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Vorlage im Detail

Vorlage 3: Neuregelung Finanzkompetenzen für den Erwerb von Liegenschaften

Ausgangslage

Aktuelle Regelung für Immobilienkäufe durch die Stadt

Damit die Stadt ihre Aufgaben heute und in Zukunft erfüllen kann, ist sie auf geeignete Liegenschaften angewiesen – der jetzige Bestand genügt dafür nicht. Gerade in Anbetracht der rasch wachsenden Bevölkerung braucht es mehr Schulen, Alterszentren, Sportstätten, Parkanlagen und andere Infrastrukturbauten. Dazu kommt der Bedarf an preisgünstigem Wohnraum und strategischen Landreserven für künftige Bedürfnisse. Kommen geeignete Grundstücke auf den Markt, ist es wichtig, dass sich die Stadt flexibel am Immobilienmarkt beteiligen und mit anderen Akteurinnen und Akteuren mithalten kann. Zurzeit kann der Stadtrat nur Immobilien bis zum Preis von zwei Millionen Franken selbstständig kaufen. Bei teureren Liegenschaften ist das Parlament, der Gemeinderat, zuständig. Der Kauf einer Liegenschaft unter Miteinbezug des Parlaments ist allerdings aufwendiger und dauert länger. Die Verkäuferinnen und Verkäufer müssen zum Beispiel nach einem Verkaufsabschluss nochmals mindestens sechs Monate warten, bis das gesamte Verfahren abgeschlossen ist. Wegen dieses langwierigen Prozesses können der Stadt geeignete Liegenschaften entgehen. Darüber hinaus ist die Grenze von zwei Millionen Franken mit Blick auf die aktuellen Verhältnisse auf dem Immobilienmarkt ausserordentlich tief angesetzt.

Ausnahmeregelung für dringliche Käufe

Bereits heute besteht neben der finanziellen Kompetenzgrenze des Stadtrats von zwei Millionen Franken eine Ausnahmeregelung, die ein rasches Handeln beim Immobilienkauf ermöglicht: die sogenannte Dringlichkeitsklausel. Wenn ein Kauf keinen Aufschub duldet – zum Beispiel weil die Eigentümerschaft mit Blick auf Angebote weiterer Kaufinteressentinnen und -interessenten eine rasche Entscheidung verlangt –, kann der Stadtrat aufgrund dieser zeitlichen Dringlichkeit Immobilien im Wert von über zwei Millionen Franken kaufen. Diese Dringlichkeitsklausel wurde in den letzten 15 Jahren wiederholt angewendet (vgl. Tabelle). Nicht nur die Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt führte dazu, sondern auch der angestrebte Anteil an preisgünstigem Wohn- und Gewerberaum, der gemäss Volksabstimmung im Jahr 2011 auf einen Drittel erhöht werden soll bis 2050 und entsprechende Käufe bedingt. Dazu kommt, dass es auf dem Immobilienmarkt in der Stadt Zürich konstant weniger Angebote gibt als Kaufinteressentinnen und -interessenten, wodurch die Preise hoch und zudem oft schnelle Geschäftsabschlüsse gefordert sind.

Dringliche Kaufgeschäfte der letzten 15 Jahre

JahrLiegenschaft

Erwerbspreis in Mio.

Franken

Aktuelle oder vorgesehene Nutzung

Mitsprache Gemeinderat oder Stimmberechtigte (nach Kauf)

2005Gewerbeliegenschaft Förrlibuckstrasse 59/6123,5VerwaltungsgebäudeBeschluss Gemeinderat Mietvertrag Stadtpolizei (2005)
2006Herdernstrasse 567,2Anteil für Busgarage VBZ/ Werkhof ERZ-Anteil für Baurechtsabgabe für gemeinnützigen Wohnungsbau

Volksabstimmung 2018

 

Beschluss Gemeinderat geplant

2008Leutschenbachstrasse 72/7410,6Städtische Wohnsiedlung LeutschenbachVolksabstimmung (2019)
2010Hardturmstrasse 32150,0Projekt «Ensemble» (Hardturm-Areal)Volksabstimmung (2018)
2012Josefstrasse 20619,5Strategische LandreserveNoch nicht geplant
2012Geroldstrasse 3–912,9Strategische LandreserveNoch nicht geplant
2012Agnesstrasse 413,5Städtische WohnliegenschaftBeschluss Gemeinderat (2017)
2013Flur-, Rauti-, Flüelastrasse70,2Städtischer Park sowie Baurechtsabgabe für gemeinnützigen Wohnungsbau und Gewerbehaus (Koch-Areal)Volksabstimmung (2018)
2014Nordstrasse 544,3Städtische WohnliegenschaftBeschluss Gemeinderat (2017)
2015Wehntalerstrasse 1192,6Strategische LandreserveNoch nicht geplant
2015

