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Immobilienpreise: Aufwärtstrend gestoppt?

5. November 2015 - Martin Brenner

In der Stadt Zürich werden regelmässig Liegenschaften gehandelt. Je nach Zeitpunkt der Transaktion, Lage und Baujahr unterscheiden sich die Preise pro Quadratmeter Nettogeschossfläche der Objekte stark. Zwischen Mitte 2008 und August 2015 waren in der Stadt Zürich jährlich etwa 300 Freihandtransaktionen von Grundstücken mit Wohngebäuden (d.h. ohne Stockwerkeigentum) mit Baujahr bis 1999 zu verzeichnen.

Auch wenn diese gut 2000 Transaktionen im Vergleich zum gesamten Bestand von 34 800 Wohngebäuden in der Stadt Zürich wenig ins Gewicht fallen, so ist die Zahl doch genügend gross, um einige Rückschlüsse über die Preise auf dem Zürcher Wohnungsmarkt zu ziehen. Wie haben sich die Preise während der betrachteten Zeitperiode entwickelt? Sind Liegenschaften neueren Baujahres teurer als ältere? Und welche Unterschiede bestehen zwischen den einzelnen Stadtquartieren?

Rückläufiges Preisniveau beim Verkauf von Wohnliegenschaften

Der Medianpreis pro Quadratmeter Nettogeschossfläche ist zwischen 2008 und 2015 (nur Januar bis August) von 5200 auf 8000 Franken gestiegen. Dies entspricht einer Preissteigerung um fast 54 Prozent innert sieben Jahren (Grafik 1). Der Löwenanteil dieser Preissteigerungen war auf die Entwicklung während den ersten vier Jahren der betrachteten Zeitperiode zurückzuführen. So lag der Preis pro Quadratmeter Nettogeschossfläche im Jahr 2012 mit 7700 Franken bereits sehr nahe am heutigen Wert.

Daraufhin haben sich die Preise nur noch leicht erhöht, bis im Jahr 2014 mit 8400 Franken die bisher höchsten Geschossflächenpreise erreicht wurden. Die Daten für das laufende Jahr weisen zum ersten Mal auf einen Preisrückgang hin. Obwohl dieser mit einem Minus von knapp 5 Prozent nicht dramatisch ausfällt, stellt sich damit die Frage, ob dieser Rückgang vorübergehend ist oder den Beginn einer Trendwende markiert. 

Grafik 1: Handänderungspreise pro Quadratmeter Nettogeschossfläche nach Transaktionsjahr Lesebeispiel: Bei den im Jahr 2014 gehandelten Liegenschaften lag der Preis pro Quadratmeter Nettogeschossfläche je zur Hälfte über und zur Hälfte unter der Grenze von 8400 Franken. Ein Viertel der Transaktionen wurden zu einem Quadratmeterpreis von unter 5900 Franken abgeschlossen, ein weiterer Viertel zu über 11 600 Franken.

Hochpreissegment: Trendwende bereits 2014

Zwar wird sich dazu erst in einigen Jahren eine gesicherte Aussage machen lassen, es gibt jedoch Anzeichen, die ein Ende des Preiswachstums zumindest nachvollziehbar machen: Zum einen liegen die aktuellen Preise bereits hoch, was einen weiteren Anstieg wenig plausibel erscheinen lässt, und anderseits hat die Trendwende im Hochpreissegment bereits begonnen: So wurde das Preismaximum bei der Betrachtung des dritten Quartils – also jener Wert, bei dem 75 Prozent der Handänderungen billiger und nur 25 Prozent teurer waren – mit einem Wert von 11 800 Franken schon im Jahr 2013 erreicht. Seither ist der Wert zunächst leicht (2014: -2 %), dann aber deutlich stärker (2015: -6 %) zurückgegangen.

Keine klare Tendenz lässt sich hingegen bezüglich Entwicklung der Anzahl gehandelter Grundstücke feststellen: Sie bewegt sich in allen betrachteten ganzen Jahren zwischen 236 und 329 (Grafik 1). Die kleinere Anzahl im ersten und im letzten Jahr lässt sich durch die jeweils kürzeren betrachteten Zeitperioden erklären – so wären im aktuellen Jahr linear hochgerechnet auf 12 Monate 284 Transaktionen zu verzeichnen gewesen.

