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Die Geheimnisse des Charles Dickens (1812-1870)

Plakat zur Ausstellung. Grafik: Mathis Füssler

14. Dezember 2011 - 4. März 2012

Wer vor nichts staunt, der soll Dickens lesen, dann wird er schon staunen lernen.
Robert Walser

Als der zwölfjährige Charles Dickens 1824 in einer von Ratten wimmelnden Londoner Fabrik Büchsen voller schwarzer Schuhwichse etikettiert, ahnt kein Mensch, welch glanzvolle Zukunft dem Knaben leuchtet.

Wie später sein Held Oliver Twist, so lässt sich auch der kleine Charles nicht mit jenem dünnen Haferschleim abspeisen, den ihm das knauserige Schicksal zugeteilt hat, sondern verlangt vom Leben mehr – unendlich viel mehr!

Nur ein Dutzend Jahre nach der schmachvollen Plackerei in der Fabrik avanciert Dickens zum meistgelesenen Autor seiner Epoche: eine Schriftstellerlaufbahn, wie sie unwahrscheinlicher nicht sein könnte. Und er beglückt die Welt dabei mit mehr als nur dem Oliver Twist – mit unendlich viel mehr! Fünfzehn meist sehr umfangreiche Romane, fünf grosse Weihnachtserzählungen, zwei Reisebücher sowie Abertausende Seiten an Briefen und journalistischen Texten zeugen von einer geradezu manischen Energie, die Dickens’ Zeitgenossen mal fesselt, mal vor den Kopf stösst … und bis heute Rätsel aufgibt.

Doch nicht nur mit seinen Kräften geht der Autor wenig haushälterisch um, sondern auch mit seiner überschiessenden Phantasie – eine Verschwendungssucht, die ihn früh altern, aber auch ein Werk schaffen lässt, das an Fabulierlust und Bilderreichtum kaum seinesgleichen hat. Und weil fast alle Bücher mit Originalillustrationen von Meistern ihres Faches wie George Cruikshank und Hablôt Knight Browne erscheinen, graben sich Figuren wie Fagin, Pecksniff, Micawber und Mrs. Gamp noch tiefer ins kollektive Bewusstsein ein.

Dass das Adjektiv Dickensian Eingang in die Alltagssprache gefunden hat, ist nur einer von vielen Belegen für die in der angelsächsischen Welt bis heute ungebrochene Popularität dieses Autors. Gleichzeitig manifestiert sich in einer solchen Wortmarke aber auch ein Problem: Das Klischee des schaurig-gemütlichen Dickens von "Oliver Twist" oder "A Christmas Carol" verstellt oft genug den Blick auf die immer galliger und präziser werdende Gesellschaftskritik in den gewaltigen Tableaus der letzten beiden Lebensjahrzehnte.

Die Ausstellung folgt Dickens’ Lebensweg und lässt in zahlreichen Film- und Tondokumenten jene unnachahmliche «Stimme» seines Stils aufleben, von der Nabokov einst sagte, man müsse sich ihr einfach überlassen. Zur Sprache kommen aber auch all jene Geheimnisse, an denen das Leben dieses Autors so reich ist wie sein Werk.

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