«Die immer noch andauernde Wohnungsnot veranlaßt die Behörden, neuerdings mit Anträgen über die Förderung des Wohnungsbaues an die Gemeinde zu gelangen.» Mit diesen Worten wandte sich der Zürcher Stadtrat im Juli 1925 an die Öffentlichkeit. Die Situation war ernst: Für die Jahre 1925 und 1926 rechnete man mit einem Defizit von 700 Wohnungen. Um dem entgegenzuwirken, ergriff die Stadt verschiedene Massnahmen. 50 Wohnungen sollte die neu gegründete Stiftung «Wohnungsfürsorge für kinderreiche Familien der Stadt Zürich» (heute Stiftung Familienwohnungen, SFW) bereitstellen, 600 weitere durch Förderbeiträge an gemeinnützige Bauträger entstehen. Zusätzlich plante die Stadt den Bau einer eigenen Siedlung – auf städtischem Land beim künftigen Schulhaus Milchbuck.
Obwohl die Siedlung wie aus einem Guss erscheint, war ihr Entwurf ein Gemeinschaftswerk. Bereits 1916 gewann Architekt Albert Froelich den Wettbewerb für die Gesamtanlage mit Schulhaus, Spielplatz und Wohnbauten. Der Bau verzögerte sich jedoch. Als es 1925 zur Ausführung der Wohnhäuser kam, zog die Stadt zusätzlich die «im Kleinwohnungsbau erfahrenen» (Abstimmungszeitung, 5. Juli 1925) Architekten Karl Kündig und Heinrich Oetiker bei. Gemeinsam entwickelten sie das baufertige Projekt.
Die Häuser werden über unterschiedlich gestaltete Eingänge erschlossen: Hofseitig führen sie durch kleine Vorgärten, strassenseitig bleibt oft nur ein schmaler Grünstreifen. Die Wohnungen sind klar gegliedert – mit Dielen als zentrale Erschliessung und hofseitig ausgerichteten Loggien. Je nach Lage liegen Küchen und Bäder oder Wohn- und Schlafzimmer zur ruhigen Innenzone. Reliefs, Wandmalereien und Skulpturen geben jeder Häuserzeile einen eigenen Charakter. Erker und Giebel verstärken das abwechslungsreiche Erscheinungsbild.
Die 1926 erbaute und heute denkmalgeschützte Wohnsiedlung wurde zuletzt 1974 umfassend erneuert. Nach rund 50 Jahren Nutzung war 2021 eine weitere Sanierung erforderlich – insbesondere die Haustechnik entsprach nicht mehr den aktuellen Standards. Ziel des Projekts war es, den bezahlbaren Wohnraum zu bewahren und die bestehenden Mietverhältnisse fortzuführen – mehr dazu im Mieterinnenporträt.
Das Sanierungskonzept entstand in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege. Küchen und Bäder wurden vollständig erneuert, inklusive Leitungsersatz für Wasser und Strom. Auch die Oberflächen im Innern wurden sorgfältig überarbeitet und aufgefrischt. Nach aussen blieb die Siedlung weitgehend unverändert – selbst der Ersatz der Fenster beeinträchtigt den historischen Charakter kaum.
Die 96 Wohnungen verfügen über 2 bis 4 Zimmer. «Die Ausstattung der Wohnungen ist einfach, jedoch freundlich und solid» – diese Beschreibung in der Abstimmungszeitung von 1925 trifft auch heute noch zu. Die Grundrisse sind vielseitig nutzbar und familienfreundlich, mit zentralen Dielen, die als Erschliessungs- und Aufenthaltsräume dienen. Loggien orientieren sich durchgehend zum ruhigen Innenhof. Je nach Gebäude liegen entweder Wohn- und Schlafzimmer oder Küche und Bad auf der Hofseite.
Die Hauseingänge sind unterschiedlich ausgebildet: Hofseitig schaffen Vorgärten einen sanften Übergang zwischen Gemeinschafts- und Wohnraum, während dieser Aussenraum zur Strasse hin auf einen schmalen Grünstreifen reduziert ist. Teilweise verleihen holzvertäfelte Wände den Stuben eine wohnliche Atmosphäre mit traditionellem Charakter.
