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10 Jahre Open Data Zürich – eine Zwischenbilanz

Im Sommer 2012 startete die Stadt Zürich mit dem Open-Data-Katalog – dem schweizweit ersten seiner Art. Zum zehnjährigen Bestehen prüfen wir, ob die damaligen Erwartungen an Open Government Data (OGD) in der Zwischenzeit erfüllt worden sind.

Die Ziele waren hochgesteckt, als die Stadt Zürich vor zehn Jahren als erste Schweizer Verwaltung den Open-Data-Katalog in Betrieb nahm: Martin Vollenwyder, der damalige Stadtrat und Vorsteher des Finanzdepartements, brachte dies an der Eröffnungsrede der zweiten Opendata.ch-Konferenz am 28. Juni 2012 in seiner typischen Art zum Ausdruck. Wir haben uns die wichtigsten Punkte seiner Rede vorgenommen und beurteilen sie aus heutiger Sicht:

Martin Vollenwyder, Zürcher Stadtrat, Vorsteher Finanzdepartement

Opendata.ch 2012-Konferenz für offenen Zugang und freie Wiederverwendung von BehördendatenDie Open-Government-Data-Bewegung hat die Schweiz erreicht. Sowohl Verwaltung, Entwickler-Community als auch Medien diskutieren den Zugang zu offenen Behördendaten intensiv, und auf parlamentarischer Ebene wurden in den vergangenen Monaten etliche Vorstösse lanciert. Die Opendata.ch-Konferenz vom 28. Juni 2012 ist das Forum für die Weiterführung dieser Debatten. Nach dem Bundesarchiv im letzten ist dieses Jahr die Stadt Zürich Gastgeberin, die mit ihrer Initiative «eZürich» zeitgleich ihr Datenportal lanciert.Moderation:Andreas Amsler, Liip AG, Vorstand Open Government Data in der Schweizwww.opendata.chProduktion:Mediaktion GmbHKratzstrasse 358620 Wetzikonwww.mediaktion.tv

1.    Die Wirtschaft wird durch Open Government Data angekurbelt, und gerade Start-ups profitieren von den neu verfügbaren Daten. Gemäss Vollenwyder sind Daten der Rohstoff des 21. Jahrhunderts – sie einfacher zugänglich zu machen, sei eine Investition in die Infrastruktur der Zukunft.

Dass Daten einen hohen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wert besitzen, ist heute unbestritten. Die Erfahrungen mit der Corona-Pandemie haben definitiv gezeigt, wie wichtig verlässliche und aktuelle Daten sind. Gleichwohl ist der konkrete Nutzen offener Verwaltungsdaten für die Stadtzürcher Wirtschaft schwer zu beziffern. Die Nutzung der Daten zieht sich durch alle Arten von Unternehmen und Branchen: von Bildungsinstitutionen über Planende oder Privatpersonen bis zur Stadtverwaltung selbst. Da sich die Daten aber uneingeschränkt nutzen lassen, wissen wir oft gar nicht, wer dies alles tut. Ist ein Datensatz gerade einmal nicht verfügbar, sind wir teilweise erstaunt über die vielen Rückmeldungen.

Die Erwartung, dass die Daten zu einem Innovationsschub für Start-ups führen, hat sich leider nicht erfüllt. Auf das Gebiet der Stadt Zürich beschränkte Daten sind hierfür von eher geringem Wert. Für Start-ups wären zudem sehr detaillierte Einzeldaten interessant. Diese widersprechen jedoch oft dem Persönlichkeitsschutz, einem der wichtigsten Grundsätze von Open Government Data.

Eine Entwicklung, die man damals noch nicht auf dem Radar hatte, war das Aufkommen des Datenjournalismus. Medienhäuser schufen eigene Gefässe und Stellen für die neue Art der Berichterstattung. Den Datenjournalist*innen kamen da unsere offenen und leicht zugänglichen Daten gelegen. Sie werten selber Daten aus, visualisieren und interpretieren sie. In ihrer aktiven Rolle übernehmen sie heute einen Teil der Datenwertschöpfungskette, der bis dahin bei der Verwaltung gelegen hatte. Dies wiederum gibt uns die Gelegenheit, uns noch stärker auf das Bereitstellen relevanter Daten zu konzentrieren.

