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Es ist ein grosser Gewinn, gemeinsam für Patient*innen das Beste herauszuholen

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Das Zentrum für Gerontotraumatologie (ZGT) im Waid feiert dieses Jahr sein 10-jähriges Bestehen. Wir haben die Co-Leitenden, Dr. med. Marlis Nardi und PD Dr. med. Michael Dietrich, gefragt, was ihnen am ZGT gefällt und was sie sich für die Zukunft wünschen.

13. Oktober 2022

Marlid Nardi, Micahel Dietrich

​​​​​​​​​​Im Zentrum für Gerontotraumat​​ologie (ZGT) ​werden pro Jahr rund 600 Patient*innen von einem interdisziplinären Team behandelt. Das ZGT leistet einen wichtigen Beitra​g zum altersmedizinischen Leuchtturm unserer Angebotsstrategie. Damit zukünftig noch mehr Patient*innen von diesem spezialisierten Behandlungssetting profitieren können, hat die Spitalleitung Anfang 2022 entschieden, das Angebot für Gerontotrauma-Patient*innen (Trauma ab 80 Jahre) im Waid auszubauen. Dazu wird die Bettenzahl für diese Patient*innen erhöht und das Team entsprechend verstärkt.

​Ganz im Sinne der Interdisziplinarität wird das Zentrum von einer Co-Leitung geführt. Dr. med. Marlis Nardi, Leitende Ärztin Altersmedizin, und PD Dr. med. Michael Dietrich​, Chefarzt Klinik für Orthopädie, Hand- und Unfallchirurgie, erzählen uns im Interview, welche Besonderheiten das ZGT auszeichnen, was ihnen daran gefällt und was sie sich für die Zukunft wünschen.​

​​Was zeichnet das Zentrum für Gerontotraumatolog​ie aus?

Nardi: Das ZGT wurde 2012 ins Leben gerufen, wir feiern dieses Jahr das 10-jährige Bestehen dieser Abteilung. Das ZGT verfügt über eine Abteilung mit 14 Betten. Unser Zentrum ist seit 2018 zertifiziert. Die Abteilung wurde neu und altersgerecht umgebaut und erhielt unter anderem ein eigenes Farb-, Licht- und Bildkonzept. Der Behandlungspfad unserer Patient*innen ist ab Notfalleintritt klar definiert. Das Besondere an dieser Abteilung ist die gemeinsame Verantwortung und Visite von Altersmediziner*innen und Traumatolog*innen. Die Abteilung zeichnet sich aber auch durch ein top motiviertes, fachlich unglaublich kompetentes und über die Jahre hinweg sehr konstantes Pflegeteam aus. Zudem haben wir zweimal in der Woche einen interdisziplinären Rapport. Hier werden die Patient*innen gemeinsam mit der Pflege, der Physiotherapie, der Ernährungsberatung und dem Sozialdienst besprochen, um einen für die*den einzelne*n Patient*in bestmöglichen Behandlungsplan zu definieren. Häufig werden unsere Patient*innen zur Nachbehandlung spitalintern in die Universitäre Klinik für Altersmedizin verlegt. Oberstes Ziel ist es, dass die Patient*innen nach dem Spitalaufenthalt wieder in ihre bisherige Lebensform zurückkehren können.

Dietrich: Um diese Rückkehr in die bisherige Umgebung zu sichern, ist es wichtig, dass die Patient*innen gleich nach der OP wieder mobilisiert werden. Alte Menschen, die nach dem Eingriff Krücken oder einen Rollstuhl beanspruchen, können sich meist nicht mehr davon lösen und büssen einen Teil ihrer Mobilität und Selbständigkeit ein. Das heisst, sie brauchen nachher mehr Unterstützung, verlieren einen Teil ihrer Autonomie.

Sie beide haben die Co-Leitung des ZGT inne: Worin besteht die Spezialisierung?

Nardi: Ich habe den Facharzt Allgemeine Innere Medizin und zusätzlich die Spezialisierung in Geriatrie. Ich bin seit acht Jahren kaderärztlich für das Zentrum für Gerontotraumatologie zuständig.

Dietrich: Ich bin Chirurg und Orthopäde, das heisst, ich habe mich in Orthopädischer Chirurgie und Traumatologie spezialisiert. In den letzten Jahren habe ich mir durch unser spezielles Patient*innenkollektiv viel Erfahrung und Expertise in der Behandlung geriatrischer Unfallpatient*innen angeeignet.