Teures Stadtzentrum, günstiges Hard-Quartier

Wenig überraschend befinden sich die Quartiere in der Innenstadt und am Zürichberg preislich an der Spitze (Grafik 2). Mit einem Medianpreis von 12 200 Franken lag der Quadratmeterpreis im Kreis 1 am höchsten. Auf einem ähnlichen Niveau liegen die Preise mit einem Median von 12 100 Franken pro Quadratmeter in Fluntern. Mit einem Geschossflächenpreis von mehr als 10 000 Franken pro Quadratmeter vergleichsweise teuer wurden auch Liegenschaften in Oberstrass, Weinegg und Witikon gehandelt.

Am andern Ende des preislichen Spektrums befinden sich – ebenfalls nicht erstaunlich – vor allem Quartiere am Stadtrand und an lärmbelasteten Lagen. Der günstigste Preis pro Quadratmeter Nettogeschossfläche war mit einem Median von 4800 Franken im Hardquartier zu beobachten. Vergleichsweise tiefe Preise findet man auch in den Quartieren Langstrasse, Sihlfeld, Gewerbeschule, Wipkingen und Schwamendingen-Mitte

Grafik 2: Handänderungspreise pro Quadratmeter Nettogeschossfläche nach Quartier Anmerkung: In den Quartieren Rathaus, Hochschulen, Lindenhof und City gab es nur sehr wenige Transaktionen. Um trotz der geringen Zahl aussagekräftige Resultate zu erhalten, wurden alle vier Innenstadtquartiere zusammengefasst und konsolidiert betrachtet.

Lage ist wichtig, aber nicht alles

Die Geschossflächenpreise nach Quartier dürfen nicht überinterpretiert werden – insbesondere sollten sie nicht vorbehaltlos als Gradmesser für die Attraktivität eines Quartieres verwendet werden. Grundsätzlich ist es zwar richtig, dass an besseren Lagen höhere Preise bezahlt werden. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich die Struktur der gehandelten Liegenschaften zwischen den Quartieren zum Teil erheblich unterscheidet und die Werte entsprechend beeinflusst.

Es mag beispielsweise überraschen, dass Liegenschaften im Stadtrandquartier Witikon zu den teuersten gehören, während das benachbarte, aber viel besser erschlossene Hirslanden-Quartier preislich «nur» im oberen Mittelfeld liegt. Daraus zu schliessen, dass es sich bei Witikon um eine bessere Wohnlage handle als bei Hirslanden, greift jedoch zu kurz. So verteilt sich in Witikon als locker überbautes Quartier ein typischer Quadratmeter Nettogeschossfläche auf eine viel grössere Grundstückfläche als in Hirslanden. Oder anders ausgedrückt: Wer in Witikon ein Gebäude mit beispielsweise 500 Quadratmeter Nettogeschossfläche kauft, erwirbt dabei im Mittel viel mehr Land, als wer dasselbe in Hirslanden tut. Dies wirkt sich natürlich auch auf die betrachteten Medianpreise pro Quadratmeter Nettogeschossfläche aus.

Ein zweites Beispiel sind die günstigen Preise im Hardquartier: Zwar sind die tiefen Preise sicherlich zu einem beträchtlichen Teil auf die vielen verkehrsreichen Lagen zurückzuführen, aber auch hier ist der Einfluss der Gebäudestruktur nicht zu unterschätzen: Durch seine Geschichte als ehemaliges Arbeiterquartier befinden sich im Hardquartier zu einem grossen Teil einfach ausgestattete, ältere Wohnungen. Ausserdem gehört der Landanteil pro Quadratmeter Nettogeschossfläche zu den tiefsten in der Stadt, was analog zum vorherigen Beispiel auf die Preise pro Quadratmeter Nettogeschossfläche drückt. Diese Faktoren führen dazu, dass ein für das Hardquartier typisches Gebäude auch an andern Lagen vergleichsweise günstig verkauft worden wäre. 

Ausgetrockneter Markt im Kreis 1

Die Anzahl gehandelter Liegenschaften teilt sich im Grossen und Ganzen ungefähr proportional zum Gebäudebestand auf die einzelnen Quartiere auf. Dennoch springen einige Auffälligkeiten ins Auge: Besonders viele Verkäufe waren in Altstetten und Oerlikon zu beobachten. Dies gilt sogar dann, wenn man berücksichtigt, dass es sich um zwei bevölkerungsreiche Quartiere mit einem grossen Gebäudebestand handelt. Im Verhältnis zum Gebäudebestand überproportional viele Handänderungen gab es auch in Oberstass. Deutlich unterproportional in der Handänderungsstatistik vertreten waren hingegen der Kreis 1, aber auch die Quartiere Friesenberg und Saatlen. Bei letzteren dürfte der hohe Anteil gemeinnütziger Eigentümer der Hauptgrund sein, dass im Verhältnis zum Bestand nur wenige Liegenschaften auf den Markt kommen. 

