
Vom 10. bis 13. Juli 2025 realisiert das Künstler*innenkollektiv PARA eine ortsspezifische Performance beim Augustinerbrunnen auf dem Münzplatz. Mit einer eigens entwickelten Abfüllanlage wird Brunnenwasser entnommen, portioniert und gemeinsam mit den Besuchenden aus der Stadt hinausgetragen. Die Aktion verwebt sich mit Plakaten, temporären Schildern und einer Soundinstallation zu einem vielschichtigen Eingriff im öffentlichen Raum und wirft Fragen zur Nutzung gemeinsamer Ressourcen, zu Erinnerungskultur und zur Zukunft unseres Umgangs mit Wasser auf.
Während der Performancezeit (jeweils von 11 bis 19 Uhr) am Augustinerbrunnen wird Wasser aus dem städtischen Leitungsnetz entnommen und in handliche Behälter abgefüllt, die den Besuchenden mit der Frage übergeben werden, wann und wohin sie die Wasserportion bringen werden. So entsteht ein kollektives Ritual des Teilens und der Auseinandersetzung mit der Ressource Wasser, die in der Schweiz oft als unbegrenzt verfügbar gilt – hier jedoch für ein Wochenende symbolisch rationiert wird.
Begleitend zur Performance sind an umliegenden Brunnen Soundinstallationen zu hören: Eine «Chronik der Austrocknung» schildert die weltweite Problematik der Wasserverteilung und verbindet lokale und globale Perspektiven. Bereits ab Ende Juni kündigen Plakate im öffentlichen Raum und temporäre Schilder auf dem Münzplatz die Aktion an. Wo temporäre Bauschilder im Stil von städtischen Informationsschilder eine spekulative Zukunftsvision ankündigen, greift die fiktive Kampagne bewusst die Ästhetik von Abstimmungsplakaten auf – ein visuelles Format, das im kollektiven Bewusstsein fest verankert ist und für demokratische Aushandlungsprozesse steht. Mit Slogans wie «Zürich! Verteilt um» oder «Zürich! Mässigt euch» ruft die Kampagne scheinbar zur Zustimmung auf – und eröffnet zugleich einen Reflexionsraum über Umverteilung, Verantwortung und kollektive Erinnerung im öffentlichen Raum.
Das Projekt versteht Erinnerung als lebendige Praxis und stellt das Prinzip der Allmende, bei dem es um gemeinschaftlich genutzte Ressourcen geht, in den Mittelpunkt. Mit ihrer Aktion verwandelt PARA den Augustinerbrunnen auf dem Münzplatz in ein Denkmal der Allmende. Seit 1577 wacht über den Brunnen die Allegorie der Mässigung, eine Figur, die für massvolles Handeln, gegenseitige Rücksichtnahme und Verantwortung steht. Wie der Name des Platzes vermuten lässt, befand sich hier zwischen 1596 und 1841 zudem eine Münzstätte, in der über neun Millionen Münzen geprägt wurden – ein Zeichen für monetären Wert und Besitz. PARA verbindet diese unterschiedlichen Bedeutungen und macht den Brunnen zum Ausgangspunkt eines Diskurses über demokratische Teilhabe, gemeinsame Ressourcennutzung und nachhaltiges Handeln. So zeigt das Projekt wie Erinnerung nicht nur rückblickend, sondern als aktuelle Praxis genutzt werden kann, um Gegenwart und Zukunft miteinander zu verbinden und so bewusst zu gestalten.
Nach dem Performancewochenende wandert ein Teil der Installation ins ZAZ Bellerive, wo die verbliebenen Wasserportionen abgeholt und weiter verteilt werden können. Damit erweitert sich die Aktion in eine fortwährende soziale Geste und verknüpft sich mit der Ausstellung «Water and Time in Education and Design», die auf ähnliche Themen fokussiert.
Das Kollektiv PARA, mit Sitz in Deutschland, arbeitet interdisziplinär, forscht und entwickelt performative Arbeiten, häufig im öffentlichen Raum und oft ortsspezifisch. In ihren Projekten hinterfragen sie Phänomene der Globalisierung und Politiken der Erinnerung.
Mehr Infos zu den Künstler*innen: www.p-a-r-a.org
Die Intervention versteht sich als Beitrag zu einer zeitgemässen Erinnerungskultur, einem Thema, dem sich die Stadt Zürich angenommen hat und die KiöR aus künstlerischer Perspektive begleitet. Die KiöR beschäftigt sich u.a. mit der Frage, wie Kunst im öffentlichen Raum Erinnerung verhandelt und zum Dialog über drängende gesellschaftliche Fragen anregen kann. Mit «Schmerzh» von Olivia Wiederkehr wurde 2024 ein erster Beitrag realisiert. Die Arbeit verknüpfte Duft, Erinnerung und Emotion. Das Projekt von PARA führt diese Auseinandersetzung fort. PARA versteht Erinnerungskultur als eine Praxis, die dazu anregt, die Gegenwart durch die Linse vergangener Erfahrungen zu hinterfragen und zu reflektieren, welche Auswirkungen unser heutiges Handeln auf die Zukunft haben könnte. Dabei widmet sich das Projekt insbesondere Fragen der Nutzung und Verteilung von Ressourcen. Dies verweist auf eine grundlegende gesellschaftliche Frage in Bezug auf den Begriff des Öffentlichen: Wer hat Zugang? Wer wird sichtbar gemacht? Wer gestaltet mit? Gleiches gilt für das Thema Erinnerungskultur, das ähnliche Aushandlungsprozesse aufwirft: Was wird erinnert? An wen – und durch wen?
- «Zürich! Das Wasser abgraben» Aufbau der Installation vom 30. Juni bis 9. Juli 2025 am Münzplatz
- «Zürich! Verteilt um» Die Performance findet vom 10.-13. Juli 2025, jeweils von 11 bis 19 Uhr am Münzplatz statt
- «Zürich! Das Wasser reichen» Eine Begrüssungsveranstaltung mit den Künstler*innen: 10. Juli 2025, 18 Uhr, Münzplatz
- «Brunnen zu Denkmälern» Ein Gespräch mit dem Künstler*innenkollektiv und weiteren geladenen Gästen, 11. Juli 2025, 19 Uhr, ZAZ BELLERIVE - Zentrum Architektur Zürich, Höschgasse 3, 8008 Zürich: Brunnen zu Denkmälern - ZAZ BELLERIVE - Zentrum Architektur Zürich
- «Zürich! Abfüllen» Wasserportionen zum Abholen ab dem 16. Juli 2025 im ZAZ BELLERIVE - Zentrum Architektur Zürich, Höschgasse 3, 8008 Zürich: Programm - ZAZ BELLERIVE - Zentrum Architektur Zürich