Zürichs Brunnen erzählen von Geschichte, Reichtum und Stabilität. Während sich gesellschaftlicher Wohlstand oft ungleich verteilt und nicht selten auf Kosten anderer realisiert wurde, stand das Brunnenwasser als Allmende allen zur Verfügung.
Brunnen zu Denkmälern
Davon zeugt die Vorrichtung des Augustinerbrunnens am Münzplatz: ein metallenes Gitter am Brunnentrog, an dem einst Bürger*innen ihre Wasserbehälter abstellen und auffüllen konnten. Bis heute erinnert die Allegorie der Mässigung am 1577 errichteten Augustinerbrunnen, bewusst mit Ressourcen umzugehen, Rücksicht zu nehmen und Verantwortung zu teilen. Das Künstler*innenkollektiv PARA bricht bewusst mit diesem Ideal: Es entnimmt das Brunnenwasser demonstrativ, reizt dessen Verfügbarkeit aus und fordert dazu auf, die scheinbare Selbstverständlichkeit von Wasser zu hinterfragen. Die Brunnenfigur der Mässigung wird vor dem Hintergrund von Klimakrise und globalen Verteilungskämpfen als Symbol für Umverteilung und Verantwortung im weltweiten Kontext weitergedacht.
Vom lokalen Erbe zu globalen Fragen der Ressourcennutzung
Mittels Performance und Installation reaktiviert PARA den Augustinerbrunnen in seiner erinnerungspolitischen Bedeutung und überführt die ursprüngliche Bedeutung in eine spekulative Zukunft. Ab dem 30. Juni 2025 künden Plakate im öffentlichen Raum eine Umverteilung an. Die fiktive Kampagne, die Teil der künstlerischen Arbeit ist, lehnt sich an die Sprache und Bildsymbolik politischer Abstimmungsplakate an. PARA nutzt ein visuelles Format, das tief im kollektiven Gedächtnis verankert ist und für demokratische Aushandlungsprozesse steht. Dadurch entsteht ein Reflexionsraum, der Umverteilung, Verantwortung und kollektive Erinnerung im öffentlichen Raum verhandelt.
Auf dem Münzplatz selbst wird die Spekulation weitergeführt: In vertrauter Ästhetik informieren Baustellenschilder über scheinbar bevorstehende Massnahmen – etwa die Umnutzung des Brunnens. Hierfür installiert das Künstler*innenkollektiv eine eigens entwickelte Abfüllanlage, um Wasser aus dem Augustinerbrunnen zu entnehmen und in handliche Behälter umzufüllen. Diese Portionen werden kostenlos der Öffentlichkeit abgegeben, mit dem Hinweis, die Umverteilung selbst in die Hand zu nehmen und möglichst viel Wasser ausser Land zu schaffen. «Reisen Sie in die USA? Dann heben sie den Pegelstand des Colorado River. Urlaub am Bodensee? Gebieten sie der Verdunstung minimal Einhalt.» Gleichzeitig ertönt aus Lautsprechern in umliegenden Brunnen eine von PARA zusammengetragene CHRONIK DER AUSTROCKNUNG - eine Soundinstallation, die das lokale Geschehen in den globalen Kontext stellt. Zürich wird zum Schauplatz eines öffentlichen Experiments, das zu Teilnahme und Reflexion über gemeinschaftliche Verantwortung in Zeiten drängender Verteilungsfragen einlädt.
Künstler*innenkollektiv PARA
Das in Deutschland ansässige Kollektiv PARA arbeitet interdisziplinär, forscht und entwickelt performative Arbeiten, häufig im öffentlichen Raum und oft ortsspezifisch. In ihren Projekten erforschen sie Phänomene der Globalisierung und stellen Politiken der Erinnerung kritisch in Frage
Erinnerungskultur als Blick nach vorn
Mit «Schmerzh» von Olivia Wiederkehr setzte die KiöR 2024 mit einem ersten Projekt Akzente. Diese Arbeit verknüpfte Duft, Erinnerung und Emotion.
Das Projekt von PARA knüpft daran an und versteht Erinnerungskultur als eine Praxis, die dazu anregt, die Gegenwart durch die Linse vergangener Erfahrungen zu hinterfragen und zu reflektieren. Damit ermöglicht sie es, unsere Verantwortung für die Zukunft zu reflektieren.
Programm und Rahmenveranstaltungen
«Zürich! Das Wasser abgraben.» Aufbau der Installation vom 30. Juni bis 9. Juli 2025 am Münzplatz.
«Zürich! Verteilt um.» Die Performance findet vom 10. bis 13. Juli 2025, jeweils von 11 bis 19 Uhr am Münzplatz statt. Weitere Informationen zum Performanceprogramm werden auf der Website kommuniziert.
«Zürich! Das Wasser reichen» Eine Begrüssungsveranstaltung mit den Künstler*innen: 10. Juli 2025, 18 Uhr, Münzplatz.
«Brunnen zu Denkmälern» Ein Gespräch mit dem Künstler*innenkollektiv und weiteren geladenen Gästen, 11. Juli 2025, 19 Uhr, ZAZ BELLERIVE – Zentrum für Architektur Zürich, Höschgasse 3, 8008 Zürich.
«Zürich! Abfüllen» Ausstellungsbeteiligung «Wasser und Zeit» mit Wasserportionen zum Abholen ab dem 10. Juli 2025 im ZAZ BELLERIVE – Zentrum für Architektur Zürich, Höschgasse 3, 8008 Zürich.
Weitere Informationen
Sara Izzo, Leiterin Fachstelle
Kunst im öffentlichen Raum (KiöR)
T +41 44 412 23 40
E-Mail sara.izzo@zuerich.ch