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Tankred Dorst

Max Frisch-Preisträger des Jahres 1998

Tankred Dorst bei der Preisverleihung (Foto: Susanne Basler / Max Frisch-Archiv)

Tankred Dorst war der erste Preisträger des Max Frisch-Preises. Die Jury ehrte mit der Auszeichnung das Gesamtwerk des deutschen Dramatikers, das «sich über vier Jahrzehnte entwickelt hat, in kühner Spannung zwischen Groteske und grimmigem Realismus, wachsam gegenüber den Vorgängen in Politik und Gesellschaft, wissend um die Unberechenbarkeit der menschlichen Individualität und besorgt um deren würdige Existenz».

In seiner Laudatio wies Günther Erken den Dramatiker als politisch engagierten Autor aus, dessen Engagement jedoch gerade dadurch besteche, dass es kein ideologisches Programm verfolge. Dorst verdiene den Preis, «weil er Aporien aufzeigt, Widersprüche, die mit dem vertrauten Denken und Handeln nicht mehr lösbar sind, weil er Warnbilder aufstellt und Gewissheiten verunsichert».

Dorst, der Max Frisch 1962 in Rom persönlich kennengelernt hatte, verfasste seine Preisrede als Hommage auf dessen Stück «Graf Öderland». Wie Frisch interessiere er sich für «das unerklärte Böse». Er unterstrich die Relevanz des Theaters als Raum gesellschaftlicher Reflexion: «Wir müssen fortfahren, Menschen und ihre Geschichten auf die Bühne zu schreiben, und weiter versuchen, auf unsere Weise die dunklen Geheimnisse unserer Existenz – auch das Öderländische in uns – aufzuspüren, das Leben, unser Leben zu reflektieren, zu erkennen und – gelegentlich – auch zu feiern.»

Neben Günther Erken sprach anlässlich der Preisvergabe ein weiterer Redner: Der prominente Germanist Hans Mayer blickte auf persönliche Begegnungen mit Max Frisch und dessen Werk zurück. Er hob Tankred Dorsts dialektisches Ringen um Aufklärung hervor. Und er erinnerte sich in berührenden Worten an seine eigene Zeit als Exilant in der Schweiz.

Autor und Werk

Tankred Dorst und Max Frisch in Berzona, 1967 (Foto: Renate von Mangoldt)

Tankred Dorst, geboren 1925 in Thüringen, zählt zu den meistgespielten Theaterautoren der Nachkriegszeit. Bekanntheit erlangte er Ende der 1960er-Jahre durch sein Drama über den linkssozialistischen Dramatiker und Revolutionär Ernst Toller. Bis an sein Lebensende im Jahr 2017 verhandelte er in seinen Stücken zeitaktuelle Themen. Ab Mitte der 1970er-Jahre entstanden fast alle Werke in Zusammenarbeit mit seiner Frau Ursula Ehler. Für sein umfangreiches Schaffen wurde er u. a. mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet.

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