
Sumsumm summel
Ich bin die Hummel
Vorne dick und hinten auch
Habe einen runden Bauch
Zuhause bin ich in der Stadt
Fliege auf und fliege ab
Summsumm summel
Ich bin die Hummel
Erzähle, was so geht
Berichte, wie es steht.
Gestatten: Ich bin Bombus, die Erdhummel, eure Stadtführerin! Wie geht’s, wie steht’s? Ich freue mich, seid ihr hier und wollt etwas über die Natur in unserer Stadt erfahren! Ich gehöre übrigens zur Familie der Wildbienen, von denen es viele verschiedene Arten gibt – in allen Grössen und Farben.
Ich liebe die Stadt Zürich! Gut, Orte wie hier der Hauptbahnhof sind für uns Hummeln ungemütlich… Nichts zu fressen, kein Ort, wo wir unsere Nester bauen können, nur Beton, Glas und Stahl… Aber gerne führe ich euch zu den wirklich tollen Orten von Zürich – es gibt viele versteckte Nischen und lebenswerte Plätze!
Auf meiner exklusiven Stadtführung zeige ich euch viele verschiedene Lebensräume – von mir hört ihr Dinge über unsere Stadt, die nur wir Tiere erzählen können. Und dazu besuchen wir überall noch jemand, der dort lebt. Seid ihr bereit für unseren Stadtspaziergang?
Guten Tag, guten Tag, willkommen hier, mitten in der Stadt. Da hinten seht ihr das Landesmuseum. Menschen finden das interessant… Für uns Stadttiere aber viel spannender ist der Platzspitz, dieser grosse Park. Letzthin war ich mal abends hier, bei einem grossen Abendsegler zu Besuch. Das ist eine Fledermaus. Wollte wissen, wie’s so geht, wie’s so steht. Jetzt, am Tag, da schläft sie, da könnten wir nicht mir ihr sprechen… Sie wohnt hier in einem alten Baum in einer Höhle, hoch über dem Boden. Überall hier stehen wunderbare alte Bäume, und je älter sie sind, umso mehr Risse und Höhlen haben sie, in denen die Fledermäuse nisten können.! Übrigens sind alte Bäume nicht nur für die Fledermäuse ein Paradies, hier leben Grünspecht, Flechten, Pilzarten, viele Insekten und so weiter.
Ich komm also an und sag «Hallo Fledermaus, wie geht’s wie steht’s?» Etwas mürrisch war sie, weil ich sie geweckt hatte, aber nicht nur drum. Ihre Verwandten hatten umziehen müssen, ihr Baum wurde gefällt. «Es gibt», sagte sie, «einfach zu wenig alte Bäume, zu wenig Baumhöhlen! Wo sollen wir da schlafen?» Fledermäuse, muss man wissen, schlafen am Tag, nachts fliegen sie aus, um zu jagen.
Aber nicht nur fehlende Wohnungen machen den Fledermäusen Schwierigkeiten: «All das helle Licht nachts, es wird immer mehr!», klagte sie, «Schaufenster, Strassenlampen, Werbeplakate, Fassaden… alles leuchtet!» Und wenn es hell ist, muss man wissen, denken die Fledermäuse drum, es sei Tag – und dann bleiben sie in ihren Nestern und schlafen, genau umgekehrt wie bei uns. Und wenn sie länger schlafen, fliegen sie später aus und finden weniger Essen, so ist das.
Aber dann war fertig gejammert… Und wir haben uns noch etwas über die Vorzüge dieses schönen Parks unterhalten. Wie toll die Futtervielfalt hier ist, die Düfte, die Farben, die Klänge… Hört nur… das Zirpen der Heupferde in den warmen Sommernächten… wunderbar!
Und weiter gehts mit unserer Stadtführung an meine Lieblingsorte in Zürich!
Hallo Libelle, schön siehst du aus, wie du mit deinen gelben Streifen über der gelben Schwertlilie deine Flugrunden drehst!… und weg ist sie… offensichtlich gerade auf der Jagd!
Das war die Gestreifte Quelljungfer, sie lebt hier am Holderbach. Seit der freigelegt und wieder natürlicher gestaltet wurde, leben sie und ihre Vorfahren und Nachkommen gerne hier. Ungestört jagen können sie, und ihre Eier legen sie in die untiefen Stellen des Bachs, wo sie sie direkt in den Boden bohren. Stellt euch vor, die Larven haben vier bis fünf Jahre, bis sie sich fertig entwickelt haben – zum Glück hat es für sie viele Eintagsfliegen-Larven, die im Wasser leben und die sie zum Fressen gerne haben!
Lange Zeit wurden in der Stadt Zürich viele Bäche unterirdisch in Röhren verlegt. Die Menschen fanden das wohl sauber und praktisch – aber für uns Tiere ist das eine Katastrophe! Und auch manche Pflanzen können nur an Bächen und feuchten Stellen wachsen, wie die Schwertlilie oder der Blutweiderich – sein Duft zieht mich fast magisch an… – ich liebe seinen Nektar! Die Libelle kann als Erwachsene zwar auch an anderen Orten leben, aber ohne Gewässer gibt es bei ihr keine Familie!
