Menschen mit Behinderungen sind in vielfältiger Weise sportlich aktiv – und zwar im Breitensport und im Spitzensport. Allerdings ist der Sport von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft weniger sichtbar und anerkannt als der Sport von Menschen ohne Behinderungen. Das zeigt sich zum Beispiel in der geringen Berichterstattung über Sportereignisse wie die Paralympics oder die Special Olympics. Es wird aber auch dadurch deutlich, dass paralympische Athlet*innen in der Öffentlichkeit häufig nicht so bekannt sind wie olympische Athlet*innen.
Grund dafür ist ein in der Gesellschaft verankerter, defizitärer Blick auf Menschen mit Behinderungen, der sich auch im Sport zeigt. Der Sport ist geprägt von dem Idealbild eines athletischen und leistungsfähigen menschlichen Körpers. Zwar erfüllen auch viele Sportler*innen ohne Behinderungen dieses Idealbild nicht, für Menschen mit Behinderungen gilt dies jedoch in besonderer Weise. Ihnen wird zugeschrieben, weniger leistungsfähig zu sein als Menschen ohne Behinderungen und die von ihnen erbrachten sportlichen Leistungen werden nicht in gleicher Weise wertgeschätzt. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass Menschen mit Behinderungen kein oder nur wenig Interesse am Sport haben. Solche und ähnliche Klischees und Vorurteile sind behindertenfeindlich bzw. «ableistisch». Damit ist gemeint, dass Menschen, die nicht den gesellschaftlichen Vorstellungen über «normale» Körper und Fähigkeiten entsprechen, als «anders» oder «unnormal» gelten und aufgrund dessen Diskriminierung erfahren (vgl. Ableismus).
Menschen mit Behinderungen sind keine einheitliche Gruppe. Sie leben mit zum Teil sehr unterschiedlichen Formen von Behinderungen; manche mit einer sichtbaren Behinderung, manche mit einer unsichtbaren. Auch im Sport gilt es, diese «Vielfalt in der Vielfalt» anzuerkennen.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Menschen mit Behinderungen auch aufgrund anderer Merkmale zusätzlich Diskriminierungserfahrungen machen (können). Das kann zum Beispiel aufgrund ihres Geschlechts sein. So erleben es Menschen mit Behinderungen, dass sie aufgrund ihrer Behinderung nicht den gesellschaftlich gängigen Geschlechtervorstellungen entsprechen. Die Vorstellung über «normale» Männer und Frauen ist eng verbunden mit der Vorstellung eines nicht-behinderten Körpers. Der Sport wiederum ist bis heute von traditionellen Geschlechterbildern geprägt. Männer mit Behinderungen sehen sich daher häufig mit dem Vorurteil konfrontiert, nicht leistungsfähig und männlich genug zu sein. Frauen mit Behinderungen hingegen müssen ihr Frausein und ihre Weiblichkeit im Sport oft doppelt beweisen. Denn ihr Körper entspricht erstens aufgrund der Behinderung häufig nicht den gesellschaftlichen Schönheitsidealen für Frauen. Zweitens sehen sich Sportlerinnen mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht weiblich genug zu sein. Das ist vor allem so, wenn sie im Leistungssport und/oder in einer typischen Männersportart aktiv sind. Geschlecht und Behinderung und die damit verbundenen gesellschaftlichen Vorurteile und Klischees sind also miteinander verknüpft und das führt zu jeweils spezifischen Diskriminierungserfahrungen (siehe auch Sport und Geschlecht).
Ein ähnlicher Zusammenhang lässt sich in Bezug auf das Thema Armut & Prekarität feststellen. Auch in der Schweiz sind Menschen mit Behinderungen in höherem Masse von Armut betroffen als Menschen ohne Behinderungen. Das hat Auswirkungen auf die Möglichkeiten ihrer Teilhabe an Sportangeboten und kann zu sozialen Ausschlüssen führen (siehe auch Armut/Prekarität).

Im Sport engagierte Menschen, wie u. a. Kursleitende und Trainer*innen, können durch ihre Haltung und ihr Handeln Behindertenfeindlichkeit begegnen und dazu beitragen, dass immer mehr Sportangebote für Menschen mit und ohne Behinderungen zugänglich sind.
Um Behindertenfeindlichkeit im Sport zu erkennen und den Sport inklusiv gestalten zu können, ist es wichtig, dass vor allem Sportler*innen und Sportleitende ohne Behinderungen ihre Klischees und Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen im Sport hinterfragen.
- Erweitern Sie gemeinsam mit Menschen in Ihren Sportvereinen/Sportorganisationen, Ihr Wissen über Menschen mit Behinderungen und über Behindertenfeindlichkeit im Sport. Sprechen Sie offen über Klischees und Vorurteile und hinterfragen Sie die damit verbundenen Leistungs- und Körpernormen.
