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Die Stadtzürcher Bauwirtschaft 1991-2011

4. Mai 2012 - Michael Böniger

Mit 15 700 Beschäftigten in der Stadt Zürich – dies entspricht einem Beschäftigtenanteil von 4,3 Prozent in der Stadt Zürich – ist die Baubranche das wichtigste Produktionsgewerbe. Rund 3 Prozent der Stadtzürcher Wertschöpfung werden im Bausektor erwirtschaftet.

Das Baugewerbe: siebtgrösste Branche in der Stadt Zürich

Die Stadtzürcher Wirtschaft wird vom Dienstleistungssektor und insbesondere von den Finanzdienstleistungen geprägt. Gerade mal 8,5 Prozent der Arbeitsplätze in der Stadt Zürich sind im Produktionsgewerbe angesiedelt. Gewichtigste Branche im sekundären Sektor ist das Baugewerbe und damit die siebtgrösste Branche in der Stadt Zürich (Stand 2011). 4,3 Prozent der Er­werbstätigen in der Stadt Zürich arbeiten im Bausektor (Vergleiche Grafik 1).

1991 zählte das Baugewerbe in der Stadt Zürich noch rund 24500 Beschäftigte. In den 1990er-Jahren erfasste eine Wachstumsschwäche die Baubranche. Bis 2011 sank die Zahl um 35 Prozent auf 15 700 Beschäftigte. Schweizweit betrug die Abnahme der Arbeitsplätze in der Baubranche von 1991 bis 2011 rund 8 Prozent. Der überdurchschnittliche Beschäftigungsrückgang ist einerseits auf den Arbeitsplatzabbau in der Stadt Zürich infolge des Strukturwandels zurückzuführen. Andererseits verlagerten die Stadtzürcher Bauunternehmen während der Baurezession ihre Firmenstandorte aufgrund der hohen Standortkosten (bspw. Mieten und Steuern) in günstigere Vorortsgemeinden.

2011 wurden rund 3 Prozent des regionalen Bruttoinlandprodukts der Stadt Zürich im Baugewerbe erwirtschaftet. Im Jahre 1991 lag der Anteil noch bei 5,8 Prozent. Somit hat die volkswirtschaftliche Bedeutung des Bausektors in den letzten 20 Jahren abgenommen. Zum Vergleich: Der Finanzsektor hat einen Wertschöpfungsanteil von rund 23 Prozent. Weitere Zahlen zum regionalen Bruttoinlandprodukt der Stadt Zürich finden Sie auf unserer Website im Bereich Volkswirtschaft.

Bauwirtschaft in der Stadt Zürich, 1991 und 2011

Antizyklisches Baugewerbe

Die Wertschöpfung des Baugewerbes ist zwischen 1992 und 2011 um 14 Prozent gesunken, während diejenige der übrigen Wirtschaft um 47 Prozent gewachsen ist (vergleiche Grafik 2). 2011 betrug die Wertschöpfung im Baugewerbe in der Stadt Zürich 1,76 Milliarden Franken. Das gesamte Bruttoinlandprodukt der Stadtzürcher Wirtschaft betrug rund 57 Milliarden.

Reale Bruttowertschöpfung (indexiert, Basis 1992 = 100 Punkte) von 1992 bis 2011

Die Baukon­junktur zeigt ein antizyklisches Wachstum: Während der Rezessionsphasen der Stadtzürcher Wirtschaft verzeichnet die Bauwirtschaft positive Wachstumsraten. Der Wachstumsverlauf von 1993 bis 2011 ist in Grafik 3 ersichtlich. Dieser Effekt war zu Beginn der 2000er-Jahre  – als Folge der Anschläge vom 11. September 2001 – und auch nach der Finanzkrise ab 2008 sehr ausgeprägt. 2009 und 2010 nahm die Wertschöpfung gegenüber dem Vorjahr um 3,1 bzw. 5,0 Prozent zu. Die Wachstumsraten der Stadtzürcher Wirtschaft (ohne Bau) betrugen in diesen Jahren minus 1,7 und plus 0,8 Prozent.

