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Grabungstagebuch: Eine Zürcher Tür schafft es bis nach Kathmandu

Niels Bleicher

Dr. Niels Bleicher ist wissenschaftlicher Leiter der Ausgrabung Parkhaus Opéra. Der Archäologe und Dendrochronologe arbeitet im Amt für Städtebau.

Vor wenigen Wochen haben wir eine Tür gefunden. Eine wunderschöne, hölzerne, über 5000 Jahre alte Tür. Ohne Nägel, Leim und Schrauben, in einer einfachen, aber cleveren Steckverbindungskonstruktion gezimmert. Wir fanden, dass das eine Nachricht wert sein könnte, und gaben kurz darauf um 9 Uhr morgens eine Medienmitteilung heraus. Um 9.10 Uhr klingelte mein Telefon zum ersten Mal – und hörte tagelang nicht mehr auf. Reporter riefen aus dem In- und Ausland an, aus Paris, London, Japan – ja sogar ein Radiosender aus Kanada! Ein Kollege aus dem Kanton Zug war auf der Suche nach Entspannung während den Ferien in Kathmandu und traute seinen Augen nicht, als er dort in der Zeitung wieder auf die Pfahlbau-Archäologie stiess. Die Zürcher Tür ging um die Welt. Noch immer erhalte ich viele E-Mails aus aller Welt – vor allem aus den USA.

 Knifflige Bergung

 Nach all dem Trubel mussten wir an die korrekte Bergung denken. Am Mittwoch kamen Spezialisten und begannen, eine spezielle Schutzkapsel aus Glasgeflecht, Plastik und synthetischem Gips zu laminieren. Unsere Ausgräber bauten einen Holzrahmen. Am Donnerstagmorgen schob ein Bagger dann eine Metallplatte unter die Tür. Danach kam der grosse Moment: Der gesamte Block wurde vom Kran aus dem Parkhaus gehievt und danach gewendet. Das komplette Team hielt den Atem an, aber es lief alles nach Plan. Wir konnten beginnen, die Tür von der Rückseite freizulegen.

 Es passiert selten, dass man gewissermassen von unten nach oben ausgräbt. Schliesslich wurde auch für die Rückseite eine Kapsel gebaut. Freitagmorgen hat die alte Tür die Grabung Richtung Konservierungslabor verlassen. Dort wird sie stabilisiert, gereinigt und gefestigt. Irgendwann kommt sie dann in ein Museum. Hoffentlich heim nach Zürich.

(Tages-Anzeiger, 8. November 2010)

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