- Gehen Sie grundsätzlich davon aus, dass Menschen mit Behinderungen ein genauso grosses Interesse an Sport und Bewegung haben wie Menschen ohne Behinderungen.
- Machen Sie sich bewusst, dass nicht jede Behinderung sichtbar ist. Gehen Sie also davon aus, dass in jeder Sportgruppe, die Sie leiten und begleiten, auch Menschen mit Behinderungen anwesend sind.
Inklusive Sportangebote richten sich an Menschen mit und ohne Behinderung. Ein Sportangebot kann von Beginn an inklusiv geplant werden. Es kann aber auch sein, dass ein Verein ein Sportangebot inklusiv gestalten will, um z.B. der Anfrage von Eltern von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen nachzukommen.
- Entscheiden Sie gemeinsam mit Menschen in Ihrer Organisation/Verein, ob und wie ein inklusives Sportangebot (z.B. für Kinder und Jugendliche) gestaltet werden kann. Nutzen Sie Möglichkeiten, finanzielle und beratende Unterstützung zum Beispiel bei Plusport, Special Olympics oder bei J+S einzuholen (siehe wo finde ich Unterstützung)
- Klären Sie Fragen der Zugänglichkeit/Barrierefreiheit in Bezug auf die Sportstätten in denen Sie mit Ihrem Verein/Ihrer Organisation aktiv sind (Parkplätze, Umkleiden und Sanitäranlagen etc.).
Die Auseinandersetzung dem Thema Inklusion und Behindertenfeindlichkeit setzt auch einen bewussten Umgang mit Sprache voraus.
- Machen Sie sich bewusst, dass Menschen nicht an einer Behinderung «leiden». Menschen leben mit einer Behinderung und sie sind mehr als ihre Behinderung. Formulierungen wie «Menschen mit Behinderungen» stellen den Menschen in den Vordergrund.
- Der Begriff Behinderung verweist darauf, dass Menschen nicht behindert sind, sondern durch gesellschaftliche Bedingungen und Gegebenheiten behindert werden. Im Sport findet sich auch der Begriff der Beeinträchtigung. Dieser verweist auf individuelle körperliche, geistige oder psychische Einschränkungen und wird deshalb auch kritisch gesehen.
- Falls Sie in Infomaterialien oder zum Vermitteln einer Sportart Schaubilder, Fotos oder Technik-Videos einsetzen, achten Sie darauf, dass Sie Menschen mit unterschiedlichen äusserlichen Erscheinungsbildern in Aktion zeigen. Es ist wichtig, dass Vielfalt sichtbar wird (auch in Bezug auf Behinderungen, Geschlechter, Alterskategorien etc.).
Wer sportliche Aktivitäten plant und anleitet, ist im Rahmen des Kurses/Trainings dafür verantwortlich, für alle Beteiligten einen sicheren, diskriminierungsfreien Raum zu gewährleisten. Die Art und Weise, wie Kursleitende und Trainer*innen auf Grenzüberschreitungen und verletzende Äusserungen reagieren, bestimmt die Atmosphäre und die geltenden Regeln des Miteinanders.
- Kommunizieren Sie deutlich, dass Sie von den Teilnehmenden gegenseitigen Respekt und Fairness erwarten (z.B. keine sexistischen, homo-, trans- und behindertenfeindlichen, rassistischen oder sonst diskriminierende Sprüche).
- Intervenieren Sie sofort, wenn eine teilnehmende Person verbal oder nonverbal diskriminiert, beleidigt, unfair behandelt oder abgewertet wird. Weisen Sie die diskriminierend handelnde Person ruhig auf ihr Fehlverhalten hin. Wählen Sie dabei eine klare, gewaltfreie Sprache.
- Es ist wichtig, Diskriminierung auch dann zu begegnen, wenn nicht direkt von der Diskriminierung betroffene Menschen vor Ort sind. Sprüche wie «Das war aber ein schwuler Pass», «Bist du behindert?» oder «Du wirfst wie ein Mädchen» sind auch dann diskriminierend, wenn kein schwuler Sportler, kein Mensch mit einer Behinderung oder Mädchen und Frauen anwesend sind.
- Reagieren Sie, je nach Situation, vor/mit der ganzen Gruppe oder suchen Sie klärende Einzelgespräche nach dem Kurs oder Training. Dokumentieren Sie den Vorfall und melden Sie ihn, sollte die diskriminierend handelnde Person ihr Verhalten nicht ändern.
- Bemühen Sie sich, in Konfliktsituationen zwischen Teilnehmenden offen und gerecht zu vermitteln und mögliche Sanktionen mit Augenmass zu treffen. Suchen Sie gemeinsam nach Lösungen, wie eine solche Situation in Zukunft vermieden werden kann. Dies stärkt längerfristig das gegenseitige Vertrauen.