Veränderung des realen Bruttoinlandprodukts der Stadt Zürich gegenüber dem Vorjahr, von 1993 bis 2011

Für die Stadt Zürich ist der Finanzsektor das wichtigste Standbein. Durch die starke Abhängigkeit von dieser Branche sind die Wachstumsraten in der Stadt sehr volatil. Antizyklische Wirtschaftsbereiche wie das Baugewerbe unterstützen die Konjunktur bei Wachstumsschwächen. Zwei Gründe für den antizyklischen Konjunkturverlauf der Baubranche sind das Investitionsverhalten der öffentlichen Hand sowie die niedrigen Zinssätze in Phasen der Wirtschaftsschwäche. Tiefe Zinsen begünstigen die Baufinanzierung und fördern Bauinvestitionen. Deshalb erlebt der Stadtzürcher Immobilienmarkt seit Mitte der 2000er-Jahre eine Boomphase.

Anhaltender Bauboom

Der Wertschöpfungsanteil des Baugewerbes an der Stadtzürcher Wirtschaft (3,1 %) und die 15‘700 Arbeitsplätze scheinen angesichts des anhaltenden Baubooms eher gering. Diese Zahlen messen jedoch nur die direkte wirtschaftliche Bedeutung. Darüber hinaus profitiert das Baugewerbe – auch das nicht in der Stadt Zürich angesiedelte – vom Stadtzürcher Bauvolumen.

Die realen Bauausgaben für Hochbauten erreichten 2010 mit insgesamt 2,6 Milliarden Franken den Höhepunkt in der Periode 1992 bis 2011 (vergleiche Grafik 4). Im Jahr 2011 betrugen sie 2,3 Milliarden und lagen somit 13 Prozent tiefer als im Vorjahr. Die reale Bausumme im Wohnungsbau blieb 2011 gegenüber 2010 stabil bei 1,26 Milliarden. Die Investitionen in Nutzbauten nahmen um 300 Millionen Franken ab. Die hohen Ausgaben bei Objekten mit Wohnnutzung spiegeln sich auch in den 2307 neu erstellten Wohnungen im Jahre 2011. Letztmals wurden in den 1940er-Jahren so viele Wohnbauten realisiert. Die aktuellen Quartalszahlen zur Bautätigkeit finden Sie in der Publikation Bautätigkeit und Grundeigentumswechsel.

Mitte der 1990er-Jahre betrugen die Bauinvestitionen rund 900 Millionen Franken und erreichten somit ihre Tiefstwerte. Nebst den tiefen Zinssätzen ist sicherlich die Wohnbau-Förderungspolitik der Stadt Zürich mit ein Grund für die seit 2000 einsetzende Erholung der Bauinvestitionen. Zudem ermöglichte die Umnutzung von «Industriebrachen», wie beispielsweise dem Escher-Wyss-Areal, hohe Bauvolumen.

Reale Bauinvestitionen in Hochbauten von 1992 bis 2011

Fazit

Die positive Konjunkturlage der Zürcher Baubranche erweist sich als stabil. Der Stadtzürcher Immobilienmarkt ist weiterhin rentabel. Ein Indikator für die Lage auf dem Baumarkt ist die Zahl der im Bau befindlichen Wohnungen: Ende des 1. Quartals 2012 stehen in der Stadt Zürich 4579 Wohnungen im Bau. Die Zahl der bewilligten, aber noch nicht angefangenen Wohnungen – also der eigentliche Arbeitsvorrat – beträgt zum selben Zeitpunkt 4011 Wohnungen und hat gegenüber dem Vorquartal um weitere 95 Wohnungen zugenommen.

Die Geschäftslage der Bauunternehmen in der Stadt Zürich wird als erfreulich eingeschätzt. Aktuell verfügen die Baufirmen im Durchschnitt über einen Auftragsbestand für weitere sechs Monate. Dies zeigen die Konjunkturumfragen im Baugewerbe. Die Ergebnisse der KOF-Umfragen zur aktuellen Wirtschaftslage werden im Wirtschaftsbarometer der Stadt Zürich veröffentlicht.

Sicherlich könnte es zu einer Überhitzung auf dem Immobilienmarkt kommen. Die aktive Wohnbaupolitik in der Stadt Zürich dürfte die Zürcher Bauwirtschaft aber weiterhin stützen. Daher ist auch in den nächsten Monaten mit keinem deutlichen Rückgang der Bauinvestitionen zu rechnen. Die positive Baukonjunktur wird zumindest kurzfristig anhalten und die Zahl der Beschäftigten im Baugewerbe in den kommenden Monaten stabil bleiben.

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