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Die Leerwohnungszahl – die Entstehung einer Kennzahl

Wer in der Stadt Zürich eine Wohnung sucht, hat es schwer. Nur wenige Wohnungen stehen leer, und die Konkurrenz ist gross. Doch wie entsteht die von Statistik Stadt Zürich ausgewiesene Zahl der leer stehenden Wohnungen, und was sind die Knackpunkte bei deren Bestimmung? (22.08.2018)

Die Leerwohnungszählung ist eine nationale Erhebung und wird in der gesamten Schweiz zum gleichen Zeitpunkt durchgeführt. Stichtag ist jeweils der 1. Juni. Der Auftrag zur Erhebung kommt vom Bundesamt für Statistik und stützt sich auf das Bundesstatistikgesetz und die Verordnung über die Durchführung von statistischen Erhebungen des Bundes.

Massgebend bei der Bestimmung der Leerwohnungszahl ist die Definition von Leerwohnungen gemäss Bundesvorgaben.

Als Leerwohnungen bzw. leer stehende Wohnungen im Sinne dieser Zählung gelten alle möblierten oder unmöblierten Wohnungen, welche folgende zwei Bedingungen erfüllen:

  • Wohnungen und Einfamilienhäuser sind am Stichtag (1. Juni) unbesetzt, aber bewohnbar.
  • Wohnungen und Einfamilienhäuser werden am Stichtag (1. Juni) zur dauernden Miete von mindestens 3 Monaten oder zum Kauf angeboten.

Dazu gehören auch annähernd fertig erstellte Wohnungen, die zur Miete oder zum Verkauf ausgeschrieben sind, deren Innenausbau jedoch erst nach Mietvertrags- oder Verkaufsabschluss zu Ende geführt wird und die erst anschliessend bewohnbar sein werden. Ferien- oder Zweitwohnungen und -häuser zählen als leer stehende Wohnungen, sofern sie das ganze Jahr bewohnbar und zur Dauermiete von mindestens drei Monaten oder zum Verkauf ausgeschrieben sind.

Die Richtlinien zur Durchführung werden in diesen Definitionen vorgegeben. Das Bundesamt für Statistik erlaubt bei der Bestimmung sieben Vorgehensweisen, was in Anbetracht der sehr unterschiedlichen Gemeindegrössen sinnvoll ist.

  • Kombinierte Einwohner-/Gebäudedatei
    Nicht bewohnte Wohnungen aus dem Register
  • Einwohnerkontrolle
    Wohnungen mit einem Wegzug, aber keinem Zuzug
  • Rundschreiben an Liegenschaftsverwaltungen, Treuhand-, Notariats- und Architekturbüros
    Sämtliche auf dem Gemeindegebiet tätigen Liegenschaftsverwaltungen, Treuhand-, Notariats- und Architekturbüros können angeschrieben und mit einem Erhebungsformular bedient werden.
  • Elektrizitätswerk
    In welchen Wohnungen ist ein Stromzähler installiert, aber kein/e Abonnent/in vorhanden?
  • Baupolizei, Bauinspektorat
    Die örtliche Baupolizei oder das örtliche Bauinspektorat können Angaben über neuerstellte Wohnungen machen.
  • Aufruf im amtlichen Anzeiger oder in der/den Tageszeitung/en
    Hauseigentümer und Verwaltungen können mit einem Aufruf im amtlichen Anzeiger der Gemeinde und/oder in der oder den meistverbreiteten Tageszeitung/en aufgefordert werden, sich bei der zuständigen Stelle zu melden, wenn sie leer stehende Wohnungen im Sinne unserer Zählung haben.
  • Zeitungsinserate
    Es können die in den Zeitungen erscheinenden Wohnungsinserate ausgewertet und die entsprechenden Inserenten angeschrieben oder telefonisch kontaktiert werden.

Bei all diesen Methoden gilt es, noch weitere Abklärungen zu machen, um die Definition einer Leerwohnung zu bestätigen. Zudem können diese Methoden kombiniert werden. Die Stadt Zürich war die erste Gemeinde der Schweiz, welche ab 1902 die Leerwohnungszahl erfasst. Seit einigen Jahren wird die Leerwohnungszahl mit der Kombination des Gebäude- und Wohnungsregisters (GWZ) und des Personenregisters sowie einer Erhebung ausgewiesen.

Das Register als Datengrundlage für die Erhebung

Die Stadt Zürich verfügt über ein Gebäude- und Wohnungsregister und ein Personenregister. Der Verbund dieser Register bildet die Erhebungsbasis für die Leerwohnungszählung.