Thurgauerstrasse 40 /

Leutschenbachstrasse 37

128,0VerwaltungszentrumVolksabstimmung geplant
2015Eggbühlstrasse 21–2581,0Verwaltungszentrum EggbühlstrasseVolksabstimmung (2018)
2015Dörflistrasse 6714,9Städtische WohnliegenschaftBeschluss Gemeinderat (2017)
2017Neufrankengasse 614,6Städtisches WohnintegrationsangebotBeschluss Gemeinderat (2018)
2017Neufrankengasse 1411,5Städtisches WohnintegrationsangebotBeschluss Gemeinderat (2018)
2017Magnusstrasse 276,3Städtische WohnliegenschaftBeschluss Gemeinderat (2019)
2017Appenzellerstrasse 8510,1Städtische WohnliegenschaftBeschluss Gemeinderat geplant

(Stand: Mai 2019)

Gerichtsurteil führt zu strengerer Regelung

Ein Entscheid des Zürcher Verwaltungsgerichts im Jahr 2017 hat die Anforderungen an den dringlichen Kauf erhöht: Der Stadtrat hatte 2017 mit der Dringlichkeitsklausel vernachlässigte Liegenschaften an der Neufrankengasse und an der Magnusstrasse gekauft. Das Verwaltungsgericht hiess daraufhin eine Stimmrechtsbeschwerde gegen diesen Kauf gut und befand, dass die Dringlichkeitsklausel fälschlicherweise angewendet worden sei. Diese dürfe nur dann angewendet werden, wenn nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine sachliche Dringlichkeit vorliege. Sachlich dringlich sei ein Kauf, wenn genau diese betroffene Liegenschaft sofort erworben werden müsse, um eine ganz bestimmte öffentliche Aufgabe zu erfüllen. Andernfalls müsse der Kauf durch den Gemeinderat erfolgen. Der konkrete Verwendungszweck lässt sich aber nicht bei jedem Kauf vorab festlegen. Weil sie stetig wächst, ist die Stadt darauf angewiesen, auch Grundstücke als strategische Landreserven oder Nachbargrundstücke von städtischen Liegenschaften für ihre absehbaren Infrastrukturbedürfnisse zu kaufen. Durch den Entscheid des Verwaltungsgerichts ist der Stadtrat auf dem Immobilienmarkt aber noch weniger handlungsfähig und die Rechtslage unklar geworden. Deshalb beauftragte der Gemeinderat den Stadtrat, eine Vorlage auszuarbeiten, die dem Stadtrat die nötigen Kompetenzen für den Erwerb von Liegenschaften auch ohne Dringlichkeitsklausel verschafft.

Neuregelung

Zuständigkeit Stadtrat für den Kauf aller Finanzliegenschaften

Neu soll der Stadtrat alle Finanzliegenschaften in eigener Kompetenz kaufen können, auch wenn diese mehr als zwei Millionen Franken kosten und der Kauf nicht dringend ist. Auf diese Weise erhält er auf dem Immobilienmarkt gleiche Chancen wie die privaten Akteurinnen und Akteure. Die neue Regelung entspricht auch der Lösung des Kantons, wo der Regierungsrat abschliessend für den Kauf aller Finanzliegenschaften zuständig ist. Um die Änderung umzusetzen, muss die Gemeindeordnung angepasst werden. Dafür wird ein Teil der aktuellen Regelung ersatzlos gestrichen. Dies genügt, weil gemäss kantonalem Gemeindegesetz die Gemeindeexekutiven – im Fall der Stadt Zürich also der Stadtrat – für die Bewirtschaftung des Finanzvermögens zuständig sind, sofern dies nicht anders geregelt wird. Durch die Streichung erhält der Stadtrat die Kompetenz für sämtliche Liegenschaftenkäufe im Finanzvermögen.

