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Wer soll das Geld für die Familie verdienen?

23. Juli 2015 - Klemens Rosin, Shelley Berlowitz

Gemäss dem bürgerlich-traditionellen Rollenbild, das aus dem 19. Jahrhundert stammt, gehen Männer ausser Haus einem Beruf nach und verdienen das Geld für den Lebensunterhalt der Familie, während sich Frauen zu Hause um die Kinder kümmern. Wie stark prägt diese traditionelle Arbeitsteilung das heutige Rollenverständnis? Wie häufig kommen traditionelle respektive egalitäre Einstellungen vor? Diese Fragen können mit der thematischen Erhebung Familien und Generationen des Bundesamtes für Statistik beantwortet werden.

Frauen und Männer sollen beide Geld für den Familienunterhalt verdienen

Sieben von zehn Zürcherinnen und Zürcher sind der Meinung, dass Männer und Frauen zum Familieneinkommen beitragen sollen (Grafik 1). Die anderen finden, dass Geld verdienen eher oder eindeutig Aufgabe der Männer sei. In der Stadt Zürich gibt es beim Verdienst nur leichte Unterschiede nach Geschlecht: Frauen sind etwas häufiger egalitär eingestellt als Männer. In der gesamten Schweiz sind die Differenzen grösser: Hier haben 63 Prozent der Frauen und bloss 54 Prozent der Männer ein egalitäres Rollenbild. Zudem kommen bei beiden Geschlechtern egalitäre Rollenbilder in Zürich also anteilsmässig häufiger vor als in der gesamten Schweiz.

Grafik 1: Wer soll das Geld für den Unterhalt der Familie verdienen?

Je älter desto traditioneller das Rollenbild

Bei den Rollenbildern zum Verdienst ist eine klare Altersabhängigkeit zu beobachten: Bei älteren Menschen sind traditionelle, nicht-egalitäre Rollenbilder häufiger als bei jüngeren. Das gilt für beide Geschlechter sowohl in der Stadt Zürich als auch in der gesamten Schweiz (Grafik 2). Dabei sind die Unterschiede zwischen den 20- bis 39-Jährigen und den 40- bis 59-Jährigen relativ gering. Klar grösser sind die Differenzen zwischen den 40- bis 59-Jährigen und den 60- bis 79-Jährigen; bei letzterer Altersklasse kommen egalitäre und traditionelle Rollenbilder ungefähr gleich häufig vor.

Bei den 60- bis 79-Jährigen sind in Zürich als auch in der gesamten Schweiz die egalitären Rollenbilder bei den Frauen häufiger als bei den Männern. Bei den 20- bis 39-Jährigen sind in der Stadt Zürich kaum Unterschiede zwischen den Geschlechtern auszumachen; sowohl bei den Zürcherinnen wie auch bei den Zürchern haben knapp vier von fünf ein egalitäres Rollenbild bezüglich Verdienst.

Grafik 2: Anteile mit egalitärem Rollenbild bezüglich Verdienst. Nach Geschlecht und Altersklasse, Knöpfe zu «Stadt Zürich» und «Schweiz»

Egalitäre Rollenbilder: Wunsch und Wirklichkeit klaffen bei der Hälfte auseinander

Wie viele Personen mit egalitärer Vorstellung bezüglich Verdienst setzen dieses Rollenbild in der Realität um, das heisst leben in einer Partnerschaft, in der beide Vollzeit oder beide Teilzeit arbeiten? Um dies zu untersuchen, werden bei den 30- bis 59-jährigen gemischtgeschlechtlichen Paaren Rollenverständnis (Wunsch) und Erwerbsmodell (Wirklichkeit) verglichen.

Die Erwerbsmodelle werden in drei Kategorien eingeteilt:

  • Egalitäre Modelle: Beide arbeiten Vollzeit (21 %) oder beide arbeiten Teilzeit (8 %)
  • Traditionelle Modelle: Die Frau ist Teilzeit und der Mann Vollzeit erwerbstätig (37 %), die Frau ist nicht erwerbstätig und der Mann arbeitet Vollzeit (19 %)
  • Weitere (15 %): Beispielsweise ist die Frau Vollzeit und Mann Teilzeit erwerbstätig

Über 70 Prozent der 30- bis 59-jährigen Zürcher Paare haben beim Thema Verdienst ein egalitäres Rollenverständnis (Grafik 3); jedoch bloss ein Drittel davon hat tatsächlich ein egalitäres Erwerbsmodell umgesetzt. Und mehr als die Hälfte der eigentlich egalitär eingestellten Paare arbeiten in traditionellen Erwerbsmodellen (Frau Teilzeit und Mann Vollzeit: 36 %, Frau nicht erwerbstätig und Mann Vollzeit: 17 %). Bei über der Hälfte der Paare wird die egalitäre Einstellung also nicht umgesetzt.

Von den Paaren mit traditionellem Rollenbild haben fast zwei Drittel traditionelle Erwerbsmodelle; das heisst sie setzen ihr Rollenverständnis in der Realität um. Es ist bemerkenswert, dass von den Paaren mit traditionellem Verdienst-Rollenbild kaum eines das egalitär-familienbezogene Modell (beide arbeiten Teilzeit) gewählt hat. Offensichtlich ist bei Paaren, bei denen beide Partner Teilzeit arbeiten, oft ein egalitäres Rollenbild prägend. Fazit: Die Mehrheit (73 %) der 30- bis 59-jährigen Zürcher Paare hat ein egalitäres Rollenverständnis bezüglich Verdienst, aber eine Minderheit (30 %) ein egalitäres Erwerbmodell.

Grafik 3: Umsetzung der Verdienst-Rollenbilder beim Erwerbsmodell, 30- bis 59-Jährige

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