Deshalb hat man in den letzten Jahren wieder einige Bäche an die Oberfläche geholt, wie den Holderbach hier beim Schulhaus Blumenfeld – nun verbringen die Menschen- und Libellenkinder ihre Kindheit ganz nah beieinander!
Und nun genug davon, kommt weiter, ich habe euch noch viel zu zeigen!
Schaut, ein Zug! Zum Glück sind wir nicht zu nahe, sonst muss ich nämlich immer aufpassen, dass es mich nicht wegwindet… Hier irgendwo steckt meine Freundin, die Mauereidechse! Ich möchte sie euch vorstellen. Meistens ist sie irgendwo in den Spalten zwischen den Steinen im Bahnareal…
Sie verträgt es, wenn ein Zug vorbeidonnert. Selbst mitten im Bahnschotter fühlt sie sich wohl, da ist es trocken und warm. Und noch etwas liebt sie an den Schienen: Sie kann problemlos den Geleisen entlangwandern und so auch weiter weg einen neuen Partner finden. Nicht nur für euch Menschen bildet die Eisenbahn ein Netzwerk!
Schaut euch mal um, das hier ist der Pfingstweidpark. Schon schön, nicht? Euch gefällt das Grün? Mir auch, aber besonderes bin ich begeistert, dass es hier auch Kies und sandige Stellen gibt; selbst zwischen den Betonelementen finden wir Ritzen und Nischen. «Oh, da drüben ist die Natterkopf-Mauerbiene, haaaallooo!!» Wie geht’s wie stehts? Viele meiner Wildbienen-Verwandten leben hier. Habt ihr gewusst, dass es in Zürich über 200 verschiedene Wildbienenarten gibt? Viele lieben solche Flächen wie hier am Bahngeleise und im Pfingstweidpark – ihr Menschen sagt dazu Ruderalflächen… Ruderal – das merke ich mir!
Und wir Wildbienen mögen diese Ruderalflächen besonders, weil wir im Sand nisten, in offenen Bodenstellen oder einer Mauerspalte. Und auf diesem sandigen und steinigen Untergrund, an warmen, trockenen Stellen wachsen wunderbare Pflanzen mit tollem Nektar, wirklich ein Lieblingsort von mir!
So, da sind wir also, am Sportplatz Buchlern! Unser nächster Höhepunkt in Zürich! Nein, nicht diese rennenden Menschen auf dem kurz geschnittenen Rasen… Hierher bitte: Schaut euch diese wunderbare Wildhecke an!
Darüber möchte ich Euch etwas erzählen, passt gut auf: Wildhecken bestehen aus verschiedenen Sträuchern. Wichtig ist: Sie stammen von hier – denn bei einheimischen Pflanzen gibt es für uns Tiere besonders viele feine Beeren, Blätter und Blüten. Und verschieden müssen die Sträucher sein. Grosse, kleine, manche haben Dornen, manche nicht. Vor allem blühen sie nicht alle zur gleichen Zeit, und viele tragen über lange Zeit Beeren.
Die saftigen, süssen Beeren futtert auch der Hausrotschwanz gerne. Und da ist er ja schon! Hat wieder mal keine Zeit für uns, immer in Bewegung, der Typ – entweder grad angekommen aus dem Süden, oder schon wieder im Aufbruch… Der treibt sich oft hier in den Hecken herum. Während er das Jahr über eher Insekten jagt, frisst er sich mit den Beeren im Herbst eine Fettschicht an. Die braucht er, wenn er über die Alpen in den Süden zieht.
Ja, und die Hecken dürfen auch etwas «wild» aussehen – auf keinen Fall so eckig geschnitten. Neben der Hecke sollte es auch einen Streifen mit Gräsern und Blütenpflanzen haben – dann ist es uns Tieren so richtig wohl.
Vielleicht beobachtet ihr das nächste Mal die Hecke, wenn auf dem Fussballplatz nicht viel läuft?
Schön begleitet ihr mich an diesen Ort der vielen Herrlichkeiten! Wie geht’s wie steht’s? Riecht ihr den Blumenduft? Hört ihr das Vogelgezwitscher? Und das Insektenkonzert? Diese Blütenvielfalt – seht ihr den schönen Wiesensalbei mit seiner wunderbaren blau-violetten Blüte? Sie sieht fast ein bisschen aus, wie ein offener Mund – ein Lippenblütler halt. Der herrliche Nektar ist weit unten – wenn wir beim Bild bleiben – schon fast im Rachen versteckt. Diesen Nektar können nicht alle holen, Schmetterlinge aber schon und wir Hummeln haben zum Glück auch lange Rüssel!