2.    Die frei verfügbaren offenen Verwaltungsdaten sollen Transparenz und Vertrauen in die Verwaltung schaffen.

Die konsequente Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips, welches in Zürich seit 2008 gilt, hilft die Transparenz der Verwaltung zu verbessern. Die Resultate der Bevölkerungsbefragung bestätigen das grosse Vertrauen, das die Bevölkerung in die Arbeit der Stadtverwaltung hat. Regelmässig wird bei politischen Vorstössen mit Zahlen aus der Stadtverwaltung argumentiert. Dank OGD sind viele dieser Datensätze offen und frei zugänglich. Diese Vorarbeit ermöglicht es, Transparenz und Offenheit auch auf andere Bereiche der Stadtverwaltung auszudehnen, beispielsweise dann, wenn Code als Open Source geteilt wird.

3.    Durch Feedback der Datennutzenden wird sich die Datenqualität verbessern.

Diese Erwartung wurde klar erfüllt. Nicht nur in Bezug auf die offenen Verwaltungsdaten selbst, sondern vor allem auf die Metadaten, also die Beschreibungen zu den Daten. Sobald Daten von zahlreichen Nutzenden verwendet werden, müssen diese so präzise wie möglich beschrieben werden. Man soll damit arbeiten können, ohne jedes Mal bei den Fachpersonen nachfragen zu müssen, wie sie zu interpretieren sind. Wir legen grossen Wert darauf, den Daten so viele Informationen wie möglich mitzugeben. Durch Feedback von Nutzenden erfahren wir umgehend, wenn einer der zahlreichen Webservices oder APIs nicht wie gewohnt zur Verfügung steht oder wenn bei den Daten etwas aus Versehen falsch erfasst wurde.

Beim Crowd Sourcing liefern die Nutzenden gar einen eigenen Beitrag zu den Daten: Freiwillige reichern die vorhandenen offenen Verwaltungsdaten mit weiteren Informationen an. Im Projekt «Water Fountains» wurden beispielsweise zusätzliche Informationen und Fotos zu den städtischen Trinkwasserbrunnen gesammelt und auf Wikidata und Open Streetmap allen zur Verfügung gestellt.

4.    Wo OGD in der Schweiz zuerst umgesetzt wird, ist nicht wichtig – Hauptsache, Zürich möge vor Basel beginnen. Das Projekt soll aber für andere Städte und den Bund Signalwirkung haben, auf dass diese dann nachziehen.

Es war bereits damals abzusehen, dass der humoristische Wunsch, der im Seitenhieb auf Basel steckte, in Erfüllung gehen würde. Schliesslich hat die Stadt Zürich rund sieben Jahre vor Basel mit OGD angefangen. Aber bei Open Data geht es nicht um Konkurrenzkämpfe, sondern um ein kollaboratives Miteinander. Wir haben im Bereich Open Data bereits sehr früh die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aus Basel gepflegt. Heute verfügen diese über ein ausgezeichnetes Datenportal und über ein schlagkräftiges und fachkundiges OGD-Team. Wie erhofft haben der Bund und zahlreiche Kantone nachgezogen und eigene Open-Data-Angebote auf die Beine gestellt. Dank den bereits gemachten Erfahrungen konnten wir die anderen Verwaltungen bei ihren Bestrebungen unterstützen.

5.    Open Government Data muss aktiv betrieben werden. Nur ein Datenportal zur Verfügung zu stellen, reicht nicht aus. Und OGD dauert länger als eine Fussball-Europameisterschaft (Das Halbfinalspiel Deutschland gegen Italien fand ebenfalls am 28. Juni 2012 statt)

Diese Aussage hat sich mehr als bewahrheitet. Ein langer Atem ist tatsächlich unabdingbar. Und die Hartnäckigkeit, mit der Open Government Data verfolgt wurde, hat sich gelohnt: So sind heute über 700 Datensätze auf dem Open-Data-Katalog verfügbar, Tendenz steigend. Seit letztem Herbst sind in der Stadt Zürich Offene Verwaltungsdaten «open by default». Eine Strategie mit dazugehörigem Reglement liefert die verbindliche Grundlage für das proaktive Publizieren von Daten. Das Open-Data-Portal wird in nächster Zeit also noch stärker wachsen. Wir bleiben am Ball.

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