Seit Oktober 2021 werden rund 200 Werke der Stiftung Sammlung E. G. Bührle im Kunsthaus als Dauerleihgabe gezeigt. Im Auftrag von Stadt und Kanton Zürich und der Zürcher Kunstgesellschaft (ZKG, Trägerverein des Kunsthaus Zürich) hat der Historiker Prof. Raphael Gross die bisherige Provenienzforschung zur Sammlung überprüft. Sein im Sommer 2024 veröffentlichter Bericht kommt unter anderem zum Schluss, dass weiterer Forschungsbedarf mit Fokus auf die Klärung jüdischen Vorbesitzes besteht. Die bisher betriebene Forschung sei nicht ausreichend, um den Anforderungen des 2023 vom Gemeinderat beschlossenen Subventionsvertrags der Stadt mit der ZKG sowie der im selben Jahr neu entwickelten Strategie für die Provenienzforschung der ZKG zu entsprechen. Gestützt auf die Erkenntnisse der Überprüfung von Raphael Gross beschloss die ZKG, verschiedene Massnahmen umzusetzen. Sie hat einen Antrag auf Mitfinanzierung dieser Massnahmen an die Stadt Zürich gestellt.
Fünfjähriges Forschungsprojekt zur Provenienz der Werke
Das Kunsthaus plant ein auf fünf Jahre angelegtes Forschungsprojekt zur Provenienz der Werke der Dauerleihgabe. Es wird sämtliche Werke systematisch sichten, kategorisieren und je nach Bedarf die Provenienzforschung dazu vertiefen. Zur Qualitätssicherung sieht es mehrere Massnahmen vor:
- Begutachtung durch externe Fachpersonen: Die Forschungsberichte des Kunsthauses werden externen Fachpersonen zur Begutachtung übergeben. Ein solches «Peer Review»-Verfahren ist in der universitären Forschung gebräuchlich und stärkt die Transparenz und die methodische Integrität der Provenienzforschung.
- Einrichtung einer unabhängigen Expert*innenkommission: Als wissenschaftlicher Beirat soll sie das Kunsthaus in fachlich-ethischen Fragen beraten, die Methodik sowie die vorgeschlagene Auswahl der Fachpersonen für die externe Begutachtung prüfen und die Forschungsergebnisse unabhängig bewerten.
- Zusammenarbeit mit der Universität Zürich: Eine wissenschaftliche Kooperation ermöglicht eine fundierte Grundlagenforschung sowie einen kontinuierlichen Austausch zu Forschungsstandards und Methodik. So wird eine lokale Expertise langfristig aufgebaut und verankert.
Weiterführung der Kontextualisierung mit Einbezug externer Expert*innen
Das Kunsthaus führt zudem die historische Kontextualisierung der Präsentation der Dauerleihgabe weiter. Es wird dabei von einem unabhängigen Feedback-Panel, bestehend aus Expert*innen in verschiedenen Disziplinen, begleitet. Das Kunsthaus plant unter anderem eine Ausstellung, die die Rolle jüdischer Sammler*innen als Fördernde der Moderne thematisiert – mit ihren Biografien und Schicksalen.
Ethik und gesellschaftliche Relevanz sprechen für rasche Umsetzung
Die Werke der Dauerleihgabe der Stiftung Sammlung E. G. Bührle sind aufgrund ihrer künstlerischen Bedeutung ein wichtiges Angebot für die Besucher*innen des Kunsthauses. Ihre Provenienz und die historischen Hintergründe der Entstehung der Sammlung sind jedoch seit Jahren Gegenstand intensiver öffentlicher Debatten. Die weitere und vertiefte Auseinandersetzung mit ihrer Herkunft und Präsentation ist für den Stadtrat notwendig.
Der Stadtrat unterstützt die geplanten Massnahmen der ZKG sowohl aus erinnerungskultureller als auch aus musealer Perspektive. Sie stärken die Glaubwürdigkeit des Kunsthauses im verantwortungsvollen Umgang mit der Dauerleihgabe. Gemäss Subventionsvertrag stellt das Kunsthaus keine Werke aus, bei denen substantiierte Hinweise auf NS-verfolgungsbedingten Entzug bestehen. Die vertiefte Forschung soll als Grundlage für die entsprechende Beurteilung von Werken dienen – und in allfälligen Fällen helfen, faire und gerechte Lösungen zu finden. Dafür ist auch die geplante unabhängige Kommission für historisch belastetes Kulturerbe auf Bundesebene wichtig. Sie wird auch im Bereich von Leihgaben in öffentlich finanzierten Museen einseitig angerufen werden können. Die Stadt Zürich hatte sich im Vorfeld für diese Möglichkeit eingesetzt.
Der Stadtrat beurteilt die rasche Umsetzung der Massnahmen der ZKG als wichtig. Er beantragt dem Gemeinderat einen Beitrag der Stadt Zürich in der Höhe von 3 Millionen Franken an die erwarteten Projektkosten von insgesamt rund 5,2 Millionen Franken.
Weitere Informationen
Zum Beitrag der Stadt Zürich:
Stadtpräsidentin Corine Mauch
T +41 44 412 31 20
20. August 2025 zwischen 14.30 und 15.15 Uhr
Zu den geplanten Massnahmen des Kunsthauses:
Ann Demeester, Direktorin Kunsthaus Zürich
T +41 44 253 84 84
20. August 2025 zwischen 14.30 und 16 Uhr