Welche Rolle kommt Ihnen im ZG​T zu?

Nardi: Im Zentrum für Gerontotraumatologie sind wir Altersmediziner*innen ab dem Notfall für die Betreuung dieser Patient*innen mitverantwortlich – bis zum Austritt. Die tägliche Visite auf der Abteilung findet gemeinsam mit den Traumatolog*innen statt. Das heisst, wir Altersmediziner*innen sind nicht, wie in anderen Orthopädischen Kliniken, konsiliarisch tätig und werden nicht nur bei Bedarf von den Chirurg*innen beigezogen.

Dietrich: Das ist auch organisatorisch so verankert, indem wir eine Co-Leitung haben – Dr. Nardi als Altersmedizinerin und ich, der Orthopäde. Die Zusammenarbeit von Geriatrie und Traumatologie mit einer eigenen Abteilung, wie wir sie hier haben, ist in der Schweiz einmalig. Im USZ gibt es diese Zusammenarbeit zwar ebenfalls, jedoch mit dezentralen Betten und nicht wie im Waid mit einer eigens dafür spezialisierten Abteilung, in welcher die gerontotraumatologischen Patient*innen von einem spezialisierten ärztlichen und Pflege-Team betreut werden.

Was fasziniert Sie an der Arbeit im Z​GT?

Nardi: Ich schätze die Zusammenarbeit mit den Traumatolog*innen. Es ist ein grosser Gewinn, gemeinsam für die Patient*innen das Beste herauszuholen und mögliche perioperative Komplikationen zu antizipieren.

Dietrich: Ich kann mich nur den Worten von Dr. Nardi nur anschliessen. Die verschiedenen Perspektiven auszutauschen, meine orthopädische mit jener von Dr. Nardi und den Geriater*innen abzugleichen, um das Beste für die Patient*innen herauszuholen, das ist eine riesige Motivation für meine Arbeit. Bemerkenswert ist übrigens, dass die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der betagten Patient*innen am ZGT mit rund 7 Tagen kurz ist. Das bedeutet, dass diese alten Menschen innerhalb von nur 7 Tagen sehr intensiv behandelt, gepflegt und betreut werden, wenn man bedenkt, dass sie alt, vulnerabel, oft auch psychisch und sozial beeinträchtigt sind. Das macht unsere Arbeit zusätzlich komplex, anspruchsvoll und spannend.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des​ ZGT?

Nardi: Ein Blick auf die demographische Entwicklung im Kanton Zürich zeigt, dass die Population altert. Mit anderen Worten: die Gerontotraumatologie ist eine Disziplin mit Wachstumscharakter. Wir sind zurzeit daran, gerade im Bereich der Pflege das Team zu erweitern. Damit die Patient*innen die Spezialisierung unseres Zentrums besser verstehen, werden wir unseren Namen ab 2023 ändern und als Zentrum für Alterstraumatologie Zürich (ZATZ) auftreten. Für das Team wünsche ich mir, dass es dieses «innere Feuer» in der Betreuung alterstraumatologischer Patient*innen beibehält und sich thematisch in diesem hochspezialisierten Angebot stetig weiterentwickelt.

Dietrich: Für die künftige Entwicklung der Gerontotraumatologie erhoffen wir uns wesentliche Impulse und Erkenntnisse aus der Forschung, welche wir gerne mitgestalten und lenken möchten. Das Stadtspital Zürich Waid ist mit dem ZGT bei der Expertengruppe für Orthogeriatrie der schweizerischen Orthopädiegesellschaft mit drei Persone​n äusserst gut vertreten. Diese Tatsache stellt unter Beweis, dass wir am ZGT auch in einer schweizweiten Perspektive eine führende Rolle in der Alterstraumatologie spielen. In diesem Bereich gibt es noch viel Forschungsbedarf, wir erwarten daraus Antworten auf drängende Fragen, etwa: «Wie schaffen wir es, mehr Patient*innen wieder in die Selbständigkeit zu entlassen als andere Kliniken ohne interdisziplinäre und interprofessionelle Betreuung?», oder: «Rechnet sich unser grosser personeller Aufwand auch langfristig volkswirtschaftlich?», «Schaffen wir es, bei unseren Unfallpatient*innen die Knochengesundheit zu verbessern, die Sturzneigung zu verringern, damit Brüche zu verhindern und Leben zu retten?» – Antworten auf diese Fragen helfen uns, im Klinikalltag die richtigen Prioritäten zu setzen.