Am 1. Mai 2011 hielten sich nach den offiziellen Feierlichkeiten zum Tag der Arbeit mehrere hundert Personen im Gebiet Kanzleiareal/Helvetiaplatz auf. Um eine unbewilligte Nachdemonstration und befürchtete Krawalle zu verhindern, kesselten die Stadt- und die Kantonspolizei mehrere hundert Personen ein. 542 Personen wurden zur Überprüfung der Identität in die Polizeikaserne gebracht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) kommt nun in zwei Fällen zum Schluss, dass dieser Freiheitsentzug nicht verhältnismässig war.
Polizei hat Vorgehensweise geändert
Schon seit längerer Zeit hat die Stadtpolizei Zürich ihre Vorgehensweise bei grösseren Einkesselungen und Personenkontrollen angepasst. Sie hält die Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Betroffenen so kurz wie möglich und überprüft die Identität in aller Regel an Ort und Stelle. Nur Personen, bei denen ein Anfangsverdacht im Zusammenhang mit einer Straftat oder ein Grund für einen polizeilichen Gewahrsam besteht, werden in eine Wache gebracht. Auch kommuniziert die Polizei heute je nach Einsatz sehr aktiv mit Dialogteams und Lautsprechern, wie die Betroffenen im Kessel so schnell wie möglich wieder herauskommen. Die Stadtpolizei zieht aus jedem Einsatz die Lehren für künftige Ereignisse. Das geschah auch nach dem 1. Mai 2011, so dass die vom EGMR gerügte übermässige Einschränkung der Bewegungsfreiheit heute nicht mehr aktuell ist.
Einkesselung nicht grundsätzlich in Frage gestellt
Das Urteil des EGMR stellt die Einkesselung nicht grundsätzlich in Frage. Gerügt wird die lange Dauer der polizeilichen Kontrolle und die Mitnahme auf den Polizeiposten. Deshalb wird der Kessel in besonderen Situationen als operatives Mittel der Polizei auch weiterhin zur Anwendung kommen.