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Ein Platz für Künstlerinnen und Künstler

Marianne Minder, erste Atelierbeauftragte der Stadt Zürich

Seit November 2013 werden alle Künstlerateliers der öffentlichen Hand zentral von der Stelle der Atelierbeauftragten vermietet. Die Vergabe ist transparent – sämtliche frei werdenden Räume werden ausgeschrieben. Wie Kunstschaffende zu einem Atelier finden erläutert Marianne Minder, die als erste Atelierbeauftragte diese Stelle aufbaute und bis Ende Januar 2017 versah.

Werden alle Zürcher Künstlerateliers unter gleichen Bedingungen vermietet?

Marianne Minder: Wir unterteilen die Ateliers in solche, bei denen die Miete subventioniert, und andere, bei denen die Miete kostendeckend ist. Zu welcher Kategorie ein Atelier gehört, wird in der Ausschreibung immer deklariert. Die beiden Kategorien unterscheiden sich durch die Mietdauer. Subventionierte Ateliers vermieten wir für maximal 5 Jahre, die andern für 10 Jahre. Subventionierte Ateliers werden im Sinn einer Fördermassnahme von der Stadt Zürich Kultur unterstützt.

Wie drückt sich das in den Mietzinsen konkret aus?

Bei subventionierten Ateliers beträgt der Mietzins 90 Fr. pro Quadratmeter jährlich inklusive aller Nebenkosten, bei kostendeckenden Mieten beläuft sich der Ansatz je nach Liegenschaft auf ca. 170 bis 190 Fr. Für ein Atelier von 20 m2 bedeutet dies einen Mietzins von 150 Fr. resp. ca. 280 bis 320 Fr. pro Monat.

Wie viele Ateliers unterhält die Stadt?

Derzeit betreibt die Stadt rund 190 Ateliers. Die Liegenschaftenverwaltung betreut rund hundert Ateliers, Stadt Zürich Kultur verwaltet die 90 subventionierten Räume, wobei sich rund 50 davon in der Roten Fabrik befinden. Die Vermietung aller Ateliers läuft organisatorisch bei der Stelle der Atelierbeauftragten zusammen, die im November 2013 geschaffen wurde und die ich seither wahrnehme. Die Atelierbeauftragte schreibt freie Ateliers aus und ist die erste Ansprechperson für die Mieter. Wichtige Standorte der Ateliers sind die Werdinsel mit 13 Räumen, Migros Herdern mit 10 bis 12 Räumen, der Mediacampus mit 9 Ateliers und 7 Musikräumen sowie die Häuser Spielweg 7 / Rousseaustr. 59 in Wipkingen mit 13 Ateliers.

Wie gross ist die Chance, ein Atelier zu erhalten?

Das hängt von der Kultursparte ab: Im Bereich Bildende Kunst inklusive Fotografie stehen am meisten Ateliers zur Verfügung; da treffen aber auch am meisten Bewerber und Bewerberinnen aufeinander, gegen die man sich durchsetzen muss. Als Ziel sieht das Atelierreglement vor, dass 60 % der Ateliers für bildende Künstler und Künstlerinnen zur Verfügung stehen – heute sind es schätzungsweise 80 %. Die andern Räume sind für die Bereiche Literatur, Theater, Tanz und Film gedacht. Neu haben wir in diesem Jahr auch sieben Ateliers für Musikschaffende im Mediacampus eröffnen können, fünf Musikerboxen und zwei grosse Proberäume für Orchester oder Bands.

Wie unterscheiden sich denn die Ateliers der verschiedenen Sparten?

Primär durch die Grösse. Künstler und Künstlerinnen benötigen mehr Platz als Literaten und Schriftstellerinnen.

Wie viele Bewerbungen treffen jeweils ein?

Bei subventionierten Ateliers sind das 20 bis 30 Bewerbungen, bei kostendeckenden 5 bis10, dies hängt auch von der Liegenschaft ab. Geschätzt werden Häuser, in denen viele Künstler untergebracht sind. Eine Gewerbeliegenschaft wie jene im Grünauquartier stösst dagegen auf weniger Interesse. Die Ateliers in der Roten Fabrik sind der absolute Renner. Fast alle, die bei uns anrufen, möchten dorthin.

Wie müssen Künstler und Künstlerinnen vorgehen, die ein Atelier suchen?

Sämtliche frei gewordenen Ateliers werden auf www.raumboerse-zuerich.ch ausgeschrieben, es gehen keine Ateliers unter der Hand weg. Personen, die ein Atelier suchen, abonnieren sich am besten für den Newsletter und erhalten so automatisch die aktuellen Inserate.

Wie werden Vermietungen abgewickelt?

Als Atelierbeauftragte sammle ich die Bewerbungen und überprüfe die formalen Kriterien: Sind die Leute seit zwei Jahren in Zürich wohnhaft? Wurden die Unterlagen vollständig eingereicht? Die Bewerbungen gehen dann in die Kommission der jeweiligen Sparte, wo neben der städtischen Ressortleitung zwei, drei externe Kommissionsmitglieder bei der Auswahl der Bewerbungen mitwirken. Die Fachkommission orientiert sich bei der Auswahl der Bewerbungen an den allgemeinen Kriterien der Kulturförderung, wie sie im neuen Kulturleitbild formuliert sind. Die Kriterien der Kulturförderung finden sich im Kulturleitbild 2016 – 2019 im Teil I, S. 39/40.

Genügt das Angebot der Nachfrage?

Natürlich übersteigt die Nachfrage jetzt noch das Angebot. Wir sind aber zuversichtlich, dass sich dies einpendeln wird, wenn die neu eingeführten befristeten Mietlaufzeiten wirksam werden. Dadurch wird es mehr Wechsel geben, sodass sich die Nachfrage einpendeln kann. Es wird auch Wechsel bei den Ateliers selbst geben, da die Stadt teilweise Ateliers anmietet. Ziel ist, die Atelierfläche mindestens gleich gross zu behalten.

Welche Probleme stellen sich auf Seiten der Vermieter?

Durch die Verkürzung der Mietdauer wächst natürlich der administrative und organisatorische Aufwand. Derzeit werden etwa 10 Ateliers im Jahr ausgeschrieben, 2017 werden es mindestens doppelt so viele sein. Bei der Vermietung lernen wir durch die konkreten Fälle dauernd hinzu. Es kann zum Beispiel ziemlich komplex sein, die Sicherheitsvorschriften von Hausbesitzern, bei denen wir Räume anmieten, und die Bedürfnisse von Kunstschaffenden, die mit ihren Kollegen 24 Stunden ein- und ausgehen möchten, aufeinander abzustimmen.

Welche Wünsche haben Künstler und Künstlerinnen offen?

Am begehrtesten sind Räume über 50 m2, die von Künstlergemeinschaften genutzt werden können. Auch Proberäume für Theater sind sehr gesucht.

Interview: Peter Schneider

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