat er Recht? Und haben wir hierzulande Zugang zur medizinisch unterstützen Fortpflanzung? 

Antwort

Ja, Ihr Bruder hat Recht. Als eingetragene Partnerinnen können Sie nicht gemeinsam ein Kind adoptieren. Dies ist erst dann möglich, wenn Sie verheiratet sind. Sie können aber Ihre Partnerschaft mit einer einfachen Erklärung vor dem Zivilstandsamt in eine Ehe umwandeln lassen. Ab diesem Zeitpunkt haben Sie auch Zugang zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung.

Das rechtlich anerkannte Kind Ihrer Partnerin können Sie aber bereits jetzt adoptieren (Stiefkindadoption), sofern Ihre Partnerin damit einverstanden ist und Sie seit mindestens drei Jahren im gleichen Haushalt leben. Hat das Kind einen zweiten rechtlichen Elternteil, muss auch dieser in die (Stiefkind)-adoption einwilligen. Das Gleiche gilt für das Kind, sofern es bereits die Urteilsfähigkeit erlangt hat. 

Zivilgesetzbuch Art. 264a

Dachverband Regenbogenfamilien

Auskunftsrecht / Besuchsrecht Spital

Frage

Meine Partnerin betreibt leidenschaftlich Sport. Neulich hat sich ein Teamkollege beim Biken schwer verletzt, worauf er ins Spital auf die Intensivstation eingeliefert wurde. Was wäre, wenn sie verunfallen würde? Dürfte ich als ihre Freundin zu ihr ins Spital oder ist das nur Eheleuten erlaubt?

Antwort

Falls Sie und Ihre Partnerin weder als gleichgeschlechtliches Paar eingetragen noch verheiratet sind, könnte Ihnen je nach kantonalem Recht der Zugang zum Krankenbett Ihrer Freundin verwehrt werden. Im Kanton Zürich gelten auch gleichgeschlechtliche, nicht-eingetragene Partnerinnen und Partner als «Bezugspersonen» mit Recht auf Information. Zur Sicherheit können Sie sich auch mit einer Vollmacht absichern.

Erwerbsleben

Frage

Ich bin trans und hatte vor Kurzem ein Bewerbungsgespräch: Alles lief super und man sagte mir, man würde sich bald bei mir melden und mir die definitive Entscheidung mitteilen. Als ich nach zwei Wochen nichts von der Firma gehörte hatte, rief ich an und hakte nach. Daraufhin lud man mich zu einem zweiten Gespräch ein, in dem ich gefragt wurde, ob ich trans sei. Obwohl ich die Frage unverschämt fand, habe ich sie mit ja beantwortet und legte offen, dass meine Transition bereits vor Jahren erfolgt sei. Kurz darauf erhielt ich eine schriftliche Absage für die Stelle, mit der Begründung, ich sei überqualifiziert. Muss ich mir das gefallen lassen? Aus meiner Sicht liegt der Grund für die Absage darin, dass ich trans bin.

Antwort

Die Frage nach Ihrer Geschlechtsidentität war klar unzulässig. Sie haben zwar die Möglichkeit, bei Ihrer kantonalen Schlichtungsbehörde ein Schlichtungsbegehren nach Gleichstellungsgesetz einzureichen und sich auf das Diskriminierungsverbot zu berufen (Art. 3 Abs. 2 Gleichstellungsgesetz), um auf diesem Wege eine befriedigende Einigung im Sinne einer Entschädigung zu erreichen. Eine Anstellung können Sie rechtlich jedoch nicht erwirken Es dürfte schwierig werden, zu beweisen, dass Sie aufgrund Ihrer Geschlechtsidentität nicht angestellt wurden und nicht, wie von der Firma als Grund angeführt, aufgrund Ihrer Überqualifikation.

Anstellungsdiskriminierungen müssen gemäss Gleichstellungsgesetz nachgewiesen werden. In diesen Fällen gilt die sogenannte Beweislasterleichterung nicht.

Im Jahr 2008 erzielte die Schlichtungsstelle in einem Fall von Anstellungsdiskriminierung wegen Transidentität einen Vergleich.

Vernetzen Sie sich mit Anderen und geben Sie Ihre Erfahrungen weiter, zum Beispiel bei transwelcome.ch.