Nichts ändern soll sich hingegen an den Ausgabenkompetenzen, wenn eine Liegenschaft vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen überführt wird oder eine Verwaltungsliegenschaft direkt gekauft wird. Diese Ausgaben unterstehen nach wie vor dem fakultativen (über zwei Millionen Franken) oder obligatorischen Referendum (über 20 Millionen Franken). Damit ist die Mitsprache des Parlaments und der Stimmberechtigten betreffend Ausgaben nach wie vor sichergestellt.

Zeitnahe Übertragung ins Verwaltungsvermögen gewährleistet

Um zu gewährleisten, dass der Stadtrat die neu in eigener Kompetenz gekauften Finanzliegenschaften möglichst zeitnah dem Parlament oder den Stimmberechtigten zur Übertragung ins Verwaltungsvermögen vorlegt, hat der Gemeinderat eine Ergänzung beschlossen. Damit wird der Stadtrat verpflichtet, das Parlament und die Öffentlichkeit unverzüglich über diese Käufe ins Finanzvermögen zu informieren. Zudem sollen die Neuerwerbungen spätestens nach vier Jahren dem Gemeinderat oder den Stimmberechtigten (je nach Ausgabenhöhe) zur Übertragung ins Verwaltungsvermögen vorgelegt werden; über Ausnahmen hat der Stadtrat alle vier Jahre Bericht zu erstatten. Diese Ergänzung des Gemeinderats wird in die städtische Finanzhaushaltverordnung aufgenommen und soll gleichzeitig mit der Anpassung der Gemeindeordnung in Kraft treten.

Die Ergänzung der Finanzhaushaltverordnung kann der Gemeinderat eigenständig beschliessen. Eine Anpassung der Gemeindeordnung – der Verfassung der Stadt Zürich – erfordert hingegen immer die Zustimmung der Stimmberechtigten.

Verwaltungs- und Finanzliegenschaften

Es gibt grundsätzlich zwei unterschiedliche Vorgehensweisen, wie die Stadt Immobilien erwerben kann:

  1. Kauf ins Finanzvermögen: Ist beim Kauf noch nicht abschliessend bestimmbar, für welche öffentliche Aufgabe eine Immobilie künftig genutzt wird, oder lässt es die Dringlichkeit nicht zu, den Kauf durch das aufwendigere Verfahren unter Miteinbezug des Parlaments zu tätigen, wird diese in einem ersten Schritt ins Finanzvermögen erworben (Finanzliegenschaft).
  2. Kauf ins Verwaltungsvermögen: Wenn der Verwendungszweck einer Immobilie von Anfang an feststeht, und es die zeitlichen Verhältnisse erlauben, wird die Immobilie direkt ins Verwaltungsvermögen gekauft (Verwaltungsliegenschaft).

Sobald eine Finanzliegenschaft dann einem konkreten öffentlichen Zweck zugeteilt wird, muss sie vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen übertragen werden. Eine Finanzliegenschaft kann aber jederzeit auch wieder verkauft werden. Mit der Finanzliegenschaft wird eine Anlage erworben, beim direkten Kauf einer Verwaltungsliegenschaft wie auch der Übertragung vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen handelt es sich um eine Ausgabe.

Die Limite des Stadtrats von zwei Millionen Franken gilt für Käufe ins Finanz- und ins Verwaltungsvermögen, die Dringlichkeitsklausel kann der Stadtrat hingegen nur bei Käufen von Finanzliegenschaften anwenden.

Änderung der Gemeindeordnung

Falls die Stimmberechtigten die Vorlage annehmen, wird Art. 41 lit. m der Gemeindeordnung angepasst. Die finanzielle Beschränkung «Ankauf von Liegenschaften im Verkehrswert von über Fr. 2 000 000.–» und damit zusammenhängend die sogenannte Dringlichkeitsklausel «Kaufgeschäfte, die keinen Aufschub dulden» werden ersatzlos gestrichen. Weil es in der Vergangenheit keine konkreten Anwendungsfälle zur Ausnahmebestimmung für «Kauf- und Tauschgeschäfte, die in den Voranschlägen zu beschlossenen Bauten enthalten sind» gab, soll diese ebenfalls aufgehoben werden. Daraus ergeben sich folgende Änderungen:

Änderung der Gemeindeordnung

AktuellNeu

Art. 41

Dem Gemeinderat stehen zu:

m) Ankauf von Liegenschaften im Verkehrswert von über Fr. 2 000 000.– sowie Verkauf oder Tausch von städtischen Liegenschaften im Verkehrswert von über Fr. 1 000 000.–; ausgenommen sind Kauf- und Tauschgeschäfte, die in den Voranschlägen zu beschlossenen Bauten enthalten sind, Kaufgeschäfte, die keinen Aufschub dulden, sowie Tauschgeschäfte, wenn dadurch die Durchführung eines amtlichen Quartierplanverfahrens vermieden werden kann.

