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Wenn grosse Teile der Bevölkerung nicht dazugehören – Meinung zum Stimm- und Wahlrecht für Ausländer*innen

Medienmitteilung

Am 22. Mai 2023 hat der Zürcher Kantonsrat dem kommunalen Stimm- und Wahlrecht für Ausländer*innen eine Absage erteilt. Er hat die Behördeninitiative der Stadt Zürich abgelehnt. Aus Sicht des Ausländerinnen- und Ausländerbeirats der Stadt Zürich (ABR) verhindert der Kantonsrat damit die Weiterentwicklung demokratischer Prozesse und erschwert das gute Zusammenleben in den Gemeinden. Eine verpasste Chance.

2. Juni 2023

Der Ausländerinnen- und Ausländerbeirat der Stadt Zürich (ABR) bedauert den äusserst knappen Entscheid des Zürcher Kantonsrats vom 22. Mai 2023 gegen ein Stimm- und Wahlrecht für Ausländer*innen auf kommunaler Ebene. Der Kantonsrat hat damit die Möglichkeit verpasst, die Gemeinden in ihrer Autonomie zu stärken und lokale Lösungen für lokale Herausforderungen zu schaffen.

In vielen Gemeinden gibt es ein Demokratiedefizit, da Ausländer*innen einen Grossteil der Bevölkerung bilden und zum wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen Leben wertvolle Beiträge leisten, aber von Abstimmungen und Wahlen ausgeschlossen bleiben. In der Stadt Zürich beträgt der Anteil der ausländischen Bevölkerung 33 Prozent (Aktuelle Zahlen Stadt), in Opfikon, Schlieren und Dietikon 45 bis 48 Prozent (Aktuelle Zahlen Kanton). Durch den Entscheid auf kantonaler Ebene bleibt es den Gemeinden verwehrt, eigene Wege zu finden, um diese grossen Teile der Bevölkerung aktiv am Gemeinwesen zu involvieren.

Die Argumente gegen die Einführung eines kommunalen Stimm- und Wahlrechts können aus Sicht des ABR nicht überzeugen, denn gemäss der Behördeninitiative wäre es jeder Gemeinde möglich gewesen, präzise Ansprüche an Integration oder Spracherwerb zu definieren.

Hoffnung auf neue Initiativen

Mit seinem Entscheid identifiziert der Kantonsrat Menschen, die seit Jahren in ihrer Gemeinde wohnen, die im Kanton Zürich arbeiten und Steuern zahlen, die sich vielfach ausserhalb ihres Arbeitsplatzes dafür einsetzen, dass das gute Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft gelingt, als Nicht-Bürger*innen.

Dennoch, mit Blick auf die Geschichte der Schweiz, ihre demokratische Tradition und den langen Weg zur Einführung des Frauenstimmrechts ist sich der ABR sicher: Das Stimm- und Wahlrecht für Ausländer*innen wird kommen. Andernfalls würde eine zu starke Differenz zwischen Bevölkerung und Souverän fortbestehen. Schon heute wird mehr und mehr gefordert, dass staatliche Institutionen die Diversität der Bevölkerung widerspiegeln. Und andere Kantone gewähren bereits das Stimm- und Wahlrecht für Ausländer*innen auf kommunaler oder kantonaler Ebene. Fragen sind also nur, wann das Stimm- und Wahlrecht für Ausländer*innen kommt und welche Rolle der Kanton Zürich auf dem Weg dorthin spielen will. Der ABR hofft auf die Innovationsfähigkeit des Kantons aber auch auf Parteien, NGOs und die Zivilgesellschaft. Mögen neue Initiativen entstehen, damit auch in der Zürcher Demokratie irgendwann endlich alle Menschen mitentscheiden können.

Der Ausländerinnen- und Ausländerbeirat

Der Ausländerinnen- und Ausländerbeirat der Stadt Zürich ist eine beratende Kommission des Stadtrats und verfolgt drei Ziele. Der Beirat vermittelt dem Stadtrat Anliegen und Bedürfnisse der ausländischen Wohnbevölkerung der Stadt Zürich und leistet Beiträge zugunsten der Integration der ausländischen Bevölkerung der Stadt Zürich sowie für ein gutes Zusammenleben zwischen Einheimischen und Zugezogenen. Er unterstützt den Stadtrat sowie die städtische Verwaltung bei integrationspolitischen Fragen.

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