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Lokaltermin Schwamendingen: Kunstbeobachtungen

Seit drei Jahren organisiert die AG KiöR den «Lokaltermin Schwamendingen: Kunstbeobachtungen». Neben alljährlich wechselnden Besetzungen mit Künstlerinnen und Künstlern, die sich mit dem Quartier befassen, führt die Fotografin Ruth Erdt eine Langzeitstudie durch.

Schwamendingen ist ein Quartier im Norden von Zürich. Es hat in den 1950er Jahren ein enormes Wachstum erlebt und wurde 1979 durch den Ausbau der Überlandstrasse zur Autobahn mit Anschluss an die A1 zweigeteilt: eine sechsspurige Nationalstrasse zieht sich seither durchs Quartier. Mit dem Bau der sogenannten Einhausung wird diese städtebauliche «Wunde» zwar nicht rückgängig gemacht, aber doch zumindest verarztet. Über der Autobahnstrasse soll eine grosszügige Parkanlage entstehen. Nach heutigem Planungsstand beginnen die Hauptarbeiten 2017.

Schwamendingen rückt näher zur Stadt.
Schwamendingen rückt näher zur Stadt.
Die Autobahn wird eingehaust zum Park.
Die Autobahn wird eingehaust zum Park.

Schleichende Aufwertung

Bereits heute sind erste Anzeichen dieser grossen künftigen Veränderung im Quartier sicht- und spürbar. Für das Bauvorhaben werden Häuser geräumt, es entstehen neue Wohnbauten, Unternehmen wie die Amag suchen sich einen neuen Standort und das Quartier, das lange Zeit günstige Mieten  aufwies, erfährt eine schleichende Aufwertung. Diese substanzielle urbane Transformation war für die AG KiöR der Anlass, ein Langzeitprojekt zu initiieren, das die Veränderungen im Quartier zum Thema macht. Seit 2009 haben Pamela Rosenkranz, San Keller und Luigi Archetti spezifische Projekte für Schwamendingen umgesetzt. Diesen Herbst werden sich Nic Hess und das Künstlerduo Michael Meier / Christoph Franz mit dem Quartier und seinen Bewohnerinnen und Bewohnern befassen.

Archiv des Quartierlebens

Ruth Erdt kommt im «Lokaltermin Schwamendingen» eine besondere Rolle zu. Die Fotokünstlerin lebt und arbeitet bereits seit über 20 Jahren in Schwamendingen. Für den Lokaltermin übernimmt sie zwei Funktionen. Zum einen fungiert sie als Ansprechperson für die quartierfremden Künstlerinnen und Künstler, begleitet sie bei ihren Recherchen, unterstützt sie beim Auskundschaften von Standorten. Zum andern verfolgt Ruth Erdt seit vielen Jahren selber ein Langzeitprojekt, das die Menschen im Quartier im Fokus hat. Aus dieser Beobachtung, die systematisch weitergeführt wird, ist ein enormer Bildkörper entstanden, ein heute bereits mehr als 2000 Sujets umfassendes Archiv des Quartierlebens mit all seinen Facetten und seiner enormen Vielfalt, die von den unterschiedlichen Ethnien und Kulturen geprägt wird.

Ruth Erdt zeigt ein Quartier, das den BewohnerInnen viel (Frei-) Raum bietet.
Ruth Erdt zeigt ein Quartier, das den BewohnerInnen viel (Frei-) Raum bietet.

Ruth Erdts letzte Werkgruppe entstand diesen Sommer im Schwimmbad Auhof, einem fürs Quartier essenziellen Treffpunkt. Die Bilder zeigen die Badeanstalt als Schmelztiegel, der von narzisstischen Selbstdarstellern, esoterischen Selbstverwirklichern und von Fitnessfanatikern beider Geschlechter gleichermassen geschätzt und benutzt wird. Das Schwimmbad kreiere eine «perfekte Situation» für ihre Arbeit, sagt Ruth Erdt über die Stimmung um die Schwimmbecken. «Die Grenze zwischen Verletzbarkeit, Emotionalität und Alltäglichkeit wird aufgelöst» und es entsteht jener intime Moment des Beobachtens, der Ruth Erdts einfühlsame Bildserien auszeichnet.

Text: Christoph Doswald
Bilder: Ruth Erdt

Ausstellung:

Vom 21. August bis zum 6. September 2013 zeigt Ruth Erdt einzelne Sujets aus ihrer Schwamendinger Serie im Message Salon, Langstrasse 84, Zürich.

Öffnungszeiten: Mittwoch 18–22 Uhr, Freitag und Samstag 15–18 Uhr.

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