Zürich 1799 – Eine Stadt erlebt den Krieg
Der Tod eines Mannes in Zürich, der eine russische Uniform trug, führt uns ins Jahr 1799, als in der Stadt Krieg geführt wurde. 90'000 kämpfende Soldaten aus Frankreich, Österreich und Russland waren Zürich stationiert und zogen die Bevölkerung in Mitleidenschaft.
Der Soldat aus dem Massengrab
1976 stiess man beim Bau einer Transformatorenstation an der Wasserwerkstrasse auf ein Massengrab. Mindestens neun Menschen – alles Männer – waren dort bestattet worden. Uniformknöpfe im Brustbereich und entlang der Unterschenkel stammten von russischen Uniformen. Alle hatten Schussverletzungen oder Verletzungen durch scharfe oder stumpfe Gewalt.
Ein Skelett gehörte einem Mann, der im Alter von 28 bis 30 Jahren starb. Spuren körperlicher Belastung und Zahnerkrankungen verweisen auf ein Leben unter harten Bedingungen. Der Soldat in russischer Uniform wurde mehrfach verletzt. Eine Kugel traf ihn aus grösserer Entfernung am linken Schienbein. Eine zweite Kugel durchschlug den linken Unterschenkel. Die fehlenden Gamaschenknöpfe beim verletzten Bein zeigen, dass jemand seine Gamasche entfernt und ihn vielleicht verarztet hat. Ein Kopfschuss aus nächster Nähe setzte seinem Leben ein Ende.
Zwei Schlachten bei Zürich im Jahre 1799
Frankreich hatte 1797/98 die Schweiz besetzt und die Helvetische Republik ausgerufen. Im Frühjahr 1799 brachen die Franzosen in Europa den zweiten Koalitionskrieg vom Zaun. Die Koalitionspartner – in diesem Fall die Österreicher, später ersetzt durch russische Truppen – starteten im Juni 1799 einen Angriff auf Zürich und vertrieben die Franzosen aus ihrem strategischen Verteidigungsort (Erste Schlacht von Zürich).
Der Erfolg war von kurzer Dauer. Bereits im September kam es zu einer zerstörerischen Rückeroberung durch die Franzosen, bei der die Russen die Stadt fluchtartig verlassen mussten (Zweite Schlacht von Zürich). «Bei dem Stampfenbacher-Weg um 12 Uhr kamen die Franken, machten grosse Beute. Dragoner fischten den Russen viele Pferde weg. Viele Franken waren betrunken und begingen Excesse. [...] Ach viele Gefangene! O wie viele Todte lagen in Unterstrass.» (Obmann Köchli, 26. September 1799).
Der russische Soldat aus dem Massengrab kam bei der Zweiten Schlacht von Zürich 1799 ums Leben.
Besetzte Stadt
Die Besetzung der Stadt durch fremde Soldaten war in vieler Hinsicht eine Belastung für die Einwohner. Wiederholt wurden Geld, Nahrungsmittel, Arbeitsleistungen und Materialien eingefordert. Brot- und Weinrationen für die Truppen mussten bereitgestellt werden. Jeder noch so bescheidene Haushalt hatte in dieser Zeit fast immer mindestens einen fremden Soldaten zu verköstigen und zu beherbergen. Für den Bau von zusätzlichen Befestigungen rund um die Stadt mussten zwangsweise aufgebotene Bauern und Knechte Fronarbeit leisten.
Die fremden Bewohner haben die Stadtbewohner aber auch fasziniert. «Ein grosser Theil ihrer Infanterie ist von ausgezeichneter Schönheit und Stärke. Von sonderbarem und barbarischem Aussehen sind hingegen grossentheils die Kosaken.» (J.C. Werdmüller zum Einmarsch der Russen im August 1799). Eine Herausforderung war die sprachliche Verständigung. Die Besetzung der Stadt durch fremde Truppen brachte auch Neuerungen. So wurden die Häuser nummeriert und eine Strassenbeleuchtung eingeführt.
Open Data
Die Grundlagendaten der Publikation «Zürich 1799» wurden anlässlich des 1. Schweizer «Kultur-Hackathons» von Ende Februar 2015 als offene Verwaltungsdaten publiziert.