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Die Ombudsstelle als Garantin für mehr Bürgernähe – Die Bilanz der Ombudsfrau für das Jahr 2019 sowie für die letzten 15 Jahre

Medienmitteilung

Quantitativ und thematisch bestätigt das Jahr 2019 die Tendenzen der Vorjahre: Beschwerden und Beratungs- bzw. Vermittlungsgesuche nehmen leicht zu. Auch der Anteil der von städtischen Angestellten eingereichten Fälle ist nochmals gestiegen. Die meisten Neueingänge betreffen erneut die Sozialen Dienste und die Stadtpolizei. Ein Vergleich der letzten 15 Jahre zeigt insgesamt eine kontinuierliche Entwicklung ohne grosse Schwankungen. Neben der stetig gewachsenen Geschäftslast fällt die Spitze der Beschwerden zum Sozialdepartement auf – vor allem bei den Sozialen Diensten. Nach einem stetigen jährlichen Zuwachs ist indes die Spitze 2010–2012 erreicht worden; seither flacht die Kurve ab und scheint sich auf einem normalisiert hohen Niveau einzupendeln.

14. Mai 2020

Die Ombudsstelle bearbeitete im vergangenen Jahr insgesamt 577 Geschäfte abschliessend (Neueingänge: 567; 2018: 551). Neben der leichten Zunahme der neuen Geschäfte fällt das weiterhin hohe Niveau der eingegangenen Anfragen auf, also von Anliegen, die einen geringeren Bearbeitungsaufwand verlangen. Bei ihnen war weiterhin die Zuständigkeit der städtischen Ombudsstelle grossmehrheitlich gegeben. Von den insgesamt 890 Anfragen (2018: 909) betrafen 549 die Stadtverwaltung (2018: 528).

Bei knapp der Hälfte der Geschäfte (265) stand die Beschwerdeprüfung und/oder Vermittlung im Vordergrund, bei 47 Prozent die Beratungs- und Informationstätigkeit (274). 38 Geschäfte (7 Prozent) wurden im Laufe der Bearbeitung von den Klientinnen und Klienten zurückgezogen oder verlangten keine weitere Intervention der Ombudsstelle mehr.

Bei lediglich 74 Geschäften wurde die Beschwerde abgewiesen oder blieb die Vermittlung ergebnislos. In über 70 Prozent der Fälle führten die Beschwerdeprüfung und die Vermittlungstätigkeit zur gänzlichen oder teilweisen Gutheissung bzw. zu einer Vermittlungslösung.

Verwaltungsinterne, also personalspezifische Geschäfte wurden 2019 insgesamt 263 eingereicht. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr einer Zunahme von 9 Prozent. Diese Zunahme der Personalgeschäfte im Berichtsjahr betrifft mit Ausnahme des Departements der Industriellen Betriebe sowie des Präsidialdepartements sämtliche Departemente. Den grössten Zuwachs verzeichnete das Gesundheits- und Umweltdepartement.

Erneut höher fällt der Anteil der Personalgeschäfte aus, der von Frauen eingereicht wurde (57 Prozent
Frauen und 42 Prozent Männer).

Der Anteil der verwaltungsinternen Beratungs- und Informationsfälle ist mit 185 wie in den Vorjahren erneut hoch.

15 Jahre Ombudstätigkeit: Bilanz und Perspektiven

Die bisherigen Jahresberichte gingen stets auf die im jeweiligen Berichtsjahr bearbeiteten Schwerpunkte
und aufgefallenen Fragestellungen ein. Der jetzt veröffentlichte Bericht ist der 15. und gleichzeitig
letzte der Ombudsstelle unter der Leitung von Claudia Kaufmann. Dabei werden in einer Gesamtsicht
der letzten 15 Jahre sechs Grundsatzthemen aufgegriffen.

Die Haltung der Verwaltung gegenüber der Ombudsstelle

Zu Beginn ihrer Tätigkeit stiess die Ombudsfrau in der Verwaltung häufig auf die Haltung, je weniger Kontakt zur Ombudsstelle bestehe, desto besser für die Verwaltung. Die Ombudsfrau vertrat von Anfang an eine andere Einstellung. Selbst in einer ausgezeichneten Verwaltung wie derjenigen in Zürich kommt es zu Fehlern und Missverständnissen. Abläufe können verbessert, die Kommunikation adressatengerechter und der Umgang mit Klientinnen und Klienten bürgernäher gestaltet werden. Der von ihr postulierte offene und offensive Zugang zur Ombudsstelle seitens der Verwaltung zeigte im Laufe der Jahre nachhaltigen Erfolg. Es gelang vielerorts, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Dabei wurde auf struktureller Ebene deutlich, dass dieser erwünschte Ansatz denjenigen Behörden und Ämtern leichter fällt, die sich berufs- und themenspezifisch selbst mit Fragen der institutionellen Macht, dem Wissensvorsprung der Verwaltung und dem eigenen Aufgaben- und Rollenverständnis auseinandersetzen. Umgekehrt stösst die gewünschte Haltung dort auf mehr Widerstand, wo noch immer stark hierarchisierte Strukturen bestehen, der Fokus vorwiegend auf den Innenbereich gerichtet bleibt und Aussenstehenden nur ungern Einblick in die eigene Tätigkeit gewährt wird.

