Sechs über die Stadt verteilte Kanaldeckel werden «The (W)HOLE Project» des Künstler*innenkollektivs Clusterduck zu Portalen in das verborgene Netzwerk physischer und digitaler Infrastrukturen, das unseren Alltag durchzieht. In Augmented Reality entsteht eine Welt, in der sich Technologie, Stadt und Mythos überlagern.
Kanaldeckel gehören zum Alltag – und bleiben doch meist unbemerkt. Sie markieren Zugänge zu unterirdischen Infrastrukturen wie Wasser, Abwasser, Strom und Telekommunikation, die unsere Stadt im Hintergrund am Laufen halten. Das transmediale «The (W)HOLE Project», des internationalen Kollektivs Clusterduck, nutzt diesen unscheinbaren Ort als Ausgangspunkt, um einen Blick auf die verborgenen Ebenen unserer vernetzten Welt zu öffnen. Dabei versteht sich «The (W)HOLE Project» nicht als Abbild, sondern als Einladung, die Beziehung zwischen digitalen und materiellen Welten gemeinsam zu erkunden und neu zu interpretieren.
An sechs Orten im Zürcher Stadtraum – an der Börsenstrasse, beim Paradeplatz, auf dem Lindenhof, bei der ETH-Terrasse sowie am Gustav-Gull- und Helvetiaplatz – werden eigens gegossene Schachtabdeckungen installiert.
Sie zeigen zeitgenössische Allegorien unserer postdigitalen Welt. In der Sprache von Fabel und Mythos formen sie technologische Systeme zu erzählerischen Bildern und werfen Fragen nach den Kräften auf, die unsere vernetzte Realität prägen.
Über Augmented Reality erweitern sich die Deckel zu digitalen Bild- und Klangräumen. Sie führen in ein Archiv, in dem sich die Symbolwelten fortsetzen und mit realen Prozessen verknüpfen. So wird erfahrbar, dass digitale Infrastrukturen nicht neutral im Hintergrund wirken, sondern Teil gesellschaftlicher und politischer Aushandlungen sind.
Die sechs Kanaldeckel bilden zugleich die Struktur des Projekts: Jede Abdeckung steht für eine Schicht der Infrastruktur:
- Erde
Die elementare Umgebung aus Mineralien, Ozeanen und Atmosphäre: die Quelle, aus der Technologie, Infrastruktur und das Leben selbst hervorgehen.
Adresse: Börsenstrasse 16, 8001 Zürich
- Cloud
Das planetarische Netzwerk aus Servern und Rechenzentren, das das kollektive Wissen verarbeitet, überträgt und speichert und so das soziale und wirtschaftliche Verhalten der Menschen prägt.
Adresse: Europaallee 47, 8004 Zürich
- Stadt
Die urbane Ebene, auf der Gebäude, Barrieren, Sensoren und digitale Signale unsichtbare Pfade nachzeichnen, die die täglichen Gewohnheiten bestimmen und das öffentliche Leben mit privaten Interessen verweben.
Adresse: Lindenhofstrasse 19, 8001 Zürich
- Adresse
Das System, das jeder*m eine Position und Identität zuweist und gleichzeitig sichtbar macht, von Postleitzahlen und GPS-Koordinaten bis hin zu den unzähligen IP-Adressen, die das Web strukturieren.
Adresse: Bahnhofstrasse 25, 8001 Zürich
- Interface
Die Oberflächen und Geräte, über die die digitale Welt gesehen, berührt und gesteuert wird – und mit denen Rückkopplungsschleifen erzeugt werden, die es wiederum den Maschinen ermöglichen, weitreichend Einfluss zu nehmen.
Adresse: Polyterrasse ETH, 8001 Zürich
- User
Die menschlichen und nicht-menschlichen Akteur*innen, die die digitale Infrastruktur füttern, trainieren und von ihr geprägt werden und sowohl ihr physisches Substrat als auch ihre virtuellen Erweiterungen bewohnen.
Adresse: Helvetiaplatz 62, 8004 Zürich
Die Anordnung nimmt Bezug auf die sogenannte Stack-Theorie, die unsere vernetzte Welt als geschichtetes System beschreibt.
In «The (W)HOLE Project» wird daraus ein neuer Atlas: ein Modell von Weltvorstellungen, das digitale und materielle Ebenen miteinander verknüpft und als offenes Repositorium fortgeschrieben werden kann – ein Raum, in dem sich technische, erzählerische und mythische Schichten überlagern.
Clusterduck richtet in ihrem Projekt den Blick auf die digitalen Infrastrukturen, die unsere Online-Welt tragen – Systeme, die immer schwerer fassbar werden. Ihre Arbeit zeigt, dass Infrastruktur nicht nur technische Grundlage ist, sondern auch kulturelle Praxis: ein Netz aus Beziehungen, Macht und Fürsorge, das wir alle mitprägen.
«The (W)HOLE Project» ist Teil des Themenschwerpunkts «Infrastrukturen – hybride Öffentlichkeit als gesellschaftlicher Gestaltungsraum» der KiöR. Dieser untersucht, wie Kunst hybride Räume schafft, in denen sich physische und digitale Öffentlichkeit verbinden und neue Formen des Austauschs entstehen. Ziel ist es, Infrastrukturen als gestaltbare, gemeinschaftliche Räume zu verstehen.
Freitag, 28. November 2025, 18-21 Uhr
Ort: Helvetiaplatz
Mit anschliessendem Apéro im Xenix, Kanzleistrasse 52, 8004 Zürich.
Clusterduck ist ein interdisziplinäres Kollektiv an der Schnittstelle von New Media Studies, Design und Transmedia. In seiner Arbeit untersucht Clusterduck die Akteur*innen, Dynamiken und Prozesse hinter der Entstehung internetbasierter Kultur.
Mit Projekten wie «Meme Manifesto» und «#MEMEPROPAGANDA» erforscht das Kollektiv beispielsweise die okkulten Bedeutungen und das kommunikative Potenzial von Memes. «Meme Manifesto» ist als transmediales, partizipatives Projekt angelegt, das sich in Installationen, Kunstbüchern und Workshops manifestiert und untersucht, wie Memes politische Diskurse, kollektive Identitäten und digitale Öffentlichkeiten prägen.
Darüber hinaus kuratiert Clusterduck Ausstellungen und Interventionen sowohl im physischen als auch im digitalen Raum und reflektiert so die Wechselwirkungen zwischen Online- und Offline-Kultur. Die Arbeiten von Clusterduck wurden in Ausstellungen am KW Institute of Contemporary Art, Berlin, Kunsthal Charlottenborg, Ars Electronica, Villa Arson Nice, Transmediale, The Influencers, Werkleitz Festival, Impakt Festival, re:publica, Arebyte, Greencube Gallery, Tentacular Festival und dem IFFR gezeigt.