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Weiterhin steigende Zürcher Immobilienpreise

Die Auswertung der Handänderungsdaten über den Zeitraum von Mitte 2008 bis Mai 2018 zeigt nicht nur auf, wo welche Grundstücke in der Stadt Zürich gehandelt wurden, sondern vor allem, wie viel dafür bezahlt wurde. Die Resultate sind hinsichtlich der Preisentwicklung in den betrachteten zehn Jahren eindrücklich. (09. August 2018 – Martin Brenner)

Einerseits sind Wohnungen in der Stadt Zürich seit Jahren knapp und die Leerstandsquoten entsprechend tief. Andererseits sind in dem ebenfalls seit Jahren bestehenden Niedrigzinsumfeld Investitionsmöglichkeiten in ertragsstabile Anlagen wie Immobilien in Städten mit hoher Nachfrage gesucht. Diese Kombination aus hoher Wohnungsnachfrage, tiefen Zinsen und Boden als nicht vermehrbarem Gut führt zu einem entsprechend hohen Immobilienpreisniveau in Zürich. Doch wie haben sich die Preise in den letzten Jahren entwickelt? Sind sie weiter gestiegen oder hat sich die Situation – wie es 2015 den Anschein machte – etwas beruhigt?

Schwieriger Vergleich der einzelnen Handänderungen

Da jede Immobilie ein Unikat ist und sich die gehandelten Grundstücke je nach Jahr anders zusammensetzen, müssen die Daten vorsichtig interpretiert werden. Eine Gewähr, dass die aus den Transaktionen erhobenen Zahlen den Markt korrekt abbilden und durch statistisch unüberprüfbare Faktoren wie Ausbaustandard oder Mikrolage nicht verzerrt werden, hat man nie. Dennoch lassen sich aus den jährlich rund 300 Freihandtransaktionen grobe Tendenzen herauslesen. Insgesamt kommt man damit auf knapp 2800 Preisinformationen von Wohngebäuden, die vor dem Jahr 2000 erstellt wurden. Handänderungen einzelner Wohnungen im Stockwerkeigentum wurden nicht berücksichtigt.

Besonders deutlicher Preisanstieg ab 2016

Der Medianpreis pro Quadratmeter Nettogeschossfläche hat sich zwischen 2008 und 2018 (nur Januar bis Mai) mit einem Anstieg von 5200 auf 11 000 Franken mehr als verdoppelt. Auch die Preisentwicklung des ersten Quartils (günstigstes Viertel) und des dritten Quartils (teuerstes Viertel) verlief über die ganze Periode betrachtet ähnlich. Es ist also davon auszugehen, dass sich neben dem mittleren Preissegment auch im Niedrig- und Hochpreissegment die Preise von Wohnimmobilien deutlich verteuert haben. Nach einem starken Anstieg der Geschossflächenpreise zwischen 2008 und 2012 schwächte sich das Wachstum zwischen 2012 und 2015 deutlich ab. Seit 2016 ist wieder ein grösseres Preiswachstum zu beobachten. Insbesondere die steigenden Wohnungsleerstände ausserhalb der grossen Städte dürften die ohnehin schon hohe Nachfrage von Investorinnen und Investoren nach Immobilien in Zürich zusätzlich beflügelt haben.

Grafik 1: Handänderungspreise pro Quadratmeter Nettogeschossfläche nach Transaktionsjahr.

Lesebeispiel: Bei den im Jahr 2017 gehandelten Liegenschaften lag der Preis pro Quadratmeter Nettogeschossfläche je zur Hälfte über und unter der Grenze von 9600 Franken. Ein Viertel der Transaktionen wurde zu einem Quadratmeterpreis von unter 7400 Franken abgeschlossen, ein weiterer Viertel zu über 13 400 Franken. 