Nicht nur neuere Liegenschaften sind teuer

Die Preise pro Quadratmeter Nettogeschossfläche unterscheiden sich nicht nur nach Handänderungsjahr und Lage der Liegenschaft, sondern auch nach Baujahr des Gebäudes. Es lässt sich jedoch kein linearer Zusammenhang zwischen dem Alter und dem Preis einer Liegenschaft feststellen (Grafik 3). Zwar wurden die jüngsten Liegenschaften mit den Baujahren 1990 - 1999  mit einem Medianpreis von 8900 Franken pro Quadratmeter Geschossfläche am teuersten gehandelt. Und für die nächstälteren Kategorien sinken die Preise tatsächlich bis auf 5400 Franken für Liegenschaften aus den 1970er-Jahren. Geht man jedoch noch weiter zurück, so steigen die Geschossflächenpreise mit zunehmendem Alter der Liegenschaft wieder kontinuierlich an, bis in den 1920er-Jahren erneut ein Wendepunkt erreicht ist. Eine Liegenschaft aus dieser Zeit kostet mit einem Geschossflächenpreis von 8600 Franken pro Quadratmeter nur unwesentlich weniger als eine aus den 1990er-Jahren. Erst bei noch früher gebauten Liegenschaften sinken die Preise wieder auf ein Niveau von 6500 Franken für Gebäude mit Baujahr vor 1900.

Grafik 3: Handänderungspreise pro Quadratmeter Nettogeschossfläche nach Baujahr Anmerkung: Liegenschaften mit Baujahr ab 2000 wurden für diese Auswertung aus technischen Gründen nicht berücksichtigt.

Für diese «Wellenbewegung» sind drei Ursachen oder – noch wahrscheinlicher – eine Kombination daraus denkbar: Erstens sind viele Liegenschaften aus den 1950er bis 1980er-Jahren mittlerweile renovierungsbedürftig, aber noch unsaniert. Noch ältere Liegenschaften haben hingegen häufig schon eine grössere Sanierung hinter sich und befinden sich in entsprechend besserem Zustand.

Zweitens gibt es – ähnlich wie zwischen den Quartieren – auch zwischen den unterschiedlichen Bauperioden Unterschiede bezüglich Bebauungsdichte: So hat beispielsweise ein gehandeltes Gebäude aus den 1920er-Jahren im Median deutlich mehr Land pro Quadratmeter Geschossfläche als eines aus den 1980er-Jahren. Das wirkt sich natürlich ebenfalls auf die Preise aus.

Und drittens hängen Baujahr und Lage oft zusammen. In zentralere Quartieren ist der Wohnungsbestand häufig älter als in Aussenquartieren. Dies führt zum oben beschriebenen Effekt, dass ältere und somit zentralere Liegenschaften im Mittel teurer gehandelt werden als neuere. So stammen beispielsweise in Schwamendingen-Mitte rund 54 Prozent des Gebäudebestandes aus den Jahren 1950 - 1989, während im Kreis 1 nur gerade 15 Prozent des Gebäudebestandes aus dieser Zeit stammt. Umgekehrt wurden in Fluntern rund 37 Prozent der Gebäude zwischen 1910 und 1939 errichtet – in Schwamendingen-Mitte sind es lediglich 15 Prozent. Die vergleichsweise teuren 1920er und die günstigen 1970er-Jahre Liegenschaften dürften also zumindest teilweise auch ein Resultat aus deren Verteilung über die Stadtquartiere sein.

Auffallend ist die grosse Zahl an Verkäufen von Liegenschaften aus den 1920er und 1930er-Jahren. In diesen beiden Jahrzehnten wurde viel gebaut, was zu einem relativ hohen Bestand an Gebäuden aus dieser Epoche führt. Liegenschaften aus dieser Zeit sind aber selbst unter Berücksichtigung des Bestandes in der Verkaufsstatistik immer noch übervertreten. Umgekehrt fanden im Verhältnis zum Bestand relativ wenige Transaktionen neuerer Gebäude (ab 1960) statt. 

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