Gleichstellungsgesetz Art. 3 Abs 2Gleichstellungsgesetz Art. 3 Abs 2

Asylsuchende / Ehe

Frage

Ich bin Schweizer Staatsbürger. Mein Partner ist im Asylverfahren und wartet aktuell auf einen Entscheid. Wenn wir heiraten, dürfte er dann in der Schweiz bleiben?

Antwort

Da sich Ihr Partner im Asylverfahren befindet, hat er zurzeit bereits einen zwar vorübergehenden, aber legalen Wohnsitz in der Schweiz. Dies erlaubt ihm, eine Ehe einzugehen. Dies setzt jedoch voraus, dass er über die erforderlichen Dokumente verfügt. Dazu gehören beispielsweise die Bescheinigung über den Asylstatus, der Geburtsschein, ein Ehefähigkeitszeugnis und der Personenstandausweis. Je nachdem, aus welchem Land Ihr Partner stammt, wird möglicherweise zusätzlich eine Überprüfung der Dokumente im Heimatland angeordnet.

Planen Sie für diesen Prozess in jedem Fall genügend Zeit ein, und lassen Sie sich von einer Organisation, die Erfahrung in diesem Gebiet hat, beraten (z.B. Migraweb). Sobald Sie heiraten, kann Ihr Partner das Gesuch um die Aufenthaltsbewilligung stellen, da er mit der Eheschliessung einen Anspruch auf Erteilung einer ausländerrechtlichen Aufenthaltsbewilligung erworben hat (Art. 14 Abs. 1 Asylgesetz i.V.m. Art. 42 Ausländer- und Integrationsgesetz [AIG]).

Migraweb

Asylgesetz Art. 14, Abs. 1

Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG)

Mehrfachdiskriminierung am Arbeitsplatz

Frage

Ich bin lesbisch und im Beratungsbereich tätig. Meine Partnerin und ich werden in Kürze Familienzuwachs bekommen, und ich möchte mein Pensum nach meinem Mutterschaftsurlaub von 100 Prozent auf 60 reduzieren. Mein Arbeitgeber meint, dies sei angesichts der aktuellen Auftragslage nicht möglich. Vor Kurzem habe ich zudem erfahren, dass ich als lesbische Frau nicht in den Vorstand unseres Berufsverbandes gewählt wurde. Bei einem Mann hingegen hätte die sexuelle Orientierung keine Rolle gespielt. (Ein Kollege eröffnete mir dies hinter vorgehaltener Hand; die offizielle Begründung war eine andere). Ich will mir diese Ungleichbehandlungen nicht länger gefallen lassen: Was kann ich tun?

Antwort

Was die Vorstandswahl angeht: Suchen Sie nach Möglichkeit das Gespräch mit Ihrem Berufsverband. Thematisieren Sie mit den Verantwortlichen, dass Sie von einer Diskriminierung aufgrund Ihres Geschlechts und Ihrer sexuellen Orientierung ausgehen. Dadurch lassen sich möglicherweise allfällige Vorurteile ausräumen. Vor Gericht müssen Sie mindestens glaubhaft machen können, dass für die Nicht-Wahl tatsächlich Ihr Geschlecht und Ihre sexuelle Orientierung ausschlaggebend waren und nicht andere, nicht-diskriminierungsrelevante Gründe (vgl. Art. 3 in Verbindung mit Art. 6 Gleichstellungsgesetz). Insbesondere die Aussage, dass ein homosexueller Mann gewählt worden wäre, müssen Sie glaubhaft machen können. Das Bundesgericht hat in seinem Urteil 8C_594/2018vom 5. April 2019 (als BGE 145 II 153 publiziert) festgehalten, dass Homosexualität zwar vom Verbot der direkten Diskriminierung im Gleichstellungsgesetz nicht erfasst wird. Von der indirekten Diskriminierung hingegen schon. Indirekte Diskriminierung liegt vor, wenn ausschliesslich oder der überwiegende Teil von Personen des einen Geschlechts oder homosexuelle Personen diskriminiert werden. Wenden Sie sich zunächst an die kantonale Schlichtungsbehörde nach Gleichstellungsgesetz. Sie wird Ihnen, wenn es zu keiner Einigung kommt, die Klagebewilligung für ein Weiterziehen des Falles ans Zivilgericht ausstellen.

Was die Reduktion Ihres Pensums anbelangt, ist der Arbeitgeber tatsächlich nicht dazu verpflichtet, Ihnen dies nach der Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub zu ermöglichen. Einen rechtlichen Anspruch auf Teilzeitarbeit gibt es in der Schweiz nicht.