Räumliche Muster entsprechen den Erwartungen

Kaum für Überraschungen sorgt die räumliche Verteilung der Immobilienpreise innerhalb der Stadt. Am teuersten war ein Quadratmeter Geschossfläche im Quartier Fluntern, gefolgt von den Quartieren im Kreis 1 und in Oberstrass, die über die ganze Periode betrachtet alle einen Medianquadratmeterpreis von über 11 000 Franken aufwiesen. Mit einem Medianwert von 5200 Franken pro Quadratmeter Nettogeschossfläche waren Wohnimmobilien in Schwamendingen-Mitte am günstigsten. Für Zürcher Verhältnisse vergleichsweise moderate Immobilienpreise fanden sich auch in den Quartieren Hard, Gewerbeschule und Sihlfeld.

Grafik 2: Handänderungspreise pro Quadratmeter Nettogeschossfläche nach Quartier (gepoolte Daten über den gesamten Zeitraum 2008-2018).

Anmerkung: In den Quartieren Rathaus, Hochschulen, Lindenhof und City gab es nur sehr wenige Transaktionen. Um trotz der geringen Zahl aussagekräftige Resultate zu erhalten, wurden alle vier Innenstadtquartiere zusammengefasst und konsolidiert betrachtet.

Lage ist nicht alles

Die Geschossflächenpreise nach Quartier dürfen nicht überinterpretiert werden – insbesondere sollten sie nicht vorbehaltlos als Gradmesser für die Attraktivität eines Quartiers verwendet werden. Zwar stimmt es grundsätzlich, dass an besseren Lagen höhere Preise bezahlt werden. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass sich die Struktur der gehandelten Liegenschaften zwischen den Quartieren zum Teil erheblich unterscheidet und die Werte entsprechend beeinflusst.

Es mag beispielsweise überraschen, dass Liegenschaften im Stadtrandquartier Witikon zu den teuersten gehören, während das benachbarte, aber viel besser erschlossene Quartier Hirslanden preislich «nur» im oberen Mittelfeld liegt. Daraus zu schliessen, dass es sich bei Witikon um eine bessere Wohnlage handle als bei Hirslanden, greift jedoch zu kurz. So verteilt sich in Witikon als locker überbautem Quartier ein typischer Quadratmeter Nettogeschossfläche auf eine viel grössere Grundstückfläche als in Hirslanden. Anders ausgedrückt: Wer in Witikon ein Gebäude kauft, erwirbt dabei im Mittel viel mehr Land pro Quadratmeter Nettogeschossfläche als derjenige, welcher dasselbe in Hirslanden tut. Während in Witikon auf einen Quadratmeter Geschossfläche im Median 2,98 Quadratmeter Grundstückfläche kommen, sind es in Hirslanden nur 1,32 Quadratmeter. In den dichter bebauten Stadtquartieren sind es noch erheblich weniger, so z.B. im Langstrassenquartier (0,35 Quadratmeter Grundstücksfläche pro Quadratmeter Geschossfläche) oder im Gewerbeschulquartier (0,37). Dies wirkt sich natürlich auch auf die betrachteten Medianpreise pro Quadratmeter Nettogeschossfläche aus.

Ein zweites Beispiel liefern die günstigen Preise im Hardquartier: Zwar sind die tiefen Preise gewiss zu einem beträchtlichen Teil auf die vielen verkehrsreichen Lagen zurückzuführen, aber auch hier ist der Einfluss der Gebäudestruktur nicht zu unterschätzen: Durch seine Geschichte als ehemaliges Arbeiterquartier befinden sich im Hardquartier zu einem grossen Teil einfach ausgestattete, ältere Wohnungen. Ausserdem gehört der Landanteil pro Quadratmeter Nettogeschossfläche zu den tiefsten in der Stadt, was analog zum vorherigen Beispiel auf die Preise pro Quadratmeter Nettogeschossfläche drückt. Diese Faktoren führen dazu, dass ein für das Hardquartier typisches Gebäude auch an andern Lagen vergleichsweise günstig verkauft worden wäre.