Wenn sich eine Person neu in der Stadt Zürich anmeldet, wird sie im System des Kreisbüros mit der korrekten Adresse und Wohnung hinterlegt. Die Wohnung verfügt über eine eindeutige amtliche Wohnungsnummer. Zieht diese Person innerhalb der Stadt um, wird die Mutation durch das Kreisbüro vorgenommen und der neuen Adresse samt Wohnung zugewiesen. Die Information fliesst automatisch ins Gebäude- und Wohnungsregister. Diese Register werden somit laufend aktualisiert, und die Informationen sind anonymisiert. Dank der Schnittstelle der beiden Register sieht man im Gebäude- und Wohnungsregister, ob in einer Wohnung auch Personen angemeldet sind.

Die Leerwohnungszahl könnte ganz simpel durch Auszählung aller Wohnungen eruiert werden, in denen am 1. Juni keine Person angemeldet ist. Doch so einfach ist es in der Realität nicht. An- und Abmeldungen erfolgen aus verschiedenen Gründen oft verzögert, der Wohnungsmarkt in der Stadt Zürich ist zunehmend fragmentiert und schnelllebig, und die klassischen Zügeltermine gibt es kaum noch. Weiter ist bei Kurzaufenthalten unter vier Monaten gar keine Anmeldung nötig. Die Einführung der amtlichen Wohnungsnummer erfolgte zudem erst 2010 – vorher wurden Personen ohne Hinweis auf die effektiv bezogene Wohnung einfach der Wohnadresse zugewiesen.

Dies führte dazu, dass für alle Personen, die sich vor 2010 in der Stadt Zürich angemeldet hatten, die amtliche Wohnungsnummer nachgetragen werden musste, was aber nicht immer eindeutig möglich war. Die Lücken werden laufend eruiert und nachgetragen.

Aus diesen Gründen kann die Leerwohnungszahl nicht nur aus der Kombination der beiden Register erhoben werden, sondern wird durch eine Erhebung ergänzt.

Vom Register über die Befragung zur Leerwohnungszahl

Zur Feststellung der Leerwohnungszahl gemäss den Vorgaben des Bundes gilt es nun abzuklären, ob in diesen laut GWZ leeren Wohnungen tatsächlich keine Person wohnt und ob sie auf dem Wohnungsmarkt angeboten wird. Dazu wird für jede Wohnung ein Formular generiert und der jeweiligen Verwaltung des Gebäudes geschickt. Das Formular beschränkt sich aber nicht auf die einfache Frage «Ist diese Wohnung aktuell leer und verfügbar?», sondern umfasst eine genauere Abklärung der Situation. Die Frage bezieht sich stets auf den Stand am 1. Juni, damit die Ergebnisse für die Stadt Zürich über die Jahre vergleichbar sind.

Mit dem Versand der Befragung werden die Adressaten über Zweck und Ablauf der Erhebung informiert. Auf der Vorderseite des Formulars sind alle Informationen zur Wohnung aufgeführt, um Verwechslungen von Objekt oder Wohnung zu vermeiden. Auf der Rückseite werden sämtliche Gründe aufgeführt, die beantworten, weshalb die Wohnung gemäss Definition nicht als leer gilt. Andere Antwortkategorien helfen bei der Bestimmung und Eingrenzung, damit die Wohnung im Folgejahr von der Erhebung ausgeschlossen werden kann.

Leerwohnungszählung Formular, Seite 1
Leerwohnungszählung Formular, Seite 1

Ein Beispiel aus der Praxis: Falls in der Wohnung tatsächlich eine Person wohnt, kann es sein, dass sie irrtümlich der falschen Wohnung zugewiesen wurde. Mit der Befragung lässt sich dieser Fehler beheben und in den Registern nachführen. So wird nicht nur die Leerwohnungszahl exakter bestimmt, sondern auch die Datenqualität der Register laufend verbessert. Wie bei jeder Erhebung ist das Ergebnis vom Rücklauf der Formulare abhängig. Bei der Leerwohnungszählung bewegt sich dieser Rücklauf in der Stadt Zürich mit rund 80 Prozent auf hohem Niveau.

Vorsicht bei der Interpretation der Leerwohnungszahl

Immer wieder wird bemängelt, dass die publizierte Leerwohnungszahl weit niedriger sei als die Zahl der ausgeschriebenen Wohnungen auf Immobilienmarktplätzen im Internet. Die Leerwohnungszahl erfasst gemäss Definition nur tatsächlich leer stehende und verfügbare Wohnungen. Im Internet werden auch Wohnungen angeboten, die noch bewohnt sind, für die aber schon eine Nachmieterin oder ein Nachmieter gesucht wird. Solche Wohnungen gelten nach Definition jedoch nicht als Leerwohnung.

Wie einleitend beschrieben, gibt das Bundesamt für Statistik sieben Erhebungsmethoden vor. Den Gemeinden steht es allerdings frei, welche Methode sie verwenden. Zudem muss die eingesetzte Methode nicht mit dem Resultat publiziert werden. Ein Vergleich zwischen Gemeinden mit unterschiedlichen Methoden ist also nicht möglich. Wir stützen unsere Erhebung aber seit mehreren Jahren auf die gleiche Methode, und somit lassen sich die Resultate vergleichen.

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