Gleichstellungsgesetz

BGE 145 II 153

Ausländerinnen/Ausländer, Namensänderung

Frage

Ich bin Ausländerin, trans und seit mehreren Jahren in der Schweiz wohnhaft. Kann ich meine Namensänderung auch in der Schweiz beantragen?

Antwort

Ja, wenn Sie Ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, können Sie Ihr Gesuch bei der kantonalen Verwaltung einreichen. Klären Sie allerdings vorher ab, ob Ihr Heimatstaat die Änderung anerkennt bzw. ob er bestimmte Bedingungen an eine Anerkennung stellt. Ansonsten kann es passieren, dass Ihr Vorname auf den von den Schweizer Behörden ausgestellten amtlichen Dokumenten angepasst wird, in Ihrem Pass aber weiterhin der alte Name steht. In manchen Fällen ist es einfacher resp. sinnvoller, das Gesuch im Herkunftsland selbst zu stellen, weil das Verfahren unkomplizierter und kostengünstiger ist. Klären Sie dies vorgängig ab. Transgender Network Switzerland bietet kompetente Rechtsberatung in Fragen des Schweizerischen Rechts an.

Transgender Network Switzerland

Kosten Krankenkasse geschlechtsangleichende Operationen

Frage

Welches sind die Bedingungen für die Übernahme der Kosten durch meine Krankenkasse, wenn ich mich für eine körperliche Angleichung entscheide?

Antwort

Wenn Sie die medizinischen Angleichungsmassnahmen hier in der Schweiz durchführen lassen, muss eine Psychiaterin oder ein Psychologe bestätigen, dass Sie trans sind, und dass die entsprechende Angleichungsmassnahme medizinisch indiziert und zudem die kostengünstigste ist. Dann übernimmt die Krankenkasse in der Regel die Kosten. Es passiert jedoch immer wieder, dass die Krankenkasse das Gesuch erstmal ablehnt. In solchen Fällen lohnt es sich, Hilfe bei einem Psychiater und/oder bei einer Anwältin zu suchen und Einwand zu erheben. Was die Kostenübernahme einer im Ausland vorgenommenen körperlichen Angleichung betrifft, hat das Bundesgericht in seinem Urteil vom 27. Mai 2019 entschieden, dass die Swica Krankenkasse sich ohne ausreichende Abklärungen geweigert hat, die Kosten einer in Deutschland vorgenommenen körperlichen Angleichung zu übernehmen. Die Krankenkasse muss eine Kostenübernahme nochmals prüfen (Urteil 9C_264/2018).

BGE 145 V 170

ICD10 – Pathologisierung Trans

Frage

Ich hatte vor Kurzem eine angeregte Diskussion mit einem befreundeten Psychologen. Er meinte, dass trans auch heute noch als Persönlichkeitsstörung gilt. Stimmt das?

Antwort

Die «International Classification of Diseases» (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Trans tatsächlich auch heute noch als «psychische Erkrankung und Verhaltensstörung». Im ICD-10 finden sich verschiedene Diagnosen; sie alle klassifizieren Transmenschen als psychisch krank.

Erfreulicherweise ist jedoch ein Umdenken bezüglich dieser stigmatisierenden Kategorisierung im Gang. In der nächsten Version der ICD gelten Trans-Diagnosen nicht mehr als Störungen. Die neue ICD gilt ab 2022. Dänemark hat zudem auf nationaler Ebene bereits eine Entpathologisierung umgesetzt. Es führt den Begriff «transgender» per 1.1.2017 nicht mehr als psychische Erkrankung auf. Frankreich hat diese Entscheidung als erstes Europäisches Land bereits 2009 getroffen.

Trans ist eine absolut gesunde Normvariante. Dies wird so auch in den Schweizer Beratungs- und Behandlungsempfehlungen bei trans Personen festgehalten.

ICD-10

Beratungs- und Behandlungsempfehlungen bei trans Personen

Ehe / Partnerschaft

Frage

Meine Freundin und ich (w) haben vor vier Jahren unsere Partnerschaft eintragen lassen. Können wir sie nun in eine Ehe umwandeln oder müssen wir erneut heiraten? Und welcher Güterstand gilt dann? 

