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Prävention gegen Gewalt, Menschenhandel und Geschlechtskrankheiten

Medienmitteilung

Zusammenarbeit der Fachorganisationen auf dem Strichplatz bewährt sich

Die Erwartungen an den Strichplatz haben sich nach fünf Jahren klar erfüllt. Das Angebot schützt die Sexarbeiterinnen vor Gewalt und Ausbeutung. Die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachorganisationen trägt zur Bekämpfung von Menschenhandel bei und fördert die Einhaltung der Safer-Sex-Regeln.

22. August 2018

Der Strichplatz hat sich in den fünf Jahren nach der Lancierung im Sommer 2013 gut etabliert und funktioniert. Die Ziele des Stadtrats, die Strassenprostitution in Strichzonen zu verlagern, um das Wohnquartier am Sihlquai und die Bevölkerung vor negativen Auswirkungen des Prostitutionsgewerbes zu schützen, sind nachhaltig erfüllt. Insbesondere erweist sich der Strichplatz auch in Bezug auf Verhinderung von Gewalt gegenüber Sexarbeiterinnen und Menschenhandel als wirkungsvoll. Während schwere Gewalt gegenüber Prostituierten zu Sihlquai-Zeiten traurige Tagesordnung war, ist es auf dem Strichplatz in den vergangenen fünf Jahren zu keinem einzigen solchen Fall mehr gekommen. Die Sexarbeiterinnen äussern sich Flora Dora gegenüber positiv über den Strichplatz. «Ich arbeite lieber hier als an einer Strasse, wo mich ein Freier mit dem Auto irgendwohin fährt. Hier fühle ich mich sicher», bestätigt eine von ihnen. Die sehr erfreuliche Bilanz bezüglich Gewaltverhinderung ist, neben der Beratungstätigkeit von Flora Dora, auch darauf zurückzuführen, dass sip züri für die Einhaltung der Platzordnung sorgt und bei Konflikten vermittelt. 

Im Schnitt arbeiten pro Nacht 20–25 Frauen auf dem Platz. Die Anzahl schwankt saisonal, ist aber insgesamt stabil. Angebot und Nachfrage halten sich die Waage. Bei den Sexarbeiterinnen handelt es sich mehrheitlich um Frauen aus Osteuropa, die im Herkunftsland von grosser Armut betroffen sind und über keine oder nur marginale Bildung verfügen.

100 Hinweise auf möglichen Menschenhandel pro Jahr

Der Strichplatz hat die Sicherheit und den Gesundheitsschutz für die Sexarbeiterinnen sowohl hinsichtlich Beratung als auch Infrastruktur deutlich verbessert. Der sichere, stabile Rahmen schützt Sexarbeiterinnen vor dem Zugriff von Zuhältern und ermöglicht dem Betreuungsteam von Flora Dora, Opfer von ausbeuterischen Verhältnissen oder Menschenhandel frühzeitig zu erkennen. Im Schnitt kann Flora Dora den auf Menschenhandel spezialisierten Mitarbeitenden der Fachgruppe Milieu- und Sexualdelikte der Stadtpolizei jedes Jahr rund 100 niederschwellige Hinweise auf mögliche Opfer von Menschenhandel geben. Immer wieder können Sexarbeiterinnen so aus Ausbeutungssituationen befreit und zur Einreichung einer Strafanzeige motiviert werden.

Safer Sex – auch für nicht direkt Beteiligte

Die Dienstleistungen auf dem Strassenstrich sind einem hohen Preisdruck unterworfen. Freier locken Sexarbeiterinnen zudem oft mit höheren Verdiensten für «Sex ohne Gummi». Um ein Ausbreiten von Geschlechtskrankheiten und HIV bei Sexarbeiterinnen, den Freiern sowie deren anderen Sexpartnerinnen und -partnern zu verhindern, rät Flora Dora konsequent zu Safer Sex und verteilt Kondome in den Strichzonen. Im Bereich Gesundheitsschutz ist zudem die Zusammenarbeit mit dem Stadtärztlichen Dienst eng. Die gynäkologische Sprechstunde der medizinisch-sozialen Ambulatorien und Flora Dora organisieren einmal pro Monat auf dem Strichplatz einen sogenannten «Gesundheitsabend». Die Sexworkerinnen werden zu verschiedenen Themen wie Prävention, sexuell übertragbare Krankheiten sowie zu allgemeinen Gesundheitsfragen beraten. Zudem werden die Frauen dazu bewegt, sich in der gynäkologischen Sprechstunde des Ambulatoriums Kanonengasse hinsichtlich allgemeiner Vorsorge untersuchen und behandeln zu lassen. Hierfür ist einmal wöchentlich ein spezielles Zeitfenster für die Strichplatz-Sexworkerinnen reserviert, das gut genutzt wird.

Etablierte Zusammenarbeit

Nicht nur stadtintern ist die Zusammenarbeit zwischen Sozialdepartement, Sicherheitsdepartement (Stadtpolizei) und Gesundheits- und Umweltdepartement (Stadtärztlicher Dienst) eng und etabliert, sondern auch mit nicht-staatlichen Organisationen wie der FIZ Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration, Isla Victoria, Beratungsstelle für Sexarbeitende der Zürcher Stadtmission und der Zürcher Aids-Hilfe, Fachstelle für sexuelle Gesundheit, mit Don Juan.

Betriebliche Veränderungen seit der Eröffnung

Das Konzept des Strichplatzes funktioniert gut. In den letzten Jahren wurden aufgrund laufender Erfahrungen lediglich folgende betriebliche Anpassungen vorgenommen:

  • Anfang 2014 wurden Stehboxen eingeführt. Damit wurde auf das Anliegen reagiert, dass nicht alle Kunden die Dienstleistungen im eigenen Auto beziehen wollen. Aktuell stehen auf dem Strichplatz 8 Auto- und 4 Stehboxen zur Verfügung.
  • 2016 wurden die Öffnungszeiten den nachgefragten Tagen/Zeiten angepasst: Am Wochenende (Donnerstag bis Samstag) ist der Strichplatz bis 5 Uhr geöffnet, von Sonntag bis Mittwoch bis 3 Uhr.
  • Im Rahmen der vom Gemeinderat beschlossenen Teilrevision der Prostitutionsgewerbeverordnung (PGVO) verzichtet die Stadt Zürich seit 1. Juli 2017 auf Erhebung von Benutzungsgebühren für die Strassenprostitution.
  • Seit Anfang 2018 werden testweise Zweiräder (Fahrräder und Motorräder) auf dem Strichplatz zugelassen, um einem Bedürfnis der Bevölkerung nachzukommen. Bislang läuft der Versuch problemlos.

Kosten Strichplatz

Der Betriebsaufwand für den Strichplatz beträgt jährlich rund 800 000 Franken. Er besteht vorwiegend aus Personalkosten für die Einhaltung der Platzordnung auf dem Strichplatz sowie den Beratungsleistungen von Flora Dora.