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Publikation

Februar 2022

Persönlich-Kolumne: Armutsbetroffene ohne Lobby

Publikation Tagblatt der Stadt Zürich
Raphael Golta, Vorsteher Sozialdepartement
Raphael Golta, Vorsteher Sozialdepartement
Februar 2022

Persönlich-Kolumne: Armutsbetroffene ohne Lobby

Publikation Tagblatt der Stadt Zürich

Wir befinden uns in der letzten Phase des Wahlkampfs, in der verschiedene, meist gewichtige Themen diskutiert werden. Von der Klimapolitik über das Leben im Alter bis hin zur Stadtentwicklung – in den Debatten werden die Stimmen und Argumente von Beteiligten, Betroffenen und Besorgten laut. 

Eine Perspektive wird dabei jedoch ausgeblendet: Es ist die der Armutsbetroffenen in unserer Stadt. Das liegt nicht etwa an deren geringer Zahl, sondern vielmehr an ihrer leisen Stimme, die echte Einflussnahme verunmöglicht. Und wenn die Armutsfrage ins Scheinwerferlicht gelangt, so wird höchstens über statt mit Betroffenen und Beteiligten geredet. Der eigentliche Dialog findet fernab der grossen Bühne und ohne laute Voten statt. So etwa bei den Treffen des in der Pandemie lancierten «Runden Tischs Lebensmittelabgaben», wo sich mehr als 15 private und kirchliche Organisationen, die nah dran sind am Schicksal der Betroffenen, sowie Fachleute des Sozialdepartements miteinander austauschen.

Armutsbetroffene haben in unserer Stadt ganz offensichtlich keine ausreichende Lobby. Denn obwohl die verschiedenen Hilfswerke grossartige Arbeit leisten und wichtiges Fachwissen einbringen, finden ihre Stimmen zu wenig Gehör. Und den Betroffenen selbst fehlt in ihrem kräftezehrenden Existenzkampf meist die Energie, um die eigenen Anliegen angemessen zu vertreten. So geraten die Interessen der Menschen an den Rändern unserer Gesellschaft im politischen Geschäft leider nur allzu oft unter die Räder. Deshalb: Schauen wir hin, benennen wir die Missstände und handeln wir. Als Stadt Zürich, gemeinsam mit den verschiedenen Hilfswerken – damit Armutsbetroffene in Zürich eine hörbare Stimme bekommen!

Raphael Golta,
Vorsteher Sozialdepartement