Antwort

Sie können Ihre Partnerschaft jederzeit in eine Ehe umwandeln lassen. Dazu müssen Sie persönlich auf dem Zivilstandsamt eine einfache Erklärung unterzeichnen. Wenn Sie dies wünschen, kann die Unterzeichnung in Anwesenheit von Trauzeuginnen und –zeugen im Trauungslokal stattfinden. Eine erneute zeremonielle Heirat ist jedoch nicht erforderlich.  

Sofern Sie davor nichts anderes vereinbart haben (Vermögens- oder Ehevertrag) gilt ab diesem Zeitpunkt der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung (und nicht der der Gütertrennung). 

Frage

Mein Freund und ich (cis Mann) sind seit 10 Jahren ein Paar. Er ist trans und hat sich entschieden, den Eintrag seines amtlichen Geschlechts auf "männlich" anzupassen. Wir möchten uns rechtlich absichern und unsere Partnerschaft eintragen lassen, jedoch nicht heiraten. Wie sieht die rechtliche Situation aus?

Antwort

Seit der Einführung der "Ehe für alle" und dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen (1. Juli 2022) ist die Eintragung neuer Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare nicht mehr möglich. Es besteht nur noch die Möglichkeit, eine Ehe einzugehen und zwar sowohl für gleich- als auch für gemischtgeschlechtliche Paare. Die vor diesem Datum eingetragenen Partnerschaften der gleichgeschlechtlichen Paare bleiben jedoch (bis zu ihrer Auflösung durch Gerichtsurteil oder Tod eines Partners) erhalten und werden nicht automatisch in eine Ehe umgewandelt. 

Frage

Wenn meine Partnerin (wir haben uns im Jahr 2020 eintragen lassen) versterben sollte, was passiert dann mit mir? Bin ich dann vor dem Gesetz «Witwe»? Stünde ich besser da, wenn wir verheiratet wären? 

Antwort

Laut Art. 13a Abs. 2 des Bundesgesetzes über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrrechts (ATSG) werden sowohl die eingetragenen Partnerinnen als auch die eingetragenen Partner dem Wittwer gleichgestellt. Dies führt dazu, dass Sie als Witwe eine Witwerrente erhalten würden und zwar nur solange sie minderjährige Kinder haben.

Alle bereits eingetragenen Paare haben aber seit 1. Juli 2022 die Möglichkeit, ihre Partnerschaft in eine Ehe umzuwandeln. Machen Sie und Ihre Partnerin als lesbisches Paar davon Gebrauch, hätten Sie beim Hinschied Ihrer Partnerin - wie alle verheirateten Frauen - Anspruch auf eine Witwenrente, wenn Sie zum Zeitpunkt ihres Todes über 45 Jahre alt sind.

Bei dieser Sachlage ist demzufolge die Umwandlung der Partnerschaft in eine Ehe für lesbische Paare vorteilhaft. Bei schwulen Paaren führt die Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe zu keiner Veränderung, da sie weiterhin nur eine Witwerrente erhalten würden.  

Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts Art. 13a, Abs. 2

Jugendliche / Schule

Frage

Meine Tochter lebt seit bald einem Jahr mit ihrem selbstgewählten neuen Namen. Ihre Kolleginnen und Kollegen haben nach anfänglicher Verunsicherung kein Problem damit, dass sie trans ist und sprechen sie mit dem von ihr gewünschten Namen und Pronomen an. Wie viele Mädchen dieses Alters benutzt sie gerne Make-Up. Ihr Klassenlehrer hat sie bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass er «dieses Verhalten» nicht länger dulden wird. Nun droht er uns mit Schulausschluss, wenn sie nicht wieder «als Junge» zur Schule kommt. Ist das zulässig?

Antwort

Laut Bundesgericht darf der vorübergehende Schulausschluss nur dann ausgesprochen werden, wenn die Schulordnung durch den betroffenen Schüler oder die betroffene Schülerin so stark gestört ist, dass die anderen Schülerinnen und Schüler nicht mehr beschult werden können (vgl. die Urteile des Bundesgerichts BGE 129 I 35 und BGE 129 I 12). Allein die Tatsache, dass Ihre Tochter sich entsprechend ihrer Geschlechtsidentität kleidet und schminkt, wird die Schulordnung kaum derart beinträchtigen. Aus diesem Grund und vor allem weil Ihre Tochter einen Anspruch auf eine grundlegende Ausbildung hat (Art. 19 Bundes-verfassung; vgl. ausserdem § 3 des Volksschulgesetzes des Kantons Zürich) und ein Recht auf Schutz vor Diskriminierung (Art. 8 Bundesverfassung), ist ein Schulausschluss rechtswidrig. Auch darf Ihre Tochter, ebenso wie ihre Klassenkameradinnen, in der Schule Make-up tragen. Ansonsten würde Sie als trans Mädchen diskriminiert. Ein Schulausschluss kann zudem weder von einer Lehrperson noch von der Schulleitung ausgesprochen werden: Einzig die Schulpflege ist befähigt, eine solch schwere Disziplinarmassnahme anzuordnen (vgl. § 52 des Volksschulgesetzes des Kanton Zürich).