Auf veränderte Bedürfnisse reagiert die Siedlung mit flexiblen Lösungen: Fünf Wohnungen wurden für zehn Jahre in einen Kindergarten mit Betreuungsangebot umgewandelt – ein Beitrag zur Entlastung der benachbarten Schule Milchbuck. Ergänzt wurde die Infrastruktur durch 264 neue Veloabstellplätze, davon 134 im Aussenraum (32 gedeckt, 2 als Cargovelo-Mietstationen) sowie 130 in den Gebäuden.
Die U-förmige Wohnsiedlung umschliesst das Herzstück des «Birkenhofs»: einen öffentlich zugänglichen Parkraum. Dieser beliebte Treffpunkt besteht aus einer grossen Rasenfläche, gesäumt von Birken und Pappeln. Das südliche Ende markiert ein Brunnen von Bruno Kappeler und Anton Hünerwadel. Der Freiraum ist auf das benachbarte Schulhaus Milchbuck ausgerichtet und über eine grosszügige Treppenanlage erschlossen.
Im Rahmen der letzten Instandsetzung wich die oberirdische Heizzentrale einer gemeinschaftlich nutzbaren Spiel- und Aufenthaltsfläche. Mit einfachen gestalterischen Mitteln – Findlinge, Holzdecks und Sitzgelegenheiten – entstanden kindgerechte Zonen für Begegnung und Bewegung. Die Gartendenkmalpflege war eng in die Arbeiten im geschützten Aussenraum eingebunden.
Der «Birkenhof« ist eingebettet in ein gut erschlossenes Umfeld. Dazu gehören mehrere Kindergärten, das Schulhaus Milchbuck mit Tagesbetreuung, Sportanlagen sowie die Naherholungsgebiete Irchelpark und Zürichberg. Ein Grossverteiler liegt direkt gegenüber der Siedlung; der Schaffhauserplatz mit weiteren Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungen und dem Kreisbüro ist eine Tramstation entfernt.
Auch verkehrstechnisch bestehen gute Verbindungen. Ab der nahegelegenen Haltestelle Guggachstrasse gelangt man in rund zehn Minuten zum Hauptbahnhof, nach Oerlikon oder an den Zürichberg. Die Haltestelle Milchbuck erweitert das Angebot um zusätzliche Tram- und Busverbindungen in verschiedene Stadtteile.
Obwohl der «Birkenhof» in den 1920er-Jahren erbaut wurde, steht er in vielerlei Hinsicht für eine vorausschauende Haltung. Bei der ursprünglichen Planung wurden die bestehenden Bäume erhalten und in die Grünanlage integriert – ein früher Ausdruck eines bewussten Umgangs mit natürlichen Ressourcen, der heute wieder aktuell ist.
Auch die Raumeinteilung der Wohnungen erweist sich bis heute als funktional und effizient. Sie ermöglichen eine kompakte Nutzung: Durchschnittlich beanspruchen die Bewohnenden nur rund 31 Quadratmeter Wohnfläche – deutlich weniger als der städtische Mittelwert von knapp 40 Quadratmetern.
Seit der jüngsten Instandsetzung versorgt fossilfreie Fernwärme die Wohnungen. Zum Einsatz kamen nachhaltige Materialien mit geringem CO2-Fussabdruck und wenig grauer Energie. Neue Fenster verbessern Wärme- und Schallschutz, ohne das historische Erscheinungsbild zu verändern. 2025 wurde die Sanierung mit dem Architekturpreis des Kantons Zürich ausgezeichnet.
- Baujahr 1925–1926
- Architektur Karl Kündig, Heinrich Oetiker, Albert Froelich
- Künstlerische Fassadengestaltung Jakob Gubler, Otto Lüssi, G. Scartezzini, Oskar Weiss, Heinrich Appenzeller, Pierre Gauchat, Wilhelm Hartung, Max Tobler
- Instandsetzungen Fassaden inkl. Reliefe, Malereien, Skulpturen, zentrale Heizung und Warmwasserversorgung, Einbau neuer Küchen und erstmals von Einbaubädern, Projekt: Unirenova (1973–1974); Küchen, Bäder, Gebäudetechnik inkl. Leitungen (2021–2024, in Etappen), Projekt: Romero Schaefle Partner Architekten AG
- Raumprogramm 96 Wohnungen
- Mietzinse Kostenmiete (freitragend und subventioniert)
- Adresse Guggachstrasse 3–9, Im Birkenhof 1–7, Schaffhauserstrasse 101–111, Schlatterweg 6, Zeppelinstrasse 36, 8057 Zürich
- Es sind keine Behindertentoiletten verfügbar.