Unterschiedliche Entwicklung in den Quartieren

Interessanter als das (in groben Zügen bereits bekannte) absolute Preisniveau der einzelnen Quartiere sind aber die jeweiligen Veränderungen der preislichen Positionierung. In welchen Quartieren war der Preisanstieg besonders ausgeprägt? Wo war er schwach oder sogar negativ? Da es in vielen Quartieren in einzelnen Jahren sehr wenige Handänderungen gab, wäre eine Auswertung wie auf gesamtstädtischer Ebene für die einzelnen Quartiere extrem stark von wenigen Handänderungen geprägt, sodass die jährlichen Schwankungen kaum Aussagekraft hätten. Um dieses Problem etwas zu mildern, wurde die ausgewertete Periode von 2008 bis 2018 in zwei Gruppen aufgeteilt: Handänderungen aus der Periode von 2008 bis 2012 und solche von 2013 bis 2018. So sind für die einzelnen Quartiere deutlich mehr Preisinformationen vorhanden, und doch ist die Preisentwicklung in ihrer Tendenz ersichtlich.

Starker Preisanstieg in den Kreisen 1 und 6

Besonders stark gestiegen sind die Preise im Kreis 1. Hier wurde ein Quadratmeter Nettogeschossfläche in der Periode von 2013 bis 2018 im Median 75 Prozent teurer gehandelt als in der Periode von 2008 bis 2012. Im Vergleich zur Preissteigerung zwischen den beiden Perioden über die ganze Stadt hinweg (+32 %) waren aber auch in den Quartieren Unterstrass (+50 %), Oberstrass (+47 %) und Wipkingen (+46 %) klar überdurchschnittliche Preissteigerungen zu verzeichnen. Der besonders starke Preisanstieg im Kreis 1 dürfte wohl mit dem Trend zu tun haben, dass Zentralität bei den Wohnungsnachfragenden eine immer grössere Rolle spielt. Im Gebiet Unterstrass-Wipkingen könnte sich hingegen noch eine weitere Interpretation aufdrängen: Investorinnen und Investoren rechnen möglicherweise weit im Voraus mit einer Beruhigung der Verkehrssituation an der Rosengartenstrasse und sind bereit, Immobilien entsprechend teurer zu bezahlen.

Am anderen Ende der Skala gibt es nur zwei Quartiere, in denen sich die Handänderungspreise pro Quadratmeter Geschossfläche negativ entwickelt haben – Werd und Escher Wyss. In letzterem ist die Veränderung mit einem Minus von drei Prozent sehr moderat und vermutlich durch den Umstand erklärbar, dass aufgrund der regen Bautätigkeit in den vergangenen zwanzig Jahren die begehrtesten Lagen bereits zu Beginn der betrachteten Periode gehandelt wurden. Deutlicher erscheint die negative Entwicklung mit einem Minus von 19 Prozent im Werd-Quartier. Hier dürfte die Erklärung in der Kleinheit des Quartiers und der damit verbundenen sehr geringen Anzahl Handänderungen liegen. So waren dort in der ersten Periode lediglich 9 Handänderungen zu verzeichnen, in der zweiten deren 16. Zum Vergleich: In Altstetten – dem bevölkerungsreichsten Quartier Zürichs – waren es 111 respektive 104. Entsprechend sind Resultate für kleinere Quartiere weniger aussagekräftig als für grössere. Relativ wenige Handänderungen mit entsprechend beschränkt aussagekräftigen Ergebnissen auf Quartierebene gab es auch im Kreis 1 (22 bzw. 17), in der Hard (15 bzw. 12), im Escher-Wyss-Quartier (8 bzw. 13), in Mühlebach (15 bzw. 11) und in Saatlen (15 bzw. 5).

Grafik 3: Veränderung der Handänderungspreise der Periode 2013–2018 gegenüber der Periode 2008–2012

Anmerkung: In den Quartieren Rathaus, Hochschulen, Lindenhof und City gab es nur sehr wenige Transaktionen. Um trotz der geringen Zahl aussagekräftige Resultate zu erhalten, wurden alle vier Innenstadtquartiere zusammengefasst und konsolidiert betrachtet. Die Veränderung der Handänderungspreise über alle Stadtquartiere liegt bei +32 Prozent.

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