Transgender Network Switzerland organisiert sogenannte Angehörigen-Treffen, an denen Sie teilnehmen und sich mit anderen Eltern austauschen können. Wenn das für Ihre Tochter und Sie als Eltern in Frage kommt, wäre ausserdem auch eine Änderung von Name und amtlichem Geschlecht möglich. Dies steht auch Minderjährigen offen. Suchen Sie zudem das Gespräch mit der Lehrperson, wenn Sie sich haben beraten lassen und gestärkt in das Gespräch gehen können.

Bundesverfassung

Volksschulgesetz Kanton Zürich

Transgender Network Switzerland

BGE 129 I 35 - St. Galler Schulausschluss

BGE 129 I 12 - Schulausschluss Kt. Bern

Änderung von Name und amtlichem Geschlecht

Frage

Was ist der Unterschied zwischen einer Vornamensänderung und einer Änderung des amtlichen Geschlechts? Manche meiner trans Freundinnen und Freunde lassen beides auf einmal ändern, andere nur den Vornamen.

Antwort

Bei der Vornamensänderung wird nur Ihr Vorname offiziell geändert, bei der Änderung des amtlichen Geschlechts Ihr amtlicher Geschlechtseintrag, allenfalls auch der Vorname. Für eine trans Frau wird im Pass ein «F», für einen trans Mann ein «M» eingetragen.

Grundsätzlich können Sie sich bereits vor einer offiziellen Änderung Ihres Vornamens oder Geschlechtseintrags alle nicht-amtlichen Dokumente ( Mitgliederausweis, Bankkonten, Mietvertrag, etc.) auf Ihren neuen Namen ausstellen lassen. In den amtlichen Dokumenten (Fahrausweis, Pass, ID, etc.) werden der Vorname und der Geschlechtseintrag jedoch erst nach einer offiziellen Änderung angepasst.

Für die amtliche Namensänderung muss ein Gesuch bei der Verwaltung des Wohnsitzkantons eingereicht werden, wie zum Beispiel im Kanton Zürich beim kantonalen Gemeindeamt. Für die Änderung des amtlichen Geschlechts kann beim Zivilstandsamt des Wohnorts (zum Beispiel in der Stadt Zürich) eine entsprechende Erklärung abgegeben werden. 

Manchen trans Menschen genügt es, den Vornamen anzupassen; andere trans Menschen möchten, dass auch der offizielle Geschlechtseintrag mit ihrer Geschlechtsidentität übereinstimmt. Wenn Sie noch unsicher sind, welchen Weg Sie wählen möchten, steht Ihnen die kostenlose Rechtsberatung des Transgender Network Switzerland offen.

Transgender Network Switzerland

Binäre Geschlechtskategorisierung

Frage

Ich wurde mit Varianten der Geschlechtsentwicklung geboren und bekam in Kleinkindalter durch mehrere Operationen ein «eindeutiges» Geschlecht zwangsverordnet. Ich möchte in meinen amtlichen Dokumenten jedoch weder als Frau noch als Mann registriert sein. Einer meiner Bekannten, die trans ist, geht es genauso. Welche Eintragungen sind in der Schweiz möglich?

Antwort

Leider ist es in der Schweiz (noch) nicht möglich, einen geschlechtsneutralen oder gar keinen Geschlechtseintrag zu führen. Jeder Mensch hierzulande ist gezwungen, entweder als «männlich» oder «weiblich» registriert zu sein. Ende 2017 wurden im Nationalrat zwei Postulate eingereicht. Sie fordern vom Bundesrat unter anderem, dass er Möglichkeiten zur Einführung eines dritten Geschlechts respektive zur Abschaffung des Geschlechtseintrags im Personenstandsrecht prüft und damit möglicherweise verbundene Schwierigkeiten. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Postulate, die Abstimmung in den eidgenössischen Räten ist noch ausstehend.

