Altherrs Chromstahlplastik ist wohl eine Freiplastik, das heisst von allen Seiten zu betrachten, entfaltet ihre Wirkung aber nur in Frontalansicht. Konzipiert wurde sie für den Blick der Schwimmer und Schwimmerinnen, die durch die rückseitige Glasfront schauen. Was sich da mächtig vor ihnen aufbaut, fast die ganze Fensterfront einnehmend, ist schwer zu beschreiben in seiner Widersprüchlichkeit. Indem sie auf zwei dicken Beinen steht, die in scharfe Spitzen münden, scheint diese Plastik zu balancieren, was ihr eine unerwartete Leichtigkeit verleiht. Allein durch das Volumen sowie die harte metallene Haut wirkt sie kolossal und auch aggressiv, was nicht zuletzt an der vertikal aufragenden Spitzform liegt. Von einer einladenden Seite zeigt sich die 6 x 7,5 x 1,5 m messende Figur dagegen auch dadurch, dass man sie – mindestens theoretisch – durchschreiten kann. Altherr hat sie als eine Art Tor begriffen, die den Bau rückseitig abschliesst und gleichzeitig erweitert. Von Innen, aus der Perspektive der Badenden betrachtet, erhebt sich das stattliche, den Boden aber nur punktuell berührende Volumen gleichsam schwerelos über die Wasserfläche. Dieser Körper könnte leicht abheben. Nicht umsonst wird Altherrs Tor auch gerne mit einer Rakete verglichen.
- Kunst Jürg Altherr (1944–2018), Zürich
«Pechmarie», 1983–1985
Chrom-Nickel-Stahl gebürstet, Stahlseil, 600 x 750 x 150 cm
Foto: Bruno Helbling - Eigentümervertretung Immobilien Stadt Zürich