Die kleine Bauparzelle im Umfang von 1214 m² ist bereits nach baubiologischen Kriterien sorgfältig ausgewählt worden und von Umwelteinflüssen wenig belastet. Dies im Dienst von MCS-Erkrankten, die auf geringste Chemikalienkonzentrationen sowie elektromagnetische Felder in ihrer Umgebung mit körperlichen Beschwerden bis zu chronischer Erschöpfung reagieren. Zur Ausführung gelangt das aus einem Studienauftrag unter fünf Teams im Jahr 2010 hervorgegangene Projekt von Andreas Zimmermann Architekten.
Konsequente Umsetzung des «Zwiebelschalenprinzips»
Nach Fertigstellung wird das Wohnhaus zwar materiell vorhanden sein, das Gebäudeinnere soll aber eine Luftqualität wie auf der grünen Wiese bieten. Das Ziel der Schadstoffarmut lässt sich unter anderem durch die konsequente Umsetzung des «Zwiebelschalenprinzips» erreichen: Das Treppenhaus liegt im Gebäudekern. Darum herum gruppieren sich die hochinstallierten und damit potentiell belastenden Zonen. In die aussenliegenden Ruhe- und Erholungsräume gelangt man erst nach Durchschreiten einer Schmutzschleuse. Eine weitere Besonderheit des Gebäudes liegt in der Betonarmierung. Um negative elektrobiologische Einflüsse zu minimieren, werden die Ruhe- und Erholungsräume mit Glasfaserstäben armiert.
Komplexes Auswahlverfahren für die Materialien
Bauökologisch wird Schadstoffarmut über ein komplexes Auswahlverfahren für die zum Einsatz kommenden Baustoffe gesichert. Mögliche Baumaterialien werden genau spezifiziert. Ihre chemische Zusammensetzung wird ermittelt. Anhand der Einbausituation werden die Risiken übermässiger Emissionen abgeschätzt. Anschliessend testet eine ausgewählte Gruppe Umwelterkrankter geeignete Materialmuster und prüft diese auf ihre Verträglichkeit. Bisherige Tests erbrachten teilweise überraschende Resultate: So wurden Fensterrahmen aus PVC – einem eigentlichen baubiologischen «Unmaterial» – von MCS-Betroffenen deutlich besser bewertet als Putze aus Lehm.
Bauprozess im Dienst der Schadstoffarmut
Schadstoffarmut beeinflusst auch den Bauprozess auf der Baustelle selber. Bei der Montage kommen möglichst keine Chemikalien zum Einsatz. Auf der Baustelle gilt Rauchverbot. Montageschäume und Spraydosen dürfen nicht eingesetzt werden. Eigens wurden Auflagen zum «MCS-gerechten Bauen» erarbeitet. Die Beschäftigten auf der Baustelle werden geschult und auf die besonderen Montagevorschriften hingewiesen.
Finanzierung
Der Bau dieser 15 Spezialwohnungen kostet voraussichtlich 5,95 Millionen Franken. Darin eingeschlossen sind Mehrkosten von 20 bis 25 Prozent aufgrund der speziellen Anforderungen dieses Pilotprojekts. 80 Prozent der Wohnungen werden mit Mitteln der Wohnbauförderung vergünstigt, da viele der Betroffenen kein grosses Einkommen haben. Eine kleine 2-Zimmer-Wohnung (56 m²) wird rund 1050 Franken kosten. Zu bescheideneren Mietzinsen tragen die Finanzierungshilfen bei (günstiges Baurecht, Fonds de Roulement des Bundes, Darlehen der Wohnbauförderung, Hypothek der Pensionskasse Stadt Zürich). Hinzu kommt die Hilfe verschiedener Genossenschaften, die solidarisch anstelle von Banken zinsgünstige Darlehen gewähren. Dank dieser breiten Unterstützung erhält erstmals ein grösserer Kreis von MCS-Umwelterkrankten Wohnraum. Damit die angestrebten Mieten erreicht und die Voraussetzungen der Wohnbauförderung eingehalten werden können, müssen noch rund 250 000 Franken durch Spenden finanziert werden. Anfragen an Stiftungen und weitere Organisationen sind pendent.
Wissenschaftliche Projektauswertung
Unter Leitung des Bundesamts für Wohnungswesen BWO wird eine wissenschaftliche Projektauswertung durchgeführt. Stadt, Bund und Genossenschaften erwarten vertiefte Erkenntnisse über schadstoffarmes Bauen.