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Klare Kriterien und Angabe von Gründen bei Personenkontrollen

Medienmitteilung

Erste Resultate des Projekts «Polizeiarbeit in urbanen Spannungsfeldern»

Stadtrat Richard Wolff und Kommandant Daniel Blumer haben erste Massnahmen beschlossen, um die hohe Qualität der Polizeiarbeit zu stützen und allfälliges Fehlverhalten Einzelner zu minimieren. Die Vorgehensweisen bei Personenkontrollen sind in einer Dienstanweisung festgehalten und gelten seit Anfang November 2017.

20. November 2017

Personenkontrollen gaben in der Vergangenheit Anlass zu Vorwürfen an die Stadtpolizei wegen Rassismus beziehungsweise wegen Racial Profilings. Mit zwei Postulaten verlangte der Gemeinderat, dass Kontrollen basierend auf sogenanntem Racial Profiling verhindert werden sollten, und dass geprüft werden solle, ob die Polizei bei Personenkontrollen Quittungen abgeben müsse. Ausserdem war bei Beschwerden gegen die Polizei von Beschwerdeführenden immer wieder moniert worden, es gebe keine unabhängige Instanz.

Im Auftrag des Sicherheitsvorstehers Richard Wolff und des Kommandanten der Stadtpolizei Daniel Blumer hat das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) die Arbeit der Stadtpolizei analysiert. Ende Februar legte es seinen Schlussbericht vor.

Das SKMR kommt zum Schluss, es gebe keine systematischen rassistischen Kontrollen. Es schliesst aber auch nicht aus, dass Racial Profiling als Fehlverhalten Einzelner vorkommen kann. Um die hohe Qualität der Polizeiarbeit zu stützen und allfälliges Fehlverhalten zu minimieren, wurden nun einheitliche Standards definiert und klare Kriterien für Personenkontrollen festgeschrieben. Die Gründe für eine Personenkontrolle müssen dem Kontrollierten angegeben werden. Das Bauchgefühl (die Erfahrung) der Polizistinnen und Polizisten allein ist kein ausreichendes Kriterium. In der neu formulierten Dienstanweisung für Personenkontrollen wurden die Kontrollgründe klar umschrieben.

Ausserdem wird das Thema der Personenkontrolle in der Ausbildung ausgebaut und es werden verbindliche Schulungsdokumente erarbeitet. Schon heute werden in der Ausbildung Ethik und Menschenrechte gelehrt. Das Wissen über sogenanntes Racial Profiling soll damit vertieft werden. In der Öffentlichkeit wird das Thema der Personenkontrolle aktiver thematisiert: Künftig wird die Stadtpolizei an den Zürcher Schulen über Personenkontrollen und richtiges Verhalten beider Seiten informieren. Seit 2010 gibt es den regelmässig durchgeführten «Runden Tisch Rassismus», an dem sich die Stadtpolizei mit der Ombudsfrau und Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Organisationen trifft, die sich gegen Diskriminierung und Rassismus engagieren. Ziel ist der Aufbau von gegenseitigem Verständnis und Vertrauen.

Vorerst keine Quittungen

Sicherheitsdepartement und Stadtpolizei haben sich vorerst gegen die Abgabe von Quittungen bei Personenkontrollen entschieden. Zu wenig klar ist, ob ein allfälliger Nutzen den administrativen Mehraufwand rechtfertigt. Ausserdem würden mit dem Ausstellen von Quittungen neu auch die Daten jener Personen erfasst, bei denen die Personenkontrolle keine Verzeigung oder Verhaftung zur Folge hat. Solchen Einträgen in der polizeilichen Datenbank stehen der Sicherheitsvorstand und der Polizeikommandant kritisch gegenüber.

Bei Personenkontrollen kommt hingegen neu eine Web-Applikation zum Einsatz: Erfasst werden damit Ort, Zeit und Grund einer Kontrolle, und ob die Kontrolle zu einer Verzeigung oder Verhaftung führte. Dies wird mit der Zeit – schweizweit erstmals – eine statistische Übersicht über diesen wichtigen Teil der Polizeiarbeit ermöglichen und dient als Führungsinstrument in der Polizeiarbeit. In der Schweiz gibt es derzeit keine Statistiken über Personenkontrollen.

Des Weiteren wird keine zusätzliche Beschwerdeinstanz in Polizeiangelegenheiten eingerichtet. Die Analyse hat gezeigt, dass eine weitere Instanz mit griffigen Kompetenzen auf städtischer Ebene rechtlich gar nicht möglich ist. Und selbst wenn, brächte sie Betroffenen keinen Mehrwert: Bereits heute bestehen diverse Beschwerdemöglichkeiten innerhalb und ausserhalb der Stadtverwaltung. Darunter auch niederschwellig zugängliche Stellen wie das polizeiinterne Feedbackmanagement, die unabhängige Ombudsstelle und der Sicherheitsvorsteher. Zudem können Strafanzeigen gemacht werden bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft. Unbestritten ist hingegen, dass das Angebot besser bekannt gemacht werden muss, damit Beschwerdewillige die Vor- und Nachteile jeder Möglichkeit kennen und entscheiden können, an welche Stelle sie gelangen. Zum andern sollen die polizeiinternen Abläufe im Umgang mit Beschwerden verbessert werden.

Mit diesen Massnahmen ist das Projekt «Polizeiarbeit in urbanen Spannungsfeldern» (PiuS) nicht abgeschlossen. Da in den letzten Jahren die Polizistinnen und Polizisten vermehrt verbalen und physischen Angriffen ausgesetzt waren, ist auch dieses Thema Gegenstand der Untersuchungen. Und mit Blick auf verschiedene ausländische Städte, wo die Polizei sogenannte Bodycams einsetzt, stellt sich die Frage, ob dieses Instrument der Qualität von Personenkontrollen dient oder nicht. So sind diese beiden Themen – Gewalt gegen Beamte und Bodycams – ins Projekt «PiuS» aufgenommen worden. Die nächsten Ergebnisse werden voraussichtlich im Frühling 2018 vorliegen.