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Erste aufschlussreiche Funde unter dem Theaterplatz

Medienmitteilung

Seit Anfang Mai sind rund 40 Fachleute unter dem Theaterplatz im Einsatz. Sie graben nach Kulturschätzen in den bis über 5000 Jahre alten Schichten. Ein Spezialistenteam analysiert und dokumentiert die Funde vor Ort. In den ersten Wochen wurden neben Pfeilspitzen, Silexmessern und dem Holm eines Steinbeils auch bestens erhaltene Hauspfähle und ein menschliches Skelett geborgen.

31. Mai 2010

Statt Baggern und grossen Baumaschinen sind unter dem Theaterplatz Frauen und Männer mit deutlich feineren Werkzeugen, wie zum Beispiel Schäufelchen am Werk. Der Bau des Parkhauses Opéra wird sich um ein Jahr verzögern, dies zugunsten der Rettung eines inter-national bedeutsamen Kulturschatzes. Bei Sondierungen waren Fachleute der Archäologie auf wertvolle, bis über 5000 Jahre alte Kulturschichten gestossen. Innert kürzester Zeit wurde aus über 800 Bewerbungen ein kompetentes Team zusammengestellt – bestehend aus Ausgräberinnen und Ausgräbern und weiteren Fachleuten. Alle bringen in irgendeiner Weise bereits Erfahrungen mit archäologischen Grabungen mit. Das Team ist ab Anfang Mai neun Monate an der Arbeit. Die Grabungen finden unter dem Betondeckel statt, welcher bereits für den Parkhausbau erstellt wurde. Auf dem Deckel ist ein kleines Container-Dorf entstanden mit einem Feldlabor, Büros, Aufenthaltsraum und Kiosk.

Die archäologischen Schichten befinden sich etwa vier Meter unter dem heutigen Strassenniveau und sind überdeckt von Aufschüttungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Sie liegen heute tiefer als der Seespiegel. Für die Grabungsarbeiten befinden sich jetzt im Betondeckel drei 9 x 9 Meter grosse Öffnungen. Die Ausgräberinnen und Ausgräber steigen in die Tiefe und arbeiten mehrheitlich in Gängen unter der Betondecke. Dort ist es nur drei Meter hoch und manchmal etwas feucht. Das Erdmaterial schütten sie in Wannen, die mittels Baukran hochgezogen werden. Die Funde werden sorgfältig dokumentiert und geborgen.  
«Die besondere Bedeutung der Ausgrabungen liegt im Reichtum der zu erwartenden organischen Funde. Durch den Sauerstoffabschluss in den Seeablagerungen können grosse Mengen an Holz, Knochen, Textilien und diversen pflanzlichen Resten konserviert werden», er-klärt Projektleiter Peter Riethmann vom Amt für Städtebau. Nirgends sonst erschliesse sich die prähistorische Wirtschaft und Umwelt derart unmittelbar wie in Pfahlbau-Fundstellen.
Die Schweizer Seeufersiedlungen sind von internationaler kultureller Bedeutung. Im Seefeld finden sich zu sämtlichen Epochen der Pfahlbausiedlungen an Schweizer Seeufern Belege. Die letzte Ausgrabung vergleichbarer Grösse fand hier anfangs der 1980er-Jahre statt, gleich nebenan unter dem Bernhardtheater.

Seitdem wurden die naturwissenschaftlichen Forschungsmethoden verfeinert – und mit dem Fortschritt haben sich auch neue Fragestellungen ergeben. Die aktuelle Ausgrabung stellt daher eine grosse Chance dar - und dies auf einer ungewöhnlich grossen zusammenhängenden Fläche. Dadurch werden beispielsweise die Dorfstrukturen nicht nur in Ausschnitten, sondern in ihrer Gesamtheit erkennbar werden. Während der Grabung werden Hausstrukturen und Schichtabfolgen dokumentiert, damit die Ergebnisse später ausgewertet, vernetzt und verglichen werden können.

Um bei minimalem Zeitaufwand dennoch auf dem Stand der aktuellen wissenschaftlichen Methode zu arbeiten, wurde ein vielseitiges Spezialistenteam aufgeboten: Es existiert ein Feldlabor für Holzanalytik, ein Team für die photografische und die dreidimensionale Erfassung der archäologischen Strukturen sowie für die digitale Erfassung sämtlicher Dokumentationsdaten.
Daneben werden natürlich auch die Funde erfasst, gereinigt und zur weiteren Bearbeitung der Kantonsarchäologie Zürich überreicht. In die Untersuchungen sind schon jetzt Fachleute der Universitäten Zürich und Basel eingebunden. Insgesamt sind Vertreter der Archäologie, Dendrochronologie, Archäobotanik, Zoologie, Anthropologie, Mikromorphologie und weiteren Disziplinen involviert.

Die speziellen Funde der ersten Wochen sind viel versprechend, handelt es sich um auf-schlussreiche Befunde der Bautechnik - bestens erhaltene Hauspfähle - sowie um ein menschliches Skelett. Letztere sind aus dieser Zeit sehr selten. Funde wie Pfeilspitzen, mehrere holzgeschäftete Silexmesser (Silex ist ein sehr hartes Gestein, es wird auch Stahl der Steinzeit genannt) und ein Holm eines Steinbeils ergänzen das interessante Inventar.