Im März 2021 entschied das Obergericht des Kantons Aargau, dass ein im Ausland gestrichener Geschlechtseintrag in der Schweiz anerkannt und die nicht-binäre Geschlechtsidentität in einem Schweizer Register entsprechend eingetragen werden muss. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; das Bundesgericht wird in den nächsten Monaten definitiv darüber befinden. 

Postulat 17.4121 «Drittes Geschlecht im Personenstandsregister»

Postulat 17.4185 «Einführung einer dritten Geschlechtsidentität. Folgen für die Rechtsordnung und für Infostar»

Menschenrechtliche Situation von intergeschlechtlichen Menschen

Frage

Ich habe vor Kurzem einen Bericht über Menschen mit Geschlechtsvarianz im Fernsehen gesehen und war schockiert, dass diese in der Schweiz noch immer und oftmals direkt nach der Geburt operiert werden. Wie ist dies in einem Land wie der Schweiz möglich?

Antwort

Die Situation von Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung wird erst seit wenigen Jahren in der Öffentlichkeit diskutiert. Die Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin hat sich 2012 mit dem Thema Intergeschlechtlichkeit beschäftigt. Sie hielt fest, dass die «Achtung der körperlichen und psychischen Integrität der Person und das Recht auf Selbstbestimmung» auch im Kontext von Intergeschlechtlichkeit (inter) höchste Priorität geniessen müssen. Damit sollen Eingriffe, die medizinisch für die körperliche Gesundheit des Kindes nicht dringend notwendig sind, verunmöglicht werden.

Im Februar 2015 ermahnte der UNO-Kinderrechtsausschuss die Schweiz, an intergeschlechtlich geborenen Kindern unnötig durchgeführte medizinische Eingriffe zu verbieten und betroffene Eltern zu beraten und unterstützen. Dies forderte im August 2015 auch der UNO-Ausschuss gegen Folter. Im Juli 2016 bestätigte der Bundesrat die Empfehlungen der Nationalen Ethikkommission grösstenteils und hielt bezüglich geschlechtszuweisender Operationen fest, dass «wenn immer möglich mit irreversiblen Behandlungen zugewartet werden [muss], bis das Kind alt genug ist, um selbst darüber [zu] entscheiden».

Interpellation 16.3148 Liliane Maury Pasquier

Medienmitteilung des Bundesrates vom 06.07.2016

Geschlechtseintrag Geburtsurkunde

Frage

In meinem Bekanntenkreis wurde vor einigen Jahren ein Baby mit uneindeutigen äusseren Geschlechtsmerkmalen geboren. Ich bin im 7. Monat schwanger und frage mich, wie ich entscheiden würde, käme unser Kind als nicht «eindeutig weiblich oder männlich» zur Welt. Wenn ich es richtig verstehe, muss das Geschlecht innerhalb weniger Tage nach der Geburt festgelegt werden. Wäre es nicht möglich, zu warten, bis das Kind selbst entscheiden kann, ob es Junge, Mädchen oder keines von Beidem ist?

Antwort

Dies wäre in der Tat eine mögliche Lösung. Vertreterinnen und Vertreter verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen haben dies bereits so gefordert. De facto ist es nach Schweizerischem Recht im Moment allerdings so, dass ein Kind innert drei Tagen dem zuständigen Zivilstandsamt gemeldet werden muss. Im Personenstandsregister wird das Neugeborene dann mit Namen und Geschlecht erfasst. Die Möglichkeit, ein Baby weder als «männlich» noch «weiblich» oder als «vorläufig männlich» bzw. «vorläufig weiblich» zu erfassen, besteht nicht (vgl. Art. 8 lit. c und lit. d und Art. 35 Abs 1 der Zivilstandsverordnung).  

Eine der vom Bundesrat im Juli 2016 grösstenteils bestätigten Empfehlungen der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin von 2012 sieht eine vereinfachte Änderung des zivilrechtlichen Geschlechtseintrags bei Kindern mit uneindeutigen äusseren Geschlechtsmerkmalen vor. Diese vereinfachte Änderung des zivilrechtlichen Geschlechtseintrags wird bereits seit 2014 angewendet. Sie räumt den Eltern der betroffenen Kindern mehr Zeit ein.

Vereinfachte Änderung des zivilrechtlichen Geschlechtseintrags

Medienmitteilung des Bundesrates vom 06.07.2016

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