Wenig Kinder und Jugendliche melden sich bei der Ombudsstelle

Die Ombudsstelle bearbeitet zwar regelmässig zahlreiche Geschäfte, die Kinder und Jugendliche betreffen: Kinderbeistandschaften, elterlicher Obhutsentzug, Fremdplatzierungen, Schulfragen, Sozialhilfe für Familien. Auch nehmen Beratungsstellen, Fachdienste und Kinderrechtsorganisationen mit der Ombudsstelle Kontakt auf. Dennoch ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die sich selbständig und direkt an die Ombudsstelle wenden, sehr klein. Ihr Anteil betrug in den vergangenen 15 Jahren nur ein bis drei Prozent. Aus Sicht der Ombudsfrau ist diese Zahl unbefriedigend. Die verschiedenen Versuche, mit Kontakten zu kinder- und jugendspezifischen Diensten die Ombudsstelle und ihre Arbeit bekannt zu machen und den einfachen Zugang zur Institution aufzuzeigen, zeigten wenig Wirkung. Es scheint, dass der Zugang zur Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche bedauerlicherweise noch ungeübt und nicht selbstverständlich ist.

Mehr Transparenz, bessere Koordination und Zusammenarbeit bei behördlichem Vorgehen

Die Ombudsfrau war in den ersten Jahren häufig mit Fragen der langen Verfahrensdauer, mit unklaren Kompetenzen zwischen verschiedenen Ämtern und Departementen sowie ungeklärten Schnittstellen beschäftigt. Die Zusammenarbeit in interdepartementalen Projekten und Geschäften löste oft Schwierigkeiten aus. Im Laufe der Jahre fand jedoch eine auffällig positive Entwicklung statt. Die wesentlichen Verbesserungen betreffen sowohl die Koordination der einzelnen Verfahrensschritte als auch ihre Nachvollziehbarkeit, die Dauer der Verfahren und die Transparenz des Vorgehens.

Spielraum für Ermessen nutzen

Nach 15 Jahren Erfahrung ist die Ombudsfrau überzeugt, dass sich eine gute Verwaltung auch daran misst, wie selbstbewusst sie ihren Ermessensspielraum nutzt. Und umgekehrt gilt genauso: Je ängstlicher und unsicherer eine Verwaltungsabteilung handelt, desto weniger wird sie den ihr zustehenden und gebotenen Spielraum nutzen, stattdessen das Ermessen unterschreiten und sich an die Buchstaben der Gesetze und Reglemente klammern. Die Ombudsfrau stellt mit Befriedigung fest, dass das Bewusstsein und die Sensibilität zur Fragestellung insgesamt in der Stadtverwaltung gewachsen sind und die Ämter und Behörden die Bedeutung des Ermessens für ihr eigenes Handeln vermehrt erkennen und anwenden.

Wenig Bewusstsein für Menschenrechte und Völkerrecht

Auf der städtischen, kommunalen Ebene geht es in erster Linie um die Anwendung des übergeordneten Bundes- und des kantonalen Rechts. Ergänzend dazu bestehen in aller Regel ausführliche eigene Verordnungen, Richtlinien, Handlungsanweisungen. Die Gefahr ist gross, dass der Blick und das Verständnis für die übergeordneten Rechtsgrundlagen verloren gehen. Die Erfahrung der Ombudsfrau zeigt, dass bereits die Kantonsverfassung, geschweige die Bundesverfassung, nicht überall zum selbstverständlichen Alltagsinstrumentarium gezählt und als solches wahrgenommen wird. Dieses Malaise besteht in noch grösserem Ausmass für die übergeordneten Menschenrechte und die völkerrechtlichen Konventionsverpflichtungen. Ihr genauer Inhalt ist häufig wenig bekannt. Die Ombudsfrau empfiehlt, dass in Einführungsprogrammen und Weiterbildungsveranstaltungen der einzelnen Departemente und Ämter eine transdisziplinäre Wissensvermittlung zu den Menschenrechten und völkerrechtlichen
Verpflichtungen integraler Bestandteil wird.

Forschungsergebnisse besser einbeziehen

Die Ombudsfrau hat immer wieder festgestellt, dass die Fragen nach aktueller Forschung sowie vor allem nach ihrer für die Verwaltung nutzbaren Umsetzung zu selten und zu wenig konsequent gestellt werden. Nicht selbst in Auftrag gegebene wissenschaftliche Abklärungen oder Gutachten scheinen häufig weit weg zu liegen. Der gezielte Beizug von wissenschaftlichen Ergebnissen und deren Implementierung in die eigene Tätigkeit können wesentlich zu deren Qualitätssteigerung beitragen. Dies gilt sowohl für die Forschung, die an Zürcher Hochschulen betrieben wird, als auch für Studien anderer Schweizer Hochschulen und Institute sowie ausländischer Einrichtungen.

Digitalisierung für alle

Die Digitalisierung hat auch in der Zürcher Stadtverwaltung schon längst eingesetzt. Sie wurde in den letzten Jahren stark vorangetrieben. Die Ombudsstelle hat in ihrem Jahresbericht 2017 sich schwerpunktmässig mit dem Thema auseinandergesetzt und entsprechend Empfehlungen formuliert für ein angemessenes, die Interessen und Bedürfnisse der verschiedenen Anwendungskreise berücksichtigendes Vorgehen. Neben der Nutzungsfreundlichkeit für die Mitarbeitenden der Verwaltung geht es in erster Linie darum, die Bedürfnisse von Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen mit der digitalen Technik wenig vertraut sind oder Einschränkungen haben, die sich hemmend auf den Gebrauch des digitalen Angebots auswirken oder diesen gar ausschliessen, angemessen zu berücksichtigen.

Die Ombudsstelle erfährt nach wie vor von Entwicklungen, die diesen Grundsätzen nicht oder nicht konsequent genug entsprechen. Oft scheint auch unklar, wer spezifisch für diese Aufgabe zuständig ist. Die Stadtverwaltung tut gut daran, diese Aspekte ernsthaft, kontinuierlich und nachhaltig in die Entwicklung digitaler Projekte von Anfang an zu integrieren und entsprechend transparent auszuweisen. Es handelt sich dabei um einen Dauerauftrag.

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