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Archive sind immer offen

Zum Schweizerischen Archivtag vom 17. November 2007

Am 17. November 2007 findet der dritte Schweizerische Archivtag statt. Archive in der ganzen Schweiz öffnen Türen und Tore, zeigen ihre Magazine, präsentieren spezielle Bestände oder thematisieren einzelne Aspekte ihres Sammlungsgutes.

Archive sind mehr als Bergwerke, in welchen man Juwelen finden kann, welche sich aus der Vergangenheit schälen – und Archivarinnen und Archivare sind mehr als Grabungstechniker, welche die Fundstellen markieren. Archive sind Orte des Vertrauens, die Quellen mit sorgfältiger Überlieferung sichern und sie der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. In unserer demokratischen Gesellschaft stehen sie für Transparenz, Rechenschaftsfähigkeit, und Öffentlichkeit. Öffentliche und professionell geführte Privatarchive dokumentieren die Entwicklungen unserer Gesellschaft, sie ermöglichen die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, sie lassen die wichtigen Entwicklungen nachverfolgen und tragen damit zur Ausgestaltung der Zukunft bei.

Der Schweizerische Archivtag ist aber mehr als ein „Tag der offenen Türen", denn die Schweizerischen Archive sind immer offen. Sie stehen als Institutionen einem interessierten Publikum mit ihren Lesesälen und kundigem Personal zur Verfügung. Mit dem Schweizerischen Archivtag sollen mögliche Schwellen zum Archiv gesenkt werden. Anlässlich ihrer Veranstaltungen wollen die beteiligten Archive mit Nachdruck darauf hinweisen, dass sie nicht nur Forschern und Forscherinnen offen stehen, sondern jeder politisch, sozial und kulturell interessierten Person. Denn die vielfältigen Themen und Aspekte, die im Archivgut dokumentiert sind, dienen sowohl der Betrachtung der sich verändernden Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Gesellschaft (historische Forschung) als auch der Reflexion über sich selbst (Auto-/Biografie, Familienforschung). Dass die Archive auch tatsächlich öffentlich sind, scheint uns selbstverständlich. Es ist ein Ausdruck einer demokratischen Gesellschaft, dass Archive geführt werden, welche die Nachvollziehbarkeit politischen, sozialen und ökonomischen Handelns möglich machen – sie dienen also sowohl einem gesellschaftlichen wie auch einem rechtsstaatlich-demokratischen Zweck.

Der freie Zugang zum Archivgut ist in der Schweiz rechtlich klar geregelt, sodass eine sorgfältige Abwägung zwischen dem Recht auf Persönlichkeitsschutz und dem Recht der Öffentlichkeit auf Information stattfinden kann. Das war nicht immer so, und das ist auch heute noch nicht überall der Fall. Es geschieht auch heute immer wieder, dass Archive politisch missbraucht, zerstört, gefälscht, geheim geführt werden und ihre Informationen der Unterdrückung dienen. Die Menschenrechtskommission der UN weist immer wieder auf die wichtige Rolle der Archive bei der Verfolgung solcher Verbrechen hin – in eine ähnliche Richtung zielt auch der international anerkannte Kodex ethischer Grundsätze für Archivarinnen und Archivare, der seit 1996 klare ethische Verhaltensmassnahmen für Archivarinnen und Archivare festlegt und ihnen die berufliche Verantwortung für die Unversehrtheit, Authentizität und Integrität ihres Archivguts sowie Transparenz, Unparteilichkeit, Unbestechlichkeit und gegenseitige Zusammenarbeit auferlegt.

Der Schweizerische Archivtag soll zeigen, dass in der heutigen Informationsgesellschaft die professionelle Vermittlung von Wissen und Information eine grundsätzliche und demokratische Aufgabe ist. Diese professionelle Vermittlung ist ein Kerngeschäft der Archivarinnen und Archivare. Am Archivtag werden sie die Gelegenheit nutzen, sich und ihre Arbeit einem breiten Publikum vorzustellen. Und die Öffentlichkeit wird diese Gelegenheit genauso nützen wollen, um ihre Archive ohne genaues Ziel zu besuchen, und sich von der Vielfalt der gebotenen Themen fesseln zu lassen. Denn die offenen Archive dokumentieren nicht nur die Vergangenheit, sie beleuchten auch die Gegenwart und helfen mit, die Zukunft zu formen.

Anna Pia Maissen, Präsidentin VSA

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