Auf unserer Sammeltour fliegen wir oft hin und her. Und wir bewegen uns nur auf kurzen Strecken. Da ist es ein Geschenk, wenn an einem Ort so viel zu ernten ist, wie hier auf dieser blühenden Blumenwiese. Früher gab es hier nur kurzgeschnittenen Rasen. Da hätte man glatt verhungern können… Und dann noch die gefährlichen Mähgeräte. Wenn man da ins Messer gerät – aus und vorbei…
Uiih, da sitzt ja jemand! Gut getarnt auf der Blüte der Flockenblume! Eine Krabbenspinne. Sie kann ihre Körperfarbe leicht den Blütenfarben anpassen. Darum heisst sie mit vollem Namen «Veränderliche Krabbenspinne». Und dann wartet sie auf Beute. Da gehe ich besser nicht auf Besuch – sie beisst die Insekten hinterrücks in den Nacken…
Von dieser tollen Blumenwiese profitieren alle: Die Pflanzen können sich entfalten und vermehren und bieten Nahrung für viele Insekten. Die wiederum sind Futter für andere Tiere, wie die Vögel oder Igel. Habt ihr den Igel übrigens entdeckt in seinem Versteck? Ihr könnt ihn hervorlocken…
Ja und für die menschlichen Bewohnerinnen oder Bewohner dieser Siedlung gibt es Farben, Düfte und Klänge – und erst noch ohne Rasenmäherlärm…
Willkommen im Gartenparadies! Die Vorzüge dieses Ortes muss ich euch ja wohl nicht erklären, so oft und gerne wie sich die Menschen hier aufhalten.
Allerdings muss ich euch sagen: Wir Stadttiere fühlen uns nicht in jeder Gartenparzelle gleich willkommen. Dabei wäre es eigentlich ganz einfach: Möglichst viele verschiedene Pflanzen – Blumen, Sträucher, Bäume, Gemüse, Kräuter – wachsen lassen, damit es für alle immer wieder etwas zu naschen gibt. Pflanzen, die über Jahre wachsen, und andere, die jedes Jahr gesät oder gepflanzt werden müssen. In allen Jahreszeiten etwas, das blüht. Verschiedene Sorten. Und ja: auch ein paar Ecken, die nicht so ordentlich sind, das mögen wir immer. In den abgeschnittenen Brombeerstängeln, die nicht entsorgt werden, können Wildbienen nisten. Manchmal ist es besser, wenn sich Gärtnerinnen und Gärtner auf dem Liegestuhl entspannen, statt in jeder Ecke zu putzen und jäten! – ein fauler Gärtner ist ein guter Gärtner, sagt das Sprichwort…
Wenn wir uns willkommen fühlen, nehmen wir euch Menschen ganz viel Arbeit ab! Schnecken jagen? Das besorgt die Erdkröte, wenn sie ungestört in einer geschützten Ecke leben kann. Mein Spezialgebiet ist das Bestäuben. Ich fliege von einer Blüte zur anderen – und transportiere den Pollen. Übrigens sind wir Hummeln die besten Bestäuber von Tomaten! Die Pollenkörner der Tomaten sitzen fest in Kapseln. Und weil bei uns Hummeln die Muskeln so stark vibrieren, schütteln wir den Pollen heraus. Wenn ihr also Tomaten wollt, braucht ihr auch uns Hummeln im Garten!
Aber besuchen wir doch noch diese besondere Ecke da hinter dem Haus: Den Kompost! Hier lebt die Rosenkäferlarve. Bitte entfernt sie nicht! Die Rosenkäferlarve schadet niemandem, sondern frisst abgestorbene Pflanzen und wandelt sie in Kompost um. Auch eine wichtige Mitarbeiterin!
Ihr seht: Ihr könnt euch in eurem Gartenparadies getrost in den Liegestuhl legen…
Nun sind wir auf unserem Stadtrundgang schon am Stadtrand angelangt. Hört ihr das? Es sind offenbar ganz viele an der Arbeit! Oh, und hier im Boden erst! Wenn man da reinschaut: Das ist ein Gewusel!! Fast wie in der Grossstadt da hinten in diesen Hochhäusern.
Habt ihr gewusst, dass mehr als die Hälfte aller Arten, die es auf der Welt gibt, im Boden leben? Regenwürmer, Steinläufer, Käferlarven, Springschwänze, Mäuse, aber vor allem viele mikroskopisch kleine Lebewesen! Und dann die Algen und Pilze. Und Billionen von Bakterien!! Und die alle sind ganz schön fleissig!
Da, ein Springschwanz! Und schon weggesprungen! Ihr habt ihn nicht gesehen? Kein Wunder, sie sind ja sehr klein, die Springschwänze, die grössten nur 2 Millimeter! Ob er sich gerade in Sicherheit bringen musste? Manche Springschwänze haben Sprunggabeln am Bauch und können sich regelrecht wegkatapultieren, wenn Fressfeinde in die Nähe kommen! Die Springschwänze sind wichtige Mitarbeitende auf dem Bauernhof. Wie viele andere im Boden ernähren sie sich von abgestorbenen Pflanzen. Und was machen die Bodenlebewesen mit diesen «Abfällen»? Sie wandeln sie in fruchtbare Erde, in Humus um! Genial, nicht? Ohne diese vielen Helferchen würde ja überhaupt nichts wachsen, und schon gar kein feines Gemüse, Getreide oder Obst.
Ihr wollt noch einen Moment bei den herrlichen Apfelbäumen bleiben? Nur zu!