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Zürich isst: Wie viel geben Sie für Ihr Essen aus?

17. September 2015 - Rolf Schenker, Klemens Rosin

Wofür geben die Zürcherinnen und Zürcher ihr Geld aus? Wie viel davon machen Nahrungsmittel aus? Die Hälfte? Oder doch eher nur ein Zehntel? Wofür geben die Zürcherinnen und Zürcher ihr Geld sonst noch aus? Und wie haben sich die Preise der Lebensmittel in den letzten Jahren entwickelt? Statistik Stadt Zürich verfügt über Zeitreihen, die mehr als 100 Jahre zurückreichen. In dieser Publikation, die im Rahmen von «Zürich isst» erscheint, werden Antworten zu diesen Fragen serviert.

Grösster Ausgabenposten: Wohnen und Energie

Im Jahr 2014 gab der durchschnittliche Zürcher Haushalt rund 10 Prozent des Einkommens für Nahrungsmittel aus. Weitere 9 Prozent fallen in die Kategorie «Restaurants und Hotels». Der grösste Ausgabenposten war die Gruppe «Wohnen und Energie» mit 27 Prozent. Neben den Ausgaben für Miete umfasst diese Kategorie insbesondere auch die Ausgaben für Elektrizität, Gas und Heizöl. Grafik 1 zeigt die Ausgabenanteile einiger ausgewählter Warengruppen. 

Grafik 1: Aufteilung der Haushaltsausgaben

Markanter Rückgang bei den Nahrungsmitteln

Die markanteste Veränderung zeigt die Gruppe «Nahrungsmittel». Zu Beginn der Zeitreihe, im Jahr 1912, machte sie noch fast die Hälfte der Ausgaben der Zürcher Haushalte aus. In den letzten 100 Jahren ist der Anteil fast kontinuierlich gesunken, Ausnahmen stellen die beiden Weltkriege dar. Aktuell beträgt der Anteil der Nahrungsmittel an den Gesamtausgaben noch rund 10 Prozent.

Auch für Bekleidung wird immer weniger Geld ausgegeben. In den 1960er-Jahren betrug der Anteil in dieser Kategorie noch 13 Prozent: jeder 7. Franken wurde für Kleider und Schuhe ausgegeben. Im Jahr 2014 betrug der Anteil nur noch 4 Prozent. Diese Entwicklung wurde massgeblich ermöglicht durch die Verschiebung der Fabrikation in Niedriglohnländer.

Höhere Ausgaben bei «Wohnen und Energie»

Eine gänzlich andere Entwicklung zeigen die Ausgaben für Wohnen und Energie. Sie stiegen von rund einem Sechstel im Jahr 1912 auf gut einen Viertel im Jahr 2014. Auch für «Verkehr und Nachrichtenübermittlung» sowie für die Gesundheitspflege wird heute deutlich mehr ausgegeben als vor 100 Jahren. Im Jahr 1912 betrugen die Anteile in diesen Gruppen je 2 Prozent. 100 Jahre später ist ihr Anteil auf je rund 15 Prozent geklettert.

Insgesamt zeigt sich, dass sich die Ausgaben heute auf mehr Gütergruppen verteilen als vor 100 Jahren. Das Konsumangebot ist heute bedeutend breiter als damals.

Preise markant höher als vor 100 Jahren

Die Aufteilung der Ausgaben zeigt nur eine Seite der Medaille. Die andere Seite sind die Preise der Güter. Für einige Lebensmittel stehen Zeitreihen ab Anfang des 20. Jahrhunderts zur Verfügung. Auf Grund von Inflation ist das allgemeine Preisniveau heute deutlich höher als vor 100 Jahren (vgl. Grafik 2). 

Grafik 2: Preisentwicklung seit 1909

Entwicklung während der beiden Weltkriege

Zwei Perioden fallen bei diesen Betrachtungen auf: die beiden Weltkriege. Während des Ersten Weltkriegs war in der Schweiz die Versorgung mit Lebensmitteln erschwert. Bis 1920 verdoppelten sich die Preise für Kartoffeln, diejenigen von Rindfleisch verdreifachten sich sogar. Auch Milch wurde bedeutend teurer. Allerdings stiegen auf Grund von Inflation nicht nur die Preise von Lebensmitteln, sondern von praktisch allen Konsumgütern.

Die Schweiz lernte aus den Erfahrungen im Ersten Weltkrieg. Neben der Anbauschlacht wurde im Zweiten Weltkrieg der Bezug von Lebensmitteln rationiert. Der Bezug erfolgte über Lebensmittelmarken. Entsprechend sind die Preismeldungen aus dieser Zeit mit Vorsicht zu geniessen. Auf Grund der grossflächigen Zerstörungen im Ausland wurden diese Massnahmen nicht per Kriegsende aufgehoben, sondern bestanden zum Teil noch einige Jahre später. 

Bereinigte Preise: Kartoffeln teurer, Rindfleisch günstiger

Um einen besseren Eindruck der Preisentwicklung zu erhalten, werden in der Folge die relativen Preise betrachtet. Das bedeutet, dass diese um die allgemeine Preisentwicklung (Inflation) bereinigt wurden. Die angegebenen Preise entsprechen deshalb nicht den Ladenpreisen. Bei den Gütern, die nicht über den ganzen Zeitraum verfügbar waren, wurden Zeitreihen aus mehreren Gütern konstruiert. 

Grafik 3: Inflationsbereinigte Lebensmittelpreise

Gemäss den bereinigten Daten ist der Preis für einen Liter Vollmilch in den letzten gut 100 Jahren von 34 auf 19 Rappen gefallen. Dies entspricht einem Rückgang um fast die Hälfte. Ganz anders entwickelten sich die Preise für Kartoffeln: Sie verdoppelten sich von 19 auf 40 Rappen pro Kilo.

Die deutlichsten Veränderungen resultierten aber beim Rindfleisch: Die Preise kletterten bis 1965 von rund 3 Franken auf 4 Franken pro Kilo. Danach gingen sie während rund 30 Jahren kräftig zurück. Im Jahr 1995 betrugen sie noch knapp 2 Franken pro Kilo. Seither sind sie wieder gestiegen.

Immer tiefere Ausgaben trotz höherer Preise – Wie ist das möglich?

Der Anteil des Einkommens, den die Zürcherinnen und Zürcher für Lebensmittel ausgeben, ist in den letzten 100 Jahren deutlich gefallen. Die Lebensmittel an sich wurden nominell betrachtet aber deutlich teurer. Dies auf den ersten Blick paradox wirkende Ergebnis lässt sich mit der Entwicklung der Einkommen erklären: Diese sind in den letzten 100 Jahren deutlich gestiegen. Allein seit 1939 hat das Einkommen in der Schweiz um den Faktor 23 zugenommen. 

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