Art. 41

Dem Gemeinderat stehen zu:

m) Verkauf oder Tausch von städtischen Liegenschaften im Verkehrswert von über Fr. 1 000 000.–; ausgenommen sind Tauschgeschäfte, wenn dadurch die Durchführung eines amtlichen Quartierplanverfahrens vermieden werden kann.

Die übrigen Zuständigkeiten von Art. 41 der Gemeindeordnung (lit. a–l sowie lit. n–t) bleiben unverändert.

Minderheitsstandpunkt der FDP-, SVP- und GLP-Fraktionen

Parlament und Volk sollen weiterhin mitentscheiden

Die Neuregelung der Finanzkompetenzen hat zum Ziel, die Kompetenzen des Stadtrats massiv zu erhöhen. Der Stadtrat will künftig jegliche Liegenschaftskäufe ins Finanzvermögen ohne Einwilligung des Parlaments oder des Volks tätigen können. Die Parteien FDP, SVP und GLP lehnen dies entschieden ab.

Der Stadtrat hat bereits gemäss heutigem Recht die Möglichkeit, per Dringlichkeitsbeschluss Liegenschaften zu erwerben, auch wenn diese die üblicherweise definierte Maximalgrenze von zwei Millionen Franken übersteigen. Davon machte der Stadtrat in der Vergangenheit auch regelmässig Gebrauch. Unter anderem auch für die sogenannten «Gammelhäuser», bei denen das Verwaltungsgericht entschied, dass der Stadtrat seine Kompetenzen überschritten und somit rechtswidrig gehandelt hatte.

Die linken Parteien im Gemeinderat reichten daraufhin eine Motion ein, mit der sie eine Kompetenzerweiterung des Stadtrats forderten. Obwohl der Stadtrat seit 2003 Liegenschaften per Dringlichkeitsbeschluss im Wert von rund 500 Millionen Franken erworben hatte, wird die parlamentarische Mehrheit von Rot-Grün genutzt, um die Kompetenzen unnötigerweise zu erweitern. Allein von 2015 bis 2017 wurden Liegenschaftskäufe für 269 Millionen Franken per Dringlichkeitsklausel getätigt. Dies zeigt sowohl das Funktionieren des heutigen Rechts, wie aber auch die Gefahr von unnötigen Liegenschaftskäufen bei einer Kompetenzerweiterung.

Die heutigen Bestimmungen genügen und erfüllen die Anforderungen eines Dringlichkeitskaufs für die Erfüllung der Gemeindeaufgaben, wie etwa Liegenschaftskäufe für Altersheime, Polizeistationen, Feuerwehrdepots, Schulhäuser usw. Diese Regelung verhindert aber richtigerweise Liegenschaftskäufe in alleiniger Kompetenz des Stadtrats für andere Anliegen. In diesen Fällen sieht der Prozess vor, dass der Stadtrat Käufe von bis zu 20 Millionen Franken durch den Gemeinderat und darüber schlussendlich durch das Volk genehmigen lassen muss. Diese Form der Kompetenzregelung, bei der immense Beträge aus dem Steuertopf verwendet werden, hat sich bewährt. Auch mit den heute bestehenden Kontrollfunktionen des Gemeinderats und den dafür zuständigen Kommissionen sind diverse Projekte, vor allem für die Schaffung von Wohnraum, realisiert worden.

Unser politisches System, das in dieser Form weltweit einzigartig ist, stellt mit den verschiedenen Kontrollfunktionen auf verschiedenen Ebenen die notwendige politische Stabilität sicher. Die politischen Lager von links bis rechts haben unterschiedliche Auffassungen darüber, wie der Staat mit dem Boden umzugehen hat. Dieser politische Streit muss zwingend auch in Zukunft geführt werden, indem sowohl das Parlament als auch die Wählerinnen und Wähler in die Meinungsbildung und Diskussion miteinbezogen werden. Das alles könnte nicht gewährleistet werden, wenn der Stadtrat, bestehend aus neun Personen, alleine darüber entscheidet, wie und wann Liegenschaften in einer Gemeinde mit einem Budget von neun Milliarden Franken